+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Bei einem Gespräch des Jugendamtes mit der 8-jährigen Vanessa erzählt sie von heftigen verbalen Auseinandersetzungen zwischen ihren Eltern. Sie gibt an, zunächst nicht mehr nach Hause zurückkehren zu wollen.
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Einordnung des Falls
Alter bei Bitte um Inobhutnahme
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, einen Minderjährigen in Obhut zu nehmen, wenn dieser darum bittet (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII).
Ja!
§ 42 SGB VIII sieht drei unterschiedliche Fallgruppen vor, die Anlass für eine Inobhutnahme geben: (1) wenn ein Minderjähriger um die Inobhutnahme bittet (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII), (2) eine dringende Gefahr für das Wohl des Minderjährigen die Inobhutnahme erfordert (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VIII) oder (3) wenn ausländische Minderjährige unbegleitet nach Deutschland kommen (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VIII). Bei der Bitte um Inobhutnahme durch einen Minderjährigen handelt es sich um eine sogenannte Selbstmeldung.
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2. Bei der Bitte um Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII) muss der Minderjährige mindestens 10 Jahre alt sein.
Nein, das ist nicht der Fall!
Auf ein Mindestalter des Minderjährigen kommt es nicht an. Es handelt sich bei der Bitte nicht um ein rechtsgeschäftliches oder förmliches Handeln. Das Kind muss nur in der Lage sein, einen natürlichen Willen bilden zu können.
3. Vanessa bittet beim Gespräch mit dem Jugendamt um eine Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII).
Ja, in der Tat!
Der Wunsch des Minderjährigen muss nicht ausdrücklich als Bitte um Inobhutnahme bezeichnet werden. Entscheidend ist der wirkliche Wille des Minderjährigen, den das Jugendamt durch Auslegung ermitteln muss. Vanessa will zunächst nicht mehr nach Hause. Sie bittet damit um eine vorläufige Unterbringung (§ 42 Abs. 1 S. 2 SGB VIII). Das Jugendamt muss sie in Obhut nehmen.
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