Bürgschaft und Grundverhältnis 1

3. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Kanufahrer K möchte sich bei V ein Kanu für €1000 kaufen. K möchte in Raten zahlen und bittet seine Freundin B, für ihn eine Bürgschaft zu übernehmen. Dazu ist sie gerne bereit und erklärt gegenüber V schriftlich, für die Verbindlichkeit des K in Höhe von €1000 bürgen zu wollen. V nimmt das Angebot an.

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Einordnung des Falls

Bürgschaft und Grundverhältnis 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V und B haben einen wirksamen Bürgschaftsvertrag abgeschlossen (§ 765 Abs. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein Bürgschaftsvertrag kommt durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme, zustande (§§ 145ff. BGB). Vertragsinhalt ist die Verpflichtung des Bürgen für die Verbindlichkeit eines Dritten einzustehen (§ 765 Abs. 1 BGB). Der Vertrag muss alle essentialia negotii enthalten (Vertragsparteien, Person des Hauptschuldners, Hauptschuld und den Willen des Bürgen, eine Bürgschaft zu übernehmen). Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Erteilung der Bürgschaftserklärung erforderlich (§ 766 S. 1 BGB). Bürge B erklärt gegenüber V für die Kaufpreisverbindlichkeit des K (§ 433 Abs. 2 Alt. 2 BGB) in Höhe von €1000 einzustehen. Damit einigen sich B und V über den Inhalt des § 765 Abs. 1 BGB. Im Vertrag sind die essentialia negotii enthalten. Die Bürgschaftserklärung des B erfolgte schriftlich.
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2. Zwischen B und K besteht ein Rechtsgeschäft.

Ja!

Für den Bestand eines Bürgschaftsvertrages ist grundsätzlich ein zugrunde liegendes Rechtsverhältnis nicht erforderlich. Häufig liegt der Erteilung der Bürgschaft jedoch ein Rechtsgeschäft zwischen dem Bürgen und dem Hauptschuldner zugrunde, das sogenannte Grundverhältnis. Dieses kann beispielsweise als Auftrag (§ 662 BGB) oder entgeltliche Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) zu qualifizieren sein. K bittet B, eine Bürgschaft zu übernehmen. B ist dazu bereit. Die Übernahme der Bürgschaft gegenüber dem Gläubiger erfolgt damit auf Basis einer Einigung und nicht auf einer Eigeninitiative des B. Ein Rechtsgeschäft ist gegeben.

3. Die Rechtsbeziehung zwischen B und K ist als Auftrag (§ 662 BGB) zu qualifizieren.

Genau, so ist das!

Charakteristisch für den Auftrag ist, dass sich der Beauftragte verpflichtet, ein vom Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen (§ 662 BGB). Ein Auftrag kommt damit insbesondere bei einer unentgeltlichen Bürgschaft im Familien- und Freundeskreis in Betracht. Die Bürgschaft wird vorliegend unentgeltlich im Freundeskreis erteilt. Damit liegt ein Auftrag vor (§ 662 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

1.4.2021, 09:33:33

Warum wird hier allein aGrd. einer Einigung zw. K und B auf ein Rechtsgeschäft geschlossen? Bedarf es hierfür nicht auch zmd. eines Rechtsbindungswillens?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.12.2021, 18:16:28

Hallo LEXDEROGANS, in der Tat kommt ein Vertrag durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Die Willenserklärungen müssen objektiv von einem Rechtsbindungswillen getragen sein. Dass es an dem Willen gefehlt hat, hier ein unentgeltliches Geschäft in Form des Auftrags zu übernehmen, ließ sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Wir haben ihn dennoch jetzt etwas präzisiert um klarzustellen, dass B den Auftrag übernimmt. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

5.9.2023, 11:17:47

Könntet ihr eventuell ein Beispiel dafür geben, wann kein Rechtsgeschäft zwischen Bürge und Schuldner vorliegt?

DAN

Daniel

5.2.2024, 14:52:18

Hallo Jurafuchs-Team, dies würde mich auch interessieren. Liebe Grüße!

FL

Flohm

13.3.2024, 13:56:02

Ich glaube (!!), wenn eine GoA vorliegt, z.B. weil der Bürge sich aus Eigeninitiative verbürgt.

NI

Nils

1.7.2024, 14:05:45

Es könnte sich auch um eine reine

Gefälligkeit

handeln.

FW

FW

8.11.2024, 12:46:25

Hi, Könnte man auch einen Schenkungsvertrag annehmen? Letztendlich ist der Auftrag ja eher ein weisungsgebundenes Verhältnis, was ich hier nicht unbedingt bejahen würde. Die Eltern übernehmen die Schuld ja eher freiwillig aus sozialen Gründen - ähnlich wie bei den Fällen der Auflassung - und somit passt m.E. eher die Schenkung. Ferner ist dadurch auch der Schuldner besser geschützt, da man

konkludent

den gesetzlichen Forderungsübergang entweder ausschließt oder einen

konkludent

en Erlass vereinbart. Dadurch besteht nicht die Gefahr von

Aufwendungsersatzansprüche

n der Eltern gegen den Minderjährigen. Und bei Fehlverhalten des Minderjährigen könnte man davon die Rückforderung wegen groben Undanks in Betracht ziehen.


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