Zivilrecht

Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)

Die echte GoA

Schadensersatzanspruch GH gegen GF aus § 678 BGB (Übernahmeverschulden)

Schadensersatzanspruch GH gegen GF aus § 678 BGB (Übernahmeverschulden)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Autoeigentümer A wechselt die Reifen seines Autos stets selbst, um Geld zu sparen. Seine Schwester B, die das eigentlich weiß, beschließt trotzdem, As Auto dafür in die Werkstatt zu fahren. Auf dem Weg dorthin hat sie einen Unfall, weil ihr ein anderer Verkehrsteilnehmer die Vorfahrt nimmt.

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Einordnung des Falls

Schadensersatzanspruch GH gegen GF aus § 678 BGB (Übernahmeverschulden)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB sind erfüllt.

Genau, so ist das!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Der Reifenwechsel an As Auto stellt ein für B objektiv fremdes Geschäft dar. Der Fremdgeschäftsführungswille wird vermutet. A hat B weder dazu beauftragt, die Reifen seines Autos wechseln zu lassen, noch war B sonst dazu berechtigt.
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2. Die GoA ist berechtigt im Sinne des § 683 S. 1 BGB

Nein, das trifft nicht zu!

Eine GoA ist nach § 683 S. 1 BGB berechtigt, wenn sie dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Er muss zum Zeitpunkt der Geschäftsführung ausdrücklich oder konkludent geäußert worden sein. A wechselt seine Reifen stets selbst, um Geld zu sparen, wovon auch B wusste. Durch dieses Verhalten drückte A konkludent den Willen aus, dass sein Auto nicht in die Werkstatt gebracht werden soll, weil gerade dies Kosten verursacht.

3. Den B trifft ein Übernahmeverschulden im Sinne des § 678 BGB

Ja!

Das Übernahmeverschulden nach § 678 BGB setzt voraus, dass der Geschäftsführer erkennen musste, dass die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht. Der Geschäftsführer musste somit den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn zumindest aufgrund leichter Fahrlässigkeit nicht erkannt haben. Fahrlässig handelt nach § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. B wusste, dass A die Reifen seines Autos aus Kostengründen stets selbst wechselt. Sie hätte daher erkennen müssen, dass A nicht will, dass man sein Auto hierfür in die Werkstatt bringt. Hier könnte man auch diskutieren, ob B nicht gar positive Kenntnis davon hatte, dass A nicht wollte, dass man sein Auto in die Werkstatt bringt. Dann hätte B nicht nur fahrlässig, sondern gar vorsätzlich gehandelt. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an, da fahrlässiges Handeln ausreicht.

4. A kann die durch den Unfall an seinem Auto entstandenen Schäden von B ersetzt verlangen.

Genau, so ist das!

Im Rahmen der Haftung nach § 678 BGB ist der Geschäftsherr so zu stellen, wie er stünde, wenn sein entgegenstehender Wille beachtet beziehungsweise die Geschäftsführung unterlassen worden wäre. Zu ersetzen sind somit auch Ausführungsschäden. Dies sind Schäden bei der Ausführung des Geschäfts, die entweder zufällig, aufgrund Ausführungsverschuldens des Geschäftsführers oder aufgrund Drittverschuldens eintreten. Die Schäden am Auto des A sind durch einen Unfall bei der Ausführung des Geschäfts entstanden. Obwohl B diesbezüglich kein Ausführungsverschulden trifft, haftet sie aufgrund ihres Übernahmeverschuldens auch für diese Schäden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

12.9.2023, 13:08:52

Wieso wird hier im Ergebnis auf ein

Ausführungsverschulden

abgestellt, obwohl es ein

Übernahmeverschulden

ist?

Maitre68

Maitre68

3.4.2024, 13:52:37

@[Diaa](211889) Es wird auf das

Übernahmeverschulden

abgestellt. Allerdings wird in dessen Rahmen auch für

Ausführungsverschulden

gehaftet. Weil der GF hätte erkennen müssen, dass er gegen den Willen des GH handelt, muss er auch für alles haften was in „während der Geschäftsführung“ passiert, egal ob das zufällig passiert oder er es zu verschulden hat.


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