Strafrecht

BT 3: Straftaten gegen Freiheit u.a.

Nötigung, § 240 StGB

Verhindern eines nicht freiverantwortlichen Suizids

Verhindern eines nicht freiverantwortlichen Suizids

16. Juli 2025

12 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Content-Note: Suizidversuch. O leidet so stark unter Depressionen, dass er Suizid begehen will. T, der O beim Ansetzen zum Sprung von einer Brücke sieht, ringt ihn zu Boden und fixiert ihn, bis Hilfe kommt. O war aufgrund seiner Erkrankung zum Zeitpunkt des Suizidversuchs nicht in der Lage, freiverantwortlich zu handeln.

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Einordnung des Falls

Verhindern eines nicht freiverantwortlichen Suizids

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T könnte sich wegen Nötigung strafbar gemacht haben, indem er O zu Boden gerungen und dort fixiert hat (§ 240 Abs. 1 StGB). Hat T den Tatbestand der Nötigung erfüllt?

Ja!

Objektive Voraussetzungen für die Strafbarkeit nach § 240 Abs. 1 StGB sind: (1) Nötigungshandlung: Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel (2) Nötigungserfolg: Handeln, Dulden oder Unterlassen (3) Nötigungsspezifischer Zusammenhang T müsste zudem vorsätzlich gehandelt haben. T hat O zu Boden gerungen und ihn dort fixiert. Er hat so Gewalt gegen O ausgeübt. O musste deswegen seinen Suizidversuch unterlassen (= Nötigungserfolg). Das tat er nur, weil er von T fixiert wurde (= nötigungsspezifischer Zusammenhang). Der objektive Tatbestand der Nötigung ist erfüllt.Die Tat müsste auch rechtswidrig und insbesondere verwerflich (§ 240 Abs. 2 StGB) begangen worden sein. T müsste zudem auch schuldhaft gehandelt haben.
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2. T hat den Suizid des O - der nicht freiverantwortlich gehandelt hat - verhindert. Könnte seine Handlung wegen Notstands gerechtfertigt sein (§ 34 StGB)?

Genau, so ist das!

Voraussetzungen für eine Rechtfertigung nach § 34 StGB sind: (1) Notstandslage (a) Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut (b) Gegenwärtigkeit der Gefahr (2) Notstandshandlung (a) Nicht anders abwendbar (b) Interessenabwägung (c) Angemessenheit (3) VerteidigungswilleO stand kurz davor, von der Brücke zu springen. Es bestand dadurch eine gegenwärtige Gefahr für sein Leben. T hat O gepackt, zu Boden gerungen und kurzzeitig fixiert. Die Gefahr war nicht anders abwendbar. O handelte auch nicht freiverantwortlich. Das geschützte Interesse (Os Leben, über das er gerade nicht freiverantwortlich verfügte) überwiegt damit auch das beeinträchtigte Interesse (die körperliche Unversehrtheit des O) wesentlich. Die Tat war angemessen und T handelte, um die Lebensgefahr von O abzuwenden. Etwas anderes könnte gelten, wenn O freiverantwortlich gehandelt hätte. Dazu im nächsten Fall!

3. T handelte nach § 34 StGB gerechtfertigt. Muss Du im Anschluss noch prüfen, ob sein Handeln verwerflich war (§ 240 Abs. 2 StGB)?

Ja, in der Tat!

Eine gerechtfertigte Tat kann nicht verwerflich sein! Darum sind allgemeine Rechtfertigungsgründe stets vor der Verwerflichkeit zu prüfen. Sollte sich die Tat dann bereits als gerechtfertigt herausstellen, muss die Verwerflichkeit nicht mehr angesprochen werden. Kommst Du zu dem Schluss, dass das Verhindern des Suizids nicht gerechtfertigt war, stellt sich im zweiten Schritt die Frage, ob solche Handlungen verwerflich i.S.v. § 240 Abs. 2 StGB sind. Dazu im nächsten Fall!
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