Schwerpunkt auf den subjektiven Tatbestand: Vorsatz

26. Januar 2025

5 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der körperlich weit überlegene T schlägt O mit der Faust und voller Wucht gegen den Schädel, sodass dieser bewusstlos wird. Daraufhin zieht er O auf den Boden und beginnt ihn mit weiteren Tritten und Schlägen zu misshandeln. T will dem O so eine Lektion erteilen, ihn aber nicht in Lebensgefahr bringen.

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Einordnung des Falls

Schwerpunkt auf den subjektiven Tatbestand: Vorsatz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T könnte sich wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht haben, indem er O mit voller Wucht gegen den Schädel schlug (§§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB).

Ja, in der Tat!

Objektive Voraussetzungen für eine gefährliche Körperverletzung nach §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB sind: (1) Körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung (2) Mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung T müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.
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2. In den Faustschlägen mit voller Wucht gegen den Kopf liegt nach Ansicht von Rspr. und h.L. eine das Leben gefährdende Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB).

Ja!

Eine das Leben gefährdende Behandlung meint nach Ansicht der Rspr. und h.L. eine Begehungsweise, die nach den Umständen des konkreten Falles, wie der Art, Dauer und Stärke der Einwirkung objektiv generell geeignet ist, das Opfer in Lebensgefahr zu bringen. Eine konkrete Lebensgefahr sei nicht erforderlich.Der körperliche starke T hat O mehrfach mit der Faust und mit voller Wucht gegen den Kopf geschlagen. Nach Art, Dauer und Stärke der Gewalteinwirkung besteht dabei eine abstrakte Lebensgefahr.Nach einem Teil der Literatur braucht es für den § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB hingegen eine konkrete Lebensgefahr.

3. Fraglich ist, ob es im subjektiven Tatbestand ausreicht, dass der Täter die Umstände kennt, aus denen sich die die abstrakte Lebensgefahr ergibt.

Ja, in der Tat!

Laut BGH genügt es, dass der Täter mit Verletzungsvorsatz handele und dabei die Umstände erkenne, die die allgemeine Lebensgefährlichkeit des Tuns in der konkreten Situation für das Opfer begründen. Nach einer anderen Ansicht muss der Täter die Lebensgefährlichkeit seines Handelns zumindest für möglich halten und in Kauf genommen haben (bedingter Vorsatz).T hat mehrfach wuchtig auf O’s Kopf eingeschlagen. Er kannte die Umstände, aus denen sich die abstrakte Lebensgefahr ergab. Das reicht nach BGH, um den subjektiven Tatbestand bejahen zu können. T handelte jedoch ohne bedingten Vorsatz hinsichtlich der Lebensgefahr. Nach der a.A. fehlt es damit am Vorsatz.Gegen die a.A. spricht, dass sie den „bedenkenlosen“ Täter privilegiert. Dafür spricht, dass der Vorsatz neben dem kognitiven auch ein voluntatives Element benötigt.In der Klausur sind beide Ansichten vertretbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Vincent

Vincent

20.8.2022, 11:26:51

Dann ist also jeder Faustschlag eine lebensgefährdende Behandlung? Ich finde, dass das etwas zu weit geraten ist..

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.9.2022, 11:12:56

Hallo Vincent, in der Tat überschreitet nicht gleich jeder Faustschlag die Schwelle zur gefährlichen Körperverletzung. Bei Schlägen gegen den Kopf ist aber im

Einzelfall

zu ermitteln, ob nach Art der Ausführung, der Konstitution des Tatopfers oder anderer Umstände das Gefahrpotential gegenüber einer einfachen Körperverletzung deutlich erhöht ist (Fischer, StGB, § 224 RdNr. 30). Dies war im vorliegenden Fall aus der Wucht des Schlages auf eine besonders empfindliche Körperregion (Kopf) angenommen worden. Wir haben zudem noch den Umstand ergänzt, dass infolge des Schlages O auch bewusstlos geworden ist, was noch einmal die Wucht des Schlages verdeutlicht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Edward Hopper

Edward Hopper

12.10.2022, 22:20:04

Schwierig, finde normale Faustschläge (die ja immer gegen den Kopf gehen) rein zunehmen. Dann hat man ja jede Schlägerei mit drin.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.10.2022, 14:57:23

Vielen Dank für Deine Anmerkung, Edward. Schau Dir hierzu auch gerne den parallelen Thread an. Bei Faustschlägen gegen den Kopf muss man sorgfältig den

Einzelfall

betrachten. Natürlich ist nicht jede "Backpfeife" umfasst. Im vorliegenden Fall spricht aber die Wucht des Schlages und die dadurch bedingte Bewusstlosigkeit durchaus für die Annahme einer lebensgefährdenden Behandlung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JUL

julius.frotscher

18.11.2024, 22:44:52

Ich finde hier könnte man noch den Hinweiß hinzufügen, dass (sofern ich es richtig verstehe) wenn der

Vorsatz

sich auf die lebensgefährliche Handlung erstrecken müsste es unmöglich wäre dieses Merkmal zu verwirklichen ohne auch ein versuchtes Tötungsdelikt zu begehen, was zumindest mMn §224 I Nr.5 aushöhlen würde.


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