"Täter hinter dem Täter" 5 – Manipulierter error in persona


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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

H weiß, dass T in einem Hinterhalt liegt, um sie zu töten. Unter einem Vorwand schickt sie ihren Feind F zum Ort des geplanten Anschlags. Wie erwartet, unterliegt T in der Dämmerung einer Verwechselung und erschießt F.

Einordnung des Falls

"Täter hinter dem Täter" 5 – Manipulierter error in persona

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da T einer Verwechslung unterlag, hat er sich nicht wegen Mordes (§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var 1 StGB) an F strafbar gemacht.

Nein, das ist nicht der Fall!

T hat heimtückisch einen anderen Menschen getötet und daher den objektiven Tatbestand des Mordes (§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var 1 StGB) erfüllt. Auch der subjektive Tatbestand entfällt nicht, da die Identitätstäuschung für T als error in persona unbeachtlich bleibt. T handelte auch rechtswidrig und schuldhaft, sodass er sich wegen Mordes (§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var 1 StGB) strafbar gemacht hat.

2. T handelte volldeliktisch. Dies schließt eine mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) nach hM immer aus.

Nein, das trifft nicht zu!

Mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) setzt nach der Rspr und hL (1) in der Regel voraus, dass (a) der Tatmittler ein "Defizit" hat, d.h. bei diesem auf der Tatbestands-, Rechtswidrigkeits- oder Schuldebene ein Strafbarkeitsmangel vorliegt und (b) der Hintermann Tatherrschaft bzw. Täterwillen hat. (2) Alternativ liege mittelbare Täterschaft auch ohne Defizit des Tatmittlers in den Konstellationen des „Täters hinter dem Täter“ vor, d.h. bei (a) der Ausnutzung von Irrtümern über den Handlungssinn, die sich nicht auf die Strafbarkeit des Tatmittlers auswirken, und (b) der Organisationsherrschaft. Nur eine Mindermeinung schließt es generell aus, einen vollverantwortlichen Täter zugleich als Werkzeug eines anderen zu sehen (Verantwortungsprinzip).

3. Nach einer Mindermeinung kommt nur eine Teilnahmestrafbarkeit (§§ 26, 27 StGB) des H in Betracht.

Ja!

Dies ergibt sich nach teilweiser Auffassung schon daraus, dass der T volldeliktisch handelt. Überdies liege die Entscheidung über die Verwirklichung des tatbestandlichen Unrechts allein bei T, sodass von einer werkzeuggleichen Instrumentalisierung keine Rede sein kann. Für eine Anstiftung (§ 26 StGB) des T fehlt es jedoch am „Bestimmen”, da der T bereits fest zur Tötung eines Menschen entschlossen war, sodass er als sog. omnimodo facturus nicht mehr „bestimmt” werden kann. Somit bliebe lediglich eine Beihilfe des H (§ 27 StGB) zur Tat des T.

4. Nach hM hat sich H daher wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft (§§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) strafbar gemacht.

Genau, so ist das!

Hier liegt ein Fall der Ausnutzung eines Irrtums über den Handlungssinn vor. Nicht T beherrschte die Tötung der konkreten Person, vielmehr lag die Auswahl des individuellen Opfers bei H. Auch der für den T unbeachtliche error in persona ändert nichts daran, dass die H ihn planvoll lenkend in die Tatsituation hineinsteuert und daher die Tat mitbeherrscht. Insofern ist das Umlenken der Tat für eine Tatherrschaft ausreichend. Indem H den F in den Hinterhalt lockte, hat sie sich daher nach hM wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft (§§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) strafbar gemacht.

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🦊²

🦊²

25.12.2022, 12:36:49

Huhu, wer wäre dann das Werkzeug im vorliegenden Fall? T oder das Opfer O selbst? Liebe Grüße 🎄

🦊²

🦊²

25.12.2022, 12:38:16

Weil gegen die Qualität als Werkzeug in Bezug auf T als volldeliktisch Handelnder spricht ja auch die fehlende Einwirkungshandlung, oder nicht?

CAN

cann1311

25.12.2022, 17:28:13

Hi, das Werkzeug wäre der Täter. Wird auch in den Erklärungen ausführlich behandelt warum der H in mittelbarer Täterschaft nach hM strafbar wird, auch wenn er volldeliktisch handelt.

🦊²

🦊²

26.12.2022, 12:52:02

Hi, Warum knüpft man zur Begründung der Mittelbaren Täterschaft des H nicht an O als Werkzeug an? Hier hat H aktiv den O in die Falle gelockt und insoweit könnte man auch als Parallele zum Fön Fall normativ ein Gleichlauf herstellen bzw. zumindest über einen solchen nachdenken? Ob ich jetzt ein Fön eigenhändig in die Badewanne schmeiße oder eigenständig in einen tödlichen Hinterhalt laufe birgt doch faktisch das gleiche (Lebens/-Todes) Risiko? Demnach läge auch bei O das Defizit im Hinblick auf den objektiven Tatbestand vor (straflose "Selbsttötung", insofern man den Schuss des T normativ in vorliegender Konstellation noch als Selbsttötung des O vertreten kann) und H hat auch dzbgl. die überlegene Stellung inne. Liebe Grüße 🎄

🦊²

🦊²

26.12.2022, 13:29:58

Aber vermutlich scheitert es durch die bejahte Strafbarkeit des T, sodass man sich sonst Widersprüche einhandeln würde. War auch nur ein Gedankenspiel zum Austausch. Schöne Restfeiertage 👋🎄

Nora Mommsen

Nora Mommsen

11.1.2023, 13:39:41

Hallo Fuchs², nettes Gedankenspiel. Es gibt einen gewichtigen Unterschied zwischen den beiden von dir verglichenen Fällen. Im von dir angesprochenen Sirius-Fall, wusste das Opfer, dass es aus diesem Leben scheiden würde. Es kam ihr sogar gerade darauf an, in dem Glauben dadurch auf eine andere Ebene transformieren zu können. Locke ich ein Opfer in einen Hinterhalt ist dem gerade immanent, dass das Opfer nicht um die Gefahr für sein Leben weiß. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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