Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Täterschaft und Teilnahme

"Täter hinter dem Täter" 5 – Manipulierter error in persona

"Täter hinter dem Täter" 5 – Manipulierter error in persona

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

H weiß, dass T in einem Hinterhalt liegt, um sie zu töten. Unter einem Vorwand schickt sie ihren Feind F zum Ort des geplanten Anschlags. Wie erwartet, unterliegt T in der Dämmerung einer Verwechselung und erschießt F.

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Einordnung des Falls

"Täter hinter dem Täter" 5 – Manipulierter error in persona

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da T einer Verwechslung unterlag, hat er sich nicht wegen Mordes (§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var 1 StGB) an F strafbar gemacht.

Nein, das ist nicht der Fall!

T hat heimtückisch einen anderen Menschen getötet und daher den objektiven Tatbestand des Mordes (§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var 1 StGB) erfüllt. Auch der subjektive Tatbestand entfällt nicht, da die Identitätstäuschung für T als error in persona unbeachtlich bleibt. T handelte auch rechtswidrig und schuldhaft, sodass er sich wegen Mordes (§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var 1 StGB) strafbar gemacht hat.
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2. T handelte volldeliktisch. Dies schließt eine mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) nach hM immer aus.

Nein, das trifft nicht zu!

Mittelbare Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) setzt nach der Rspr und hL (1) in der Regel voraus, dass (a) der Tatmittler ein "Defizit" hat, d.h. bei diesem auf der Tatbestands-, Rechtswidrigkeits- oder Schuldebene ein Strafbarkeitsmangel vorliegt und (b) der Hintermann Tatherrschaft bzw. Täterwillen hat. (2) Alternativ liege mittelbare Täterschaft auch ohne Defizit des Tatmittlers in den Konstellationen des „Täters hinter dem Täter“ vor, d.h. bei (a) der Ausnutzung von Irrtümern über den Handlungssinn, die sich nicht auf die Strafbarkeit des Tatmittlers auswirken, und (b) der Organisationsherrschaft. Nur eine Mindermeinung schließt es generell aus, einen vollverantwortlichen Täter zugleich als Werkzeug eines anderen zu sehen (Verantwortungsprinzip).

3. Nach einer Mindermeinung kommt nur eine Teilnahmestrafbarkeit (§§ 26, 27 StGB) des H in Betracht.

Ja!

Dies ergibt sich nach teilweiser Auffassung schon daraus, dass der T volldeliktisch handelt. Überdies liege die Entscheidung über die Verwirklichung des tatbestandlichen Unrechts allein bei T, sodass von einer werkzeuggleichen Instrumentalisierung keine Rede sein kann. Für eine Anstiftung (§ 26 StGB) des T fehlt es jedoch am „Bestimmen”, da der T bereits fest zur Tötung eines Menschen entschlossen war, sodass er als sog. omnimodo facturus nicht mehr „bestimmt” werden kann. Somit bliebe lediglich eine Beihilfe des H (§ 27 StGB) zur Tat des T.

4. Nach hM hat sich H daher wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft (§§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) strafbar gemacht.

Genau, so ist das!

Hier liegt ein Fall der Ausnutzung eines Irrtums über den Handlungssinn vor. Nicht T beherrschte die Tötung der konkreten Person, vielmehr lag die Auswahl des individuellen Opfers bei H. Auch der für den T unbeachtliche error in persona ändert nichts daran, dass die H ihn planvoll lenkend in die Tatsituation hineinsteuert und daher die Tat mitbeherrscht. Insofern ist das Umlenken der Tat für eine Tatherrschaft ausreichend. Indem H den F in den Hinterhalt lockte, hat sie sich daher nach hM wegen Mordes in mittelbarer Täterschaft (§§ 211 Abs. 1, 2 Gr. 2 Var. 1, 25 Abs. 1 Var. 2 StGB) strafbar gemacht.
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