§ 231 Abs. 2 StGB: Vorwerfbarkeit

16. April 2025

7 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bei einer Kneipenschlägerei greifen O und B den schwachen T an. T muss sich wehren. Sein Faustschlag lässt O auf dem linken Auge erblinden.

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Einordnung des Falls

§ 231 Abs. 2 StGB: Vorwerfbarkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. § 231 Abs. 1 StGB wird von O, B und T objektiv sowie subjektiv verwirklicht. Mit der Erblindung des O ist auch eine schwere Folge gegeben.

Ja, in der Tat!

Ein von mehreren verübter Angriff ist die in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielende Einwirkung von mindestens zwei Personen. Beteiligt ist, wer in gegen andere gerichteter Weise an der Schlägerei oder dem Angriff teilnimmt. Als schwere Folge muss es zu einer schweren Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 StGB) oder einem Todesfall gekommen sein. Diesbezüglich handelten O, B und T auch vorsätzlich. Die von T verwirklichte Körperverletzung hat auch zur Folge, dass der verletzte O "das Sehvermögen auf einem Auge verliert" (§ 226 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB). Das Vorliegen einer objektiven Bedingung der Strafbarkeit ist damit ebenfalls zu bejahen.
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2. Nach § 231 Abs. 2 StGB ist jedoch nur strafbar, wer rechtswidrig und schuldhaft beteiligt war.

Ja!

Nicht strafbar ist, "wer an der Schlägerei oder dem Angriff beteiligt war, ohne dass ihm dies vorzuwerfen ist". Absatz 2 enthält also eine Aussage zu Rechtswidrigkeit und Schuld: Nur derjenige ist strafbar, der zu irgendeinem Zeitpunkt rechtswidrig und schuldhaft beteiligt ist. Handelt ein Beteiligter z.B. aus Notwehr (§ 32 Abs. 1 StGB), ist ihm in dieser Phase die Beteiligung an der Schlägerei oder dem Angriff mehrerer nicht vorzuwerfen. Dies war bei T der Fall, weshalb seine Strafbarkeit an § 231 Abs. 2 StGB scheitert.Alternativ kann man auch bei Vorliegen des § 231 Abs. 2 StGB einen Tatbestandsausschluss annehmen, wonach bereits auf tatbestandlicher Ebene der § 231 Abs. 1 StGB scheitern würde
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AME

Amelie7

3.12.2024, 10:59:20

Also sagt man hier nach hM, dass T am Angriff auf sich selber beteiligt ist, indem er sich in

Notwehr

gegen die Angreifer wehrt?

Skra8

Skra8

14.1.2025, 16:26:09

Hi @[Amelie7](262107), ich teile Dein Störgefühl und meine auch nicht, dass hier aus der Perspektive des T ein Fall des § 2

31 Abs

. 1 Alt. 2 StGB vorliegt. Meines Verständnisses nach bedarf es, wie auch in dieser Aufgabe angeführt, für das Vorliegen eines qualifizierten Angriffs gemäß § 2

31 Abs

. 1 Alt. 2 StGB einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines anderen abzielenden Einwirkung durch mindestens zwei Personen. (MüKoStGB/Hohmann, 4. Aufl. 2021, StGB § 231 Rn. 10, beck-online) Das liegt hier seitens des T offensichtlich nicht vor, da dieser sich alleine gegen O und B wehrt. Selbst wenn sich T und O gemeinsam gegen einen Angriff von B wehren würden, läge kein qualifizierter Angriff gemäß § 2

31 Abs

. 1 Alt. 2 StGB vor. (MüKoStGB/Hohmann, 4. Aufl. 2021, StGB § 231 Rn. 10, beck-online) In beiden oben beschriebenen Konstellationen kommt natürlich eine – ggf. gerechtfertigte oder entschuldigte – Schlägerei im Sinne des § 2

31 Abs

. 1 Alt. 1 StGB in Betracht. Vielleicht übersehe ich etwas Offensichtliches, aber ich hätte den Fall anders gedeutet, als dieser hier dargestellt wird. @Jura-Fuchs-Team: Vielleicht kann das Thema nochmal aufgegriffen werden?

JO

Jotus

14.2.2025, 10:13:02

Das würde ich auch gerne wissen!

HANDE

HanDerenoglu

14.1.2025, 23:52:05

wie haben sich jetzt B und O strafbar gemacht

prefi

prefi

25.3.2025, 19:14:22

Beide wegen Beteiligung an einer Schlägerei gemäß § 231 I StGB. Der Rechtfertigungsgrund greift nur bei T ein. B und O haben durch die vorsätzliche Beteiligung an dem Angriff eine konkrete Gefahrensituation geschaffen und die objektive Bedingung der schweren Körperverletzung ist durch den Verlust des Sehvermögens auf einem Auge des O eingetreten. Es ist auch unbeachtlich, dass O selbst der Geschädigte ist, denn es handelt sich beim um eine rein objektive Bedingung, die nachgelagert zur eigentlichen Tathandlung des O (der Beteiligung) eingetreten ist.


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