Einführungsfall - schwere Folge: schwere Körperverletzung § 226 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T, B und O geraten in einer Kneipe in Streit und schlagen aufeinander ein. T zerschlägt dabei so unglücklich einen Bierkrug im Gesicht des O, dass dieser auf dem rechten Auge erblindet.
Einordnung des Falls
Einführungsfall - schwere Folge: schwere Körperverletzung § 226 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 Abs. 1 StGB) ist ein "abstraktes Gefährdungsdelikt".
Ja, in der Tat!
2. Die Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 Abs. 1 StGB) enthält zwei Tatbestandsvarianten.
Ja!
3. Indem T, B und O in einer Kneipe in Streit geraten und aufeinander einschlagen, verwirklichen sie den objektiven sowie den subjektiven Tatbestand des § 231 Abs. 1 StGB.
Genau, so ist das!
4. § 231 Abs. 1 StGB fordert auch eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Es muss durch die Schlägerei eine schwere Folge verursacht worden sein.
Ja, in der Tat!
5. Da O auf einem Auge erblindet, liegt eine schwere Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) vor.
Ja!
6. T, B und O handelten auch rechtswidrig und schuldhaft.
Genau, so ist das!
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yolojura
25.6.2022, 19:35:09
Die Strafbarkeitskonstellation des Falles ist für mich irgendwie nicht zufriedendstellend. O ist hier Opfer einer Straftat, aber zugleich strafbar nach 231 StGB. Es wirkt widersprüchlich jemanden zu bestrafen, der gleichzeitig Opfer ist, zumal die
objektive Bedingung der StrafbarkeitO durch sein Verhalten nicht zuzurechnen ist. Könnte man hier an eine teleologische Reduktion der Strafbarkeit zugunsten von O nachdenken?
Philippe
28.6.2022, 20:33:00
Nach hM nein. Es geht hier nicht darum, dem Opfer Erfolgsunrecht in Bezug auf ihn selbst zuzurechnen, sondern nur und alleine die Beteiligung an einer Schlägerei. Es entspricht dem Strafgrund des § 231 die Strafbarkeit zu bejahen. Denn es ist in Schlägereien gerade vom Zufall abhängig, wer letztendlich geschädigt wird. Dass die
objektive Bedingung der Strafbarkeiteingetreten ist, belegt alleine, dass es sich um eine gefährliche Schlägerei gehandelt hat.
Jenny2905
14.8.2023, 21:17:13
Es könnte aber an die Anwendung des § 60 StGB zugunsten des O gedacht werden oder?
bayilm
12.7.2024, 20:06:52
Ich hätte hier eher erwartet, dass O durch eine Notwehr aus § 32 StGB gerechtfertigt ist und mithin nicht rechtswidrig an der Schlägerei teilnimmt. Es scheint mit sogar ziemlich unsinnig sich als Opfer eines Angriffs von mehr als einer Person nicht mehr wehren zu dürfen, weil man dann im Fall einer schweren Folge sich wegen § 231 StGB strafbar machen würde.