+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A übersieht beim Rechtsabbiegen mit seinem Auto den Radfahrer R. Mit schweren, aber nicht lebensgefährlichen Verletzungen kommt R ins Krankenhaus. Die Erstversorgung übernimmt X, der sich fälschlicherweise als Arzt ausgibt. Er setzt R eine falsche Spritze. Dadurch stirbt R.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A ist der Tod des R objektiv zuzurechnen.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Nein, das trifft nicht zu!
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QuiGonTim
24.1.2022, 19:14:51
Wäre es sinnvoll in der Klausur hier auch den atypischen Kausalverlauf anzusprechen?
Victor
24.1.2022, 19:20:42
Würde ich hier nicht machen. Das Anfahren wird wohl eine fahrlässige Körperverletzung sein. Dennoch braucht es die objektive Zurechnung an der es hier scheitert. Kausalität liegt grundsätzlich vor. Den atypischen Kausalverlauf würde man beim Vorsatz ansprechen. Der sich auf die gesamte Tat samt Ausprägung bezieht. Das ist bei der Fahrlässigkeit gerade nicht zu prüfen.

Lukas_Mengestu
26.1.2022, 09:34:27
Hallo ihr beiden, im Ergebnis könnte man die objektive Zurechnung hier durchaus auch mit Blick auf den atypischen Kausalverlauf verneinen. Dieser liegt vor, wenn der Geschehensablauf außerhalb aller Lebenserfahrung liegt, sodass mit ihm vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Wahrscheinlichkeit an einen falschen Arzt zu geraten dürfte dermaßen gering sein, dass hier neben dem Dazwischentreten Dritter auch ein atypischer Kausalverlauf vorliegt. Bezüglich der Verortung musst Du ein wenig aufpassen, @Victor. In der Tat berücksichtigt die Rechtsprechung die objektive Zurechnung bei Vorsatzdelikten nur im Rahmen des Vorsatzes. Denn in der Tat muss der Vorsatz zwar den Kausalverlauf in seinen wesentlichen Zügen umfassen.

Lukas_Mengestu
26.1.2022, 09:39:17
Im Schriftum wird die objektive Zurechnung dagegen als Teil des objektiven Tatbestandes behandelt. In der Uni ist es deshalb üblich, nicht nur bei Fahrlässigkeitsdelikten (da macht es nämlich auch die Rechtsprechung), sondern auch bei vorsätzlichen Erfolgsdelikten die objektive Zurechnung bereits als eigenen Prüfungspunkt nach der Kausalität zu prüfen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team