Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Objektive Zurechnung

Freiverantwortliche Selbstgefährdung („Substitutionsfall“)

Freiverantwortliche Selbstgefährdung („Substitutionsfall“)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Arzt A überlässt dem opiatabhängigen Patienten P einen Methadonvorrat zur eigenverantwortlichen Einnahme. P hat infolge langjähriger Methadoneinnahme Erfahrung. A weiß, dass P nicht stabil ist und nie die Tagesdosis einhält. P stirbt durch eine Überdosis.

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Einordnung des Falls

Substitutionsfall (BGH NJW 2014, 1680 – freiverantwortliche Selbstgefährdung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da A kraft überlegenen Fachwissens das Risiko besser erfasst hat als P, ist ihm der Erfolg trotz eigenverantwortlicher Selbstschädigung des P objektiv zuzurechnen.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine die Zurechnung ausschließende eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers ist von der einverständlichen Fremdgefährdung abzugrenzen. Das Opfer gefährdet sich selbst, wenn es selbstgefährdende Handlungen vornimmt oder sich in eine schon bestehende Gefahr hineinbegibt und die Tatherrschaft nicht allein bei dem "Täter" liegt. Die Eigenverantwortlichkeit ist ausgeschlossen, wenn das Opfer infolge einer Intoxikation nicht mehr zu einer hinreichenden Risikobeurteilung fähig ist.Da P durch die langjährige Methadoneinnahme Erfahrung hatte, bestand auf Seiten des A keine Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens.
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2. Bei einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Opfers ist dessen Tod dem Täter nicht objektiv zuzurechnen (solange der Täter keine Tatherrschaft hat).

Ja!

Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn durch das Verhalten des Täters (1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen worden ist, die (2) sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert. Gefährdet das Opfer sich eigenverantwortlich selbst, realisiert sich im Erfolg keine vom Täter geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr, sondern das vom Opfer eigenverantwortlich übernommene Risiko. Wer das zur Selbstverletzung führende eigenverantwortliche Handeln des Selbstschädigers vorsätzlich oder fahrlässig veranlasst, ermöglicht oder fördert, ist nicht strafbar. Ausnahme: Der Täter hatte kraft überlegenen Wissens Tatherrschaft.
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