Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 4


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T will sich an O rächen und diesen in einer Zelle einsperren, um ihn dort zu töten. Dafür lockt sie O in eine Zelle und möchte diese per Fernbedienung abschließen. Sie plant, O innerhalb von drei Tagen in der Zelle zu erschießen. Die Fernzündung versagt, da T die Batterien vergessen hat.

Einordnung des Falls

Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 4

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch einer Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Freiheitsberaubung ist ein Vergehen und daher nur im Versuch strafbar, da die Strafbarkeit ausdrücklich bestimmt ist (§§ 12 Abs. 2, 239 Abs. 2 StGB).

2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich einer Freiheitsberaubung.

Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist fest entschlossen eine Freiheitberaubung zu begehen.

3. T hat durch das Betätigen der Fernzündung „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“ in Bezug auf die Freiheitsberaubung.

Ja!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. T hat gedacht, dass sie den O durch das Betätigen des Fernzünders einsperren würde. Sie hat nach ihrer Vorstellung alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan, ohne dass weitere Zwischenakte erforderlich wären. T hat unmittelbar angesetzt.

4. Der Versuch einer Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239 Abs. 4 StGB) ist strafbar und T hatte Tatentschluss.

Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Freiheitsberaubung mit Todesfolge ist ein Verbrechen (§ 12 Abs. 1 StGB). T hatte Tatentschluss bezüglich der Freiheitsberaubung mit Todesfolge. § 12 Abs. 3 StGB gilt lediglich für schwere Fälle und minder schwere Fälle. Qualifikation stellen eigene echte Tatbestände dar und können daher Verbrechen darstellen; dies gilt auch für Erfolgsqualifikationen. § 239 Abs. 4 StGB ist daher bereits im Versuch strafbar.

5. T hat durch das Betätigen der Fernzündung „unmittelbar angesetzt“ zu einer Freiheitsberaubung mit Todesfolge.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Erfolgsqualifikation stellt einen eigenen Tatbestand dar. Erforderlich ist, dass der Täter unmittelbar zur Erfolgsqualifikation angesetzt hat. T wollte bei der Tötung an die Freiheitsberaubung anknüpfen. Sie wollte die Gefangenensituation auch zur Tötung ausnutzen, sodass O nicht mehr fliehen konnte. Dennoch stellt sie sich die Tötung als eigenes Tatgeschehen vor, sodass das Erschießen bzw. das Ziehen der Waffe wesentlicher Zwischenakt ist. Ein anderes Ergebnis wäre dann möglich, wenn T die Gefangenensituation als wesentliches Merkmal der Tötung nutzen wollen würde, etwa weil der O derart geschwächt ist, dass T den O nun „erlösen“ würde.

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