Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Versuch und Rücktritt
Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 5
Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 5
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T will sich an O rächen und diesen in einer Zelle einsperren. Dafür lockt sie O in eine Zelle und möchte diese per Fernzündung abschließen. Sie plant O mindestens 1 Monat festzuhalten. Die Fernzündung versagt, da T die Batterien vergessen hat.
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Einordnung des Falls
Unmittelbares Ansetzen bei Qualifikationstatbeständen 5
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Versuch einer Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich einer Freiheitsberaubung.
Genau, so ist das!
3. T hat durch das Betätigen der Fernzündung „unmittelbar angesetzt“ zu einer Freiheitsberaubung.
Ja, in der Tat!
4. Der Versuch einer über eine Woche dauernde Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB) ist strafbar und T hatte Tatentschluss.
Ja!
5. T hat nach der herrschenden Ansicht durch das Betätigen der Fernzündung „unmittelbar angesetzt“ zu einer über eine Woche dauernden Freiheitsberaubung.
Genau, so ist das!
6. Nach der Mindermeinung liegt ein „unmittelbares Ansetzen“ bei § 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB erst kurz vor dem Ablauf einer Woche vor.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Sven
20.10.2020, 08:28:29
Für mich erscheint an der herrschenden Meinung auf den ersten Blick problematisch, dass das unmittelbare Ansetzen zur Qualifikation bejaht wird, obwohl sich das äußere Handeln nicht vom bloßen Ansetzen zur einfachen Freiheitsberaubung unterscheidet. Letztlich wird bloß aufgrund der inneren Absicht des Täters härter gestraft - das rückt für mich zumindest in die Nähe von Gesinnungsstrafrecht. Andererseits dürfte diese Lösung durchaus praktikabel sein, da die a.A. den Versuchsbeginn sehr weit nach hinten verlagert und man vielleicht auch sagen kann, dass sich die Motivation zum längeren Einsperren zumindest auch im Einsperr-Versuch realisiert...
Gustav
6.7.2022, 16:32:22
Gesinnungsstrafrecht wäre es, wenn alleine der Tatentschluss die Strafbarkeit begründete. Indem zusätzlich ein unmittelbares Ansetzte erforderlich ist, wird ein Mittelweg gefunden. Die innere Absicht des Täters muss sich also stets manifestieren
iustus
24.7.2021, 22:46:48
Danke für die Versuchsfälle der Regelbspe und Qualis. Effizienter kann man kaum die Theorie kaum praktisch anwenden
Marilena
9.12.2021, 18:16:40
Vielen Dank für das Lob, iustus!
FF0815
21.7.2022, 21:11:01
Was die Gesinnung angeht, hat T im Durchgangsstadium zumindest zur Freiheitsberaubung angesetzt. Diese kann bereits im Versuch nach deren Maß bestraft werden. Meines Erachtens könnte T dann bis zum Ablauf der ersten Woche von Abs. 3 zurücktreten, oder eben nach dem höheren Strafmaß verurteilt werden.
Sambajamba10
24.3.2024, 15:44:48
Richtig. Die Literatur enthält sich weitgehend zu diesem Problem. Allerdings ist zu konstatieren, dass es zu einer unfassbaren Vorverlagerung der Strafbarkeit kommt, wenn man mit der einfachen Freiheitsberaubung auch ein
unmittelbares Ansetzenannimmt. Wolters ist aufgrund von der Argumentation von Mitch GA 2009, S. 337 im systematischen Kommentar auch von seiner früheren Meinung abgerückt (SK § 239 Rn. 20).
alexd.227
21.1.2024, 14:43:01
könnte durch die fernzündung nicht der räumliche zusammenhang entfallen?
Tinki
4.9.2024, 16:43:56
Prüft man, wenn man nicht erst den § 239 I, sondern direkt die Erfolgsquali prüft dann im Gutachten zu der Erfolgsquali erst, ob zu § 239 I angesetzt wurde und dann zur Erfolgsquali? Und ist es so, dass man immer aus der Erfolgsquali "rausfliegt", wenn nicht zum Grunddelikt unmittelbar angesetzt wurde, weil der immer in dieser enthalten ist?
Sassun
31.10.2024, 15:14:25
Ja. Dennoch würde ich lieber sauber arbeiten und erst das Grunddelikt prüfen. Im Gutachten also so: I. Vorprüfung 1. Keine Vollendung [+] 2. Versuchsstrafbarkeit [+] II. Tatbestand 1. Tatentschluss [+] a) § 239 I b) § 239 III Nr. 1 2.
Unmittelbares Ansetzen[SP] a) § 239 I Straferhöhende Quali knüpft an Grunddelikt, ohne auch keine Quali. b) § 239 III Nr. 1 Streit bei § 239 III Nr. 1 aa) e.A. h.M. Beginn Freiheitsberaubung bb) a.A. kurz vor Ablauf der Woche II. RW III. Schuld IV. ggf. Rücktritt V. Ergebnis