Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Unmöglichkeit (§ 275 BGB) (Leistungsstörungsrecht)
Absolutes Fixgeschäft (Beförderung mit dem Taxi zum Flughafen)
Absolutes Fixgeschäft (Beförderung mit dem Taxi zum Flughafen)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Umweltschützer U muss zu einer Klimakonferenz nach New York fliegen. Um den einzigen Flug nach New York nicht zu verpassen, vereinbart er mit Taxifahrerin T, dass sie ihn hierfür zum Flughafen fährt. T kommt zwei Stunden zu spät, da sie im Stau steckte. Der Flieger ist da schon weg.
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Einordnung des Falls
Absolutes Fixgeschäft (Beförderung mit dem Taxi zum Flughafen)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T war ursprünglich verpflichtet, U an den Flughafen zu bringen (§ 631 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Sofern Ts eigene Leistungspflicht durch Unmöglichkeit ausgeschlossen ist (§ 275 Abs. 1 BGB), ist Ts Anspruch auf den Werklohn ebenfalls erloschen (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja!
3. Sobald ein Schuldner seine Leistung verspätet erbringt, tritt Unmöglichkeit ein.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Bei der Vereinbarung über die Beförderung zum Flughafen handelte es sich um ein absolutes Fixgeschäft.
Ja, in der Tat!
5. T ist trotz ihrer Verspätung weiterhin verpflichtet, U zum Flughafen zu fahren.
Nein!
6. T hat dennoch einen Anspruch auf Zahlung des geschuldeten Fahrpreises (§ 631 Abs. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Alfestus
27.11.2021, 12:29:14
Wie sieht es jedoch mit den Kosten der Anfahrt aus? Die sollte die doch dennoch geltend machen können, oder?
Alfestus
27.11.2021, 12:30:06
*Sie sollte diese
Lukas_Mengestu
29.11.2021, 12:09:09
Hallo Alfestus, vielen Dank für Deine Frage. Da der vertragliche Anspruch ist aufgrund der Unmöglichkeit erloschen ist und auch die Voraussetzungen einer anderen Anspruchsgrundlage (GoA, Deliktsrecht, Bereicherungsrecht) nicht vorliegen, kann T auch die Anfahrtskosten nicht herausverlangen. Dies zeigt auch noch einmal, warum die Bejahung eines absoluten
Fixgeschäftes sehr restriktiv gehandhabt werden muss. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Dave K. 🦊
8.4.2022, 16:16:39
Könnte man nicht auch nur von einem relativen
Fixgeschäftausgehen? Arg.: er muss immer noch zur Konferenz und im Gegensatz zu den "Hochzeitsfällen" besteht somit doch weiterhin ein Interesse an der Leistung. Verwechsel oder vermische ich hier etwas? Möglichweise erweitere ich den SV auch zu weit, da nicht von weiteren Flugmöglichkeiten die Rede ist. Danke im Voraus 🦊
Lukas_Mengestu
10.4.2022, 13:57:19
Hallo Dave K., grundsätzlich ein schöne Gedanke. Da aber jedenfalls die Erreichung des konkreten Fliegers absolut unmöglich geworden ist und sich aus dem Sachverhalt keine anderweitigen Flugmöglichkeiten ergeben, wird bei diesem Lehrbuchklassiker ein
absolutes Fixgeschäftangenommen. Anders wäre es aber in der Tat, wenn man den Sachverhalt zB nach Berlin verlegt und bereits eine Stunde später der nächste Flieger geht, mit dem man ebenfalls noch rechtzeitig die Konferenz erreicht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
CH1RON
21.4.2022, 12:12:03
Vielleicht wäre mit Blick darauf, dass es sich um den Einstiegsfall handelt, in einem Nebensatz erwähnenswert, dass die Konferenz auf anderem Wege nicht zu erreichen ist?
Lukas_Mengestu
18.5.2022, 15:20:03
Danke CH1RON, für den Hinweis. Wir haben noch ergänzt, dass es sich um den einzigen Flug handelte. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
20.7.2022, 17:04:29
Da klebten bestimmt Us Freunde auf der Straße 😋
Juramaus
7.6.2023, 10:31:02
Der Kommentar war seiner Zeit voraus
Sambadi
18.11.2022, 18:49:28
Hallo Jurafuchs-Team, Ist es hier unerheblich, ob T auf dem Weg zu U im Stau steckte oder auf dem Weg zum Flughafen? Aus dem SV wird mit das nämlich auch nicht ganz klar. Ich kann mir nämlich schwer vorstellen, dass ich mich von meiner Bezahlung drücken kann, wenn ich auf Grund eines Staus auf dem Weg zum Flughafen meinen (einzigen) Flug verpasse 😅 da wird mir wohl jeder sagen, dass ich dann früher los fahren sollte
Nora Mommsen
5.12.2022, 14:10:38
Hallo Sambadi, danke für deine Frage. Es macht durchaus einen Unterschied, wie du sagtest. Kommt hier die Taxe erst zu einer Zeit, zu der das Ziel unter keinen Umständen mehr rechtzeitig erreicht werden kann, so kann der Gläubiger mit dieser Leistung des Taxifahrers offenkundig nichts mehr anfangen, so dass sie für ihn sinnlos und damit unmöglich geworden ist. Vereinbare ich mit dem Taxifahrer eine Zeit, er holt mich pünktlich ab und es scheitert an vom Fahrer nicht verschuldeten Umständen, tritt zwar Unmöglichkeit des Beförderungserfolges - pünktlich am Flughafen zu sein ein. Es bleibt nach der Regel des § 326 Abs. 2 BGB aber bei der eigenen
Leistungspflicht. Genauso verhält es sich, wenn der Taxifahrer schon vorm Haus wartet, der Fahrgast selber aber noch nicht abfahrtbereit ist - sich also im Annahmeverzug befindet. (vgl. § 326 Abs. 2 BGB). Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
jannis21
23.7.2024, 08:51:35
Mit der Antwort kann ich nicht mitgehen! In der Norm $ 326 II steht , dass der Schuldner den Anspruch behält, wenn der Gläubiger zumindest weit überwiegend für die Unmöglichkeit verantwortlich ist. Auch für einen Staus nach Abholung wäre der Fahrgast in diesem Fall ja nicht weit überwiegend verantwortlich. Wo
Nora Mommsenda jetzt rausliest, dass der Anspruch auf Gegenleistung in diesem Fall entfallen würde, verstehe ich nicht. Über eine Erklärung und saubere Lösung würde ich mich freuen!
hannabuma
6.11.2024, 20:06:23
@[jannis21](209311) Man könnte argumentieren, dass es die Aufgabe des Gläubigers ist sich eine rechtzeitige Taxifahrt einzuplanen und zu buchen. Dazu gehört auch sich bestmöglich über die Verkehrslage zu informieren und dementsprechend zB während des Feierabendverkehrs das Taxi zu einer früheren Zeit zu buchen, sodass man trotz Staus rechtzeitig am Flughafen ist. Damit könnte man eine alleinige oder weit überwiegende Verantwortlichkeit des Gläubigers für die UMK konstruieren. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob @[
Nora Mommsen](178057) nur auf solche Fälle hinaus wollte, oder eine allgemeine Verantwortlichkeit des Taxi-Bestellers begründet. Es gibt ja auch Fälle, in denen ein spontan entstehender Stau (zB wegen eines Unfalls) nicht vom Gläubiger vorhersehbar ist und somit wie von dir suggeriert auch nicht die VSS des § 326 II BGB vorliegen. Wäre hilfreich, wenn das Jurafuchs Team das noch genauer erläutern könnte!
Celina
27.6.2023, 20:42:48
Hallo, wieso nimmt man denn bei einer Taxifahrt ein Werkvertrag an? Handelt es sich denn nicht viel eher um einen Dienstleistungsvertrag nach 611 ff BGB?
Nora Mommsen
2.7.2023, 08:21:31
Hallo Celina, danke für deine Frage. Der Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertrag ist, dass letzterer einen Erfolg voraussetzt. Im Fall der Taxifahrt möchte man nicht nur gefahren werden, sondern primär ankommen. Dies ist der werkvertragliche Erfolg. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Linda
19.12.2023, 15:25:22
Muss T bei Vertragsschluss bekannt gewesen sein, dass U auf die Pünktlichkeit der Leistung außerordentlich angewiesen ist und es sich deswegen um eine absolute Fixschuld handelt oder reicht es aus, dass U jetzt nicht mehr zur Konferenz kommt?
Simon
22.12.2023, 22:23:11
MMm müsste dies der T bekannt sein Dies folgt aus einem Ernst-Recht-Schluss in Form des argumentum a minore ad maius zu § 323 II Nr. 2 BGB, der das
relative Fixgeschäftregelt und dort auch auf die Erkennbarkeit für den Vertragspartner abstellt.
Johanna K
10.7.2024, 16:05:11
Ich finde diesen Fall etwas misslich und nicht ganz eindeutig. Ich bin erst davon ausgegangen, dass der Taxifahrer hier bereits begonnen hat seine Leistung gegenüber U zu erbringen. Aber gemeint ist ja sicherlich, dass der Taxifahrer generell nicht erschienen ist, oder? Ich habe das erst im Lesen der Anmerkungen von Euch verstanden und dann die Antworten auch erst richtig beantworten können. Vielleicht könnt ihr ja im Sachverhalt nochmal ergänzen, dass der Taxifahrer zu spät zum vereinbarten Abholpunkt gekommen ist, weil er eben selbst im Stau stand. Nicht erst auf dem Weg zum Flughafen gemeinsam mit U. Denn ansonsten denke ich, dass das Ergebnis ein anderes wäre, oder macht das keinen Unterschied? Ich hoffe, dass ich das einigermaßen verständlich erklären konnte! :)
paulmachtexamen
10.11.2024, 23:28:36
PUSH: Der Frage schließe ich mich an, ob das Ergebnis dann ein anderes wäre, wenn der Stau erst während der Fahrt zum Flughafen passiert. Ich bin mir da selbst nicht ganz sicher. Zum einen tritt Unmöglichkeit ja unabhängig vom Verschulden der Parteien ein. Das würde dafür sprechen, dass dennoch Unmöglichkeit eintreten könnte. Allerdings würde dann vermutlich der SEA aus 283 entfallen. Dann müsste Taxifahrer zwar auf sein Lohn verzichten (326 I 1 HS 1), aber müsste immerhin kein SE zahlen. Ich würde mich aber über eine Lösung freuen! Bin nämlich - wie gesagt - selbst nicht sicher. Hängt vermutlich alles von den Umständen des Einzelfalls ab :D