Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Unmöglichkeit (§ 275 BGB) (Leistungsstörungsrecht)
Absolutes Fixgeschäft (Beförderung mit dem Flugzeug)
Absolutes Fixgeschäft (Beförderung mit dem Flugzeug)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Umweltschützerin U will zur Klimakonferenz nach New York und bucht bei Fluggesellschaft F einen Flug. Am Abflugtag wird dieser mehrmals verschoben, sodass U 12 Stunden später ankommen würde. Die Konferenzteilnahme ist aber nicht gefährdet.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Absolutes Fixgeschäft (Beförderung mit dem Flugzeug)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. F war ursprünglich verpflichtet, U nach New York zu bringen (§ 631 Abs. 1 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Sofern Fs eigene Leistungspflicht durch Unmöglichkeit ausgeschlossen ist (§ 275 Abs. 1 BGB), ist Fs Anspruch auf den Werklohn ebenfalls erloschen (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB).
Ja!
3. Sobald ein Schuldner seine Leistung verspätet erbringt, tritt Unmöglichkeit ein.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Bei der Vereinbarung über die Beförderung nach New York handelt es sich um ein absolutes Fixgeschäft.
Nein, das trifft nicht zu!
5. F hat trotz ihrer Verspätung weiterhin das Recht und die Pflicht, U nach New York zu befördern.
Ja!
6. F hat weiterhin einen Anspruch auf den vereinbarten Werklohn (§ 631 Abs. 1 BGB).
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
QuiGonTim
20.7.2022, 17:10:33
Handelt es sich bei dem Luftbeförderungsvertrag um einen reinen Werkvertrag? Hinsichtlich des Sitzplatzes im Flugzeug enthält er ja ein mietvertragliche Bestandteile.
Nora Mommsen
9.8.2022, 12:19:04
Hallo QuiGonTim, das ist ein interessanter Ansatz. Nach herrschender Meinung und gefestigter Rechtsprechung seit Ende der 1960er Jahre handelt es sich bei einem Luftbeförderungsvertrag tatsächlich um einen Werkvertrag mit dem Erfolg der pünktlichen Ortsveränderung des Fluggastes über den Luftweg. Auch die unterbliebenen Änderungen im Gegensatz z.B. zum Reisevertrag lassen einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers erkennen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
lexfoxi🦊
5.8.2022, 20:11:30
Bei so einem Fall muss ich ganz praktisch direkt an die EU-FluggastrechteVO denken 🥲
Raphaeljura
3.6.2023, 02:12:28
Warum kann man nicht argumentieren, dass es ein
absolutes Fixgeschäftist? Wenn jemand einen Flug bucht, dann wählt er ja das Flugdatum bewusst aus, auch hinsichtlich der weiteren Pläne nach Ankunft. Oder muss man hier abwägen? Nehmen wir an, jemand will am Freitag übers WE wegfliegen, aber der Flug verzögert sich bis Sa Abend. Aufgrund der Verzögerung würde er am So nachmittag ankommen, müsste aber gleich wieder zurückfliegen, um Mo morgens wieder am Arbeitsplatz zu sein. Wäre das ein Beispiel für ein
absolutes Fixgeschäft?
Lukas_Mengestu
6.6.2023, 11:32:30
Hallo Raphaeljura, vielen Dank für die Nachfrage. Im Grundsatz hat jeder Vertragspartner ein Interesse an einer pünktlichen Leistungserbringung, sei es Beförderung (Zug, Bahn), Warenlieferung (zB Versandhandel) oder zB Dienst-/Werkleistungen. Dennoch führt eine Verspätung hier grundsätzlich nicht zur Unmöglichkeit, sondern kann primär einen Schadensersatz wegen Verzögerung (§§ 280 I, II, 286) rechtfertigen. Das absolute
Fixgeschäftstellt einen absoluten Ausnahmefall dar und ist deswegen sehr restriktiv zu handhaben. Es geht dabei um Fälle, bei denen die Leistung objektiv nur zu einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll ist und deswegen auch für den Vertragspartner ersichtlich nur zu einem fest definierten Zeitpunkt erbracht werden kann. Das Paradebeispiel ist hier die Hochzeit. Gerade bei Beförderungsleistungen ist dieser Zweck aber in der Regel nicht evident. Häufig besteht das Bedürfnis an der Beförderung auch dann, wenn diese verspätet erfolgt. Aus diesem Grund hat der BGH ein
absolutes Fixgeschäfthier abgelehnt. Sofern die Parteien ausnahmsweise einen bestimmten Termin als wesentlich definieren, obwohl dies sich aus der Art der Leistung nicht zwingend ergibt, liegt ein sog. Fall des "relativen
Fixgeschäfts" vor, welches den Gläubiger zumindest zum Rücktritt berechtigt (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Auch hier kommt es aber darauf an, dass dies für den Leistungserbringer erkennbar ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team