Verhindern einer Selbsttötung

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

O möchte sein Leben beenden, indem er sich mit einem Messer die Pulsadern aufschneidet. Als er gerade ansetzt, stürzt sich sein deutlich stärkerer Freund T auf ihn und fixiert ihn solange, bis Hilfe eintrifft.

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Einordnung des Falls

Verhindern einer Selbsttötung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem T den O fixiert, übt er Gewalt an diesem aus (§ 240 Abs. 1 Var. 1 StGB).

Ja!

Der klassische Gewaltbegriff setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt, (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden. Durch das Fixieren des O verübt der T körperlich wirkenden Zwang, da dieser sich nicht mehr fortbewegen kann.
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2. Die Nötigungshandlung des T ist als verwerflich einzustufen (§ 240 Abs. 2 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Verwerflich ist eine Verhaltensweise, wenn die Gewaltanwendung oder die Drohung zu dem beabsichtigten Zweck in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Dabei muss das Missverhältnis derart auffällig sein, dass die Verhaltensweise als sozialethisch missbilligenswert anzusehen ist, d.h. von einem verständigen Dritten als sozial unerträglich, als strafwürdiges Unrecht empfunden wird. Da T die Gewalt ausübt, um den suizidalen Absichten des O zuvorzukommen, liegt nach einer Zweck-Mittel-Relation keine Verwerflichkeit (§ 240 Abs. 2 StGB) vor. Es liegt nach wertender Gesamtschau kein sozialethisch missbilligenswertes Verhalten seitens T vor. Bei der Bewertung legst du den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stets streng an, da dem Opfer ein gewisses Maß an Eigenverantwortlichkeit für sein Handeln zugestanden wird. Insoweit musst Du in der Klausur eine umfassende Abwägung vornehmen.
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