Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Kausalität

Überholende Kausalität (Killer-Krankenschwestern)

Überholende Kausalität (Killer-Krankenschwestern)

12. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Krankenschwestern S1 und S2 injizieren kurz nacheinander und unabhängig voneinander der Infusionsflasche des verhassten Patienten P eine jeweils tödliche Dosis Gift. Die Wirkung würde sich erst Stunden später entfalten. S1 ist zu ungeduldig und erstickt P mit einem Kissen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Killer-Krankenschwestern

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S1 hat den Tod des P kausal verursacht, indem sie ihm das Kopfkissen auf den Kopf gedrückt hat.

Ja, in der Tat!

Rspr und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Überholende Zweitereignisse bewirken einen Abbruch des KausalverlaufsDenkt man den Einsatz des Kopfkissens durch S1 hinweg, wäre P zwar wenig später durch die Vergiftung seitens S1 und S2 auch gestorben. Der Vergiftungstod ist als hypothetische Reserveursache jedoch irrelevant. Er hätte auch den Erfolg nicht in seiner konkreten Gestalt bewirkt (Tod durch Ersticken). Der durch S1 verursachte Erstickungstod hat den hypothetischen Vergiftungstod somit überholt.
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2. S2 hat den Tod des P kausal verursacht, indem sie das Gift in die Infusionsflasche gegeben hat.

Nein!

Rspr und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Überholende Zweitereignisse bewirken einen Abbruch des Kausalverlaufs Denkt man die Giftbeigabe durch S2 hinweg, entfiele nicht der Erstickungstod des P. Die von S2 in Gang gesetzte Kausalkette (Vergiftung) ist nicht wirksam geworden. S1 hat mit der von ihr gesetzten neuen Bedingung (Ersticken) auch nicht an die von S2 gesetzte Bedingung angeknüpft, sondern diesen vielmehr abgebrochen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

S.

s.t.

7.8.2021, 19:02:45

Wäre die vorherige Vergiftung durch S1 durch die gleiche Handlung dann unterbrochen, wäre nur noch Versuch bzgl.. des Vergiftens zu prüfen ?

Harun

Harun

30.10.2021, 21:18:09

MMn nicht. Der vollendete Delikt verdrängt den hier vorliegenden Versuch.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.12.2021, 17:36:42

Hallo ihr beiden, wie Harun richtig eingewendet hat ist der vorherige Versuch subsidiär zur der anschließend erfolgten Vollendung und wird insoweit verdrängt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LAW

Law_yal_life

18.9.2023, 17:09:17

Überholende Zweitereignisse führen zum Abbruch des Kausalverlaus des ersten Ereignisses? Auch hier wieder

hypothetische Kausalität

unzulässig

, dass Opfer ja so oder so am Gift verstorben wäre?! richtig? Vielmehr wird hier geschaut, was hat konkret den Erfolg herbeigeführt richtig? Und das war hier das Ersticken mit dem Kissen.

LELEE

Leo Lee

8.10.2023, 13:21:29

Hallo Prädikatkandidat, so ist es! Wenn ein Zweitereignis überholt, wird diese Handlung und nicht gerade meine Handlung kausal (der Andere kommt mir dann zuvor). Dabei ist

unerheblich

, ob hypothetisch auch meine Handlung den Erfolg herbeigeführt hätte (Unbeachtlichkeit hypothetischer

Reserveursachen

!). Hierzu kann ich die Lektüre von Rengier AT 13. Auflage, § 13 Rn. 21 f. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

JALUD

Jan Ludwig

29.10.2023, 13:13:54

@[PrädikatKandidat](210386) warum wiederholst du in jedem Kommentar genau das, was in der Erklärung steht?

Amelia

Amelia

19.10.2024, 03:49:31

würde S2 trotzdem durch versuchten Mord angeklagt werden ?

LELEE

Leo Lee

20.10.2024, 07:18:28

Hallo Amelia, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage und willkommen bei Jurafuchs! Du hast völlig Recht: Wenn jemand den

Tat

bestand nicht vollendet, etwa wie hier mangels Kausalität, aber vollenden wollte, dann ist IMMER im Anschluss der Versuch zu prüfen. Auch allgemein würde ich empfehlen, immer den Versuch anzuprüfen, nachdem man bei "normalen

Tat

bestand" rausfliegt. Es ist ein SEHR häufiger Fehler in Klausuren, dass die Prüflinge den Versuch nicht mehr bedenken und hierdurch ggf. Schwerpunkte verpassen. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 5. Auflage, Hoffmann-Holland § 22 Rn. 29 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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