Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Kausalität

Dritter knüpft an Handeln des Ersttäters an – fortwirkende Kausalität

Dritter knüpft an Handeln des Ersttäters an – fortwirkende Kausalität

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A sticht der O mehrmals mit einem Messer ins Gesicht. Sie hält die O (irrtümlich) für tot und ruft deshalb ihren Freund B hinzu, damit dieser die Spuren beseitigt. Da O noch röchelt, schlägt B sie mehrfach. O stirbt. Es ist nicht aufzuklären, ob O infolge der - möglicherweise den Sterbevorgang verkürzenden - Schläge oder aber nach diesen Schlägen infolge der Messerstiche durch Verbluten verstarb.

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Einordnung des Falls

Dritter knüpft an Handeln des Ersttäters an (fortwirkende Kausalität)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hat den Tod der O kausal durch ihre Messerstiche verursacht.

Ja, in der Tat!

Rspr und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Die Kausalität des Handelns wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein später handelnder Dritter durch ein auf denselben Erfolg gerichtetes Tun vorsätzlich zu dessen Herbeiführung beiträgt, sofern er dabei an das Täterhandeln anknüpft. Denkt man die Messerstiche der A hinweg, entfielen auch die Schläge des B. Denn B hat mit seinen Schlägen gegen die am Boden liegende O an das Handeln der A angeknüpft. Die Messerstiche sind kausal für den Tod der O – unabhängig davon, ob der Tod durch die Messerstiche der A oder die daran anknüpfenden Schläge des B eingetreten ist.
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2. B hat den Tod der O kausal durch die Schläge zum Kopf verursacht.

Nein!

Rspr und hL bestimmen die Kausalität überwiegend nach der Äquivalenztheorie (= conditio-sine-qua-non-Formel). Eine Handlung ist danach kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Nach dem Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) ist die Verurteilung des Angeklagten wegen einer Straftat nur möglich, wenn zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass er diese begangen hat. Bleiben dem Richter nach Abschluss der Beweiswürdigung Zweifel, muss er von der für den Angeklagten günstigeren Möglichkeit ausgehen.Auf Tatsachenebene lässt sich nicht aufklären, ob die Schläge des B den Tod verursacht haben. In dubio pro reo ist anzunehmen, dass die Schläge nicht kausal für den Tod waren.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

VAS

Vastilliosgirls

25.12.2019, 22:47:46

Wenn keine Handlung kausal für den Tod der O war, hat sich dementsprechend weder A noch B eines Tötungsdeliktes strafbar gemacht ?

XOE

xoevatxo

31.12.2019, 15:30:36

Wieso, die Handlung von A ist doch kausal?

CO

Constantin

15.1.2020, 13:23:51

A vollendete Tötung und B nur einen Tötungsversuch

Henk

Henk

3.3.2020, 07:27:59

Die Kausalkette, die durch die Handlung von A entstanden ist, wurde durch das Anknüpfen (Schlagen) des B nicht beseitigt. In jedem Fall ist ihre Handlung kausal für den Erfolg.

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

22.10.2020, 00:53:15

Laut SV „ist nicht aufklärest, ob Schnitte oder Schläge den Tod verursacht haben.“ Sind nicht demnach 3 Möglichkeiten denkbar? 1. Erfolg beruht allein auf Schnittverletzung 2. allein auf Schlägen 3. auf beidem kumulativ. I. d. p. r. müsste m. E. daher auch A led. ein Versuch zuzurechnen sein.

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

22.10.2020, 00:54:17

*aufklärbar

DAN

Daniel

18.1.2021, 18:11:59

Der Beitrag der A ist auf jeden Fall kausal, da der Erfolg in der konkreten Gestalt ohne die Stiche nicht eingetreten wäre.

Viki

Viki

9.2.2021, 14:16:51

Der erste Strang (A) ist kausal für den Erfolg, da dieser die Vorlage bietet. Würde m.E. aber de

objektive Zurechnung

problematisieren und ggf unter dem Gesichtspunkt Eingreifen Dritter in das Geschehen (B) verneinen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.3.2021, 11:29:04

Lieben Dank euch allen, für die gute Diskussion. Lexderogans hat die grundsätzlich möglichen Konstellationen bereits zutreffend aufgeführt. Im konkreten Fall schied indes die

kumulative Kausalität

aus, da jedenfalls klar war, dass die Schnittverletzungen grds. tödlich waren. Unklar war nur, ob der Sterbevorgang durch die Schläge noch weiter verkürzt wurde. Wir haben dies im Sachverhaltl nun noch deutlicher gefasst. Beruht der Tod nun aber auf ihren Schnittverletzungen (Szenario 1), so ist er ihr unproblematisch kausal und objektiv zurechenbar. Beruht er dagegen auf den das Leben verkürzenden Schlägen des B, so liegt auch hierin keine

Unterbrechung des Kausalzusammenhangs

, da der Beitrag der A wesentlich fortwirkt. B schafft insoweit keine neue Kausalkette.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.3.2021, 11:30:22

Vielmehr knüpft er nur an ihren Beitrag an. Somit kommt A nicht in den Genuss des Zweifelssatzes und ist wegen vollendetem Totschlag zu verurteilen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

FUCH

Fuchsfrauchen

19.3.2022, 15:46:15

Gäbe es diese Kausalkette auch dann, wenn A und B gar nicht auf einen gemeinsamen Erfolg hinarbeiteten? Also z.B. bei einer Schlägerei, wo A den X mit einem heftigen Schlag bewusstlos zu Boden bringt und B dem X noch einen Schlag gibt und X dann stirbt. A und B haben nicht den Tod des X geplant. Danke!

🦊LEXD

🦊LEXDEROGANS

20.2.2020, 23:32:45

Würde der In-dubio-Grundsatz für A (nach der Rspr.) greifen, wenn sie B nicht zum Weiterhandeln aufgefordert hätte oder wenn es gar überhaupt keine Beziehung zw. A und B gegeben hätte?

FO

Fossi

18.3.2020, 01:54:53

Natürlich. Im Zweifel für den Angeklagten bedeutet, dass von zwei möglichen Alternativen diejenige gewählt werden muss, die für den Täter rechtlich günstiger ist. Dabei spielen nur die Umstände des Zweifels eine Rolle, nicht aber Fragen der Täterschaft und Teilnahme.

AM

Amo

21.10.2020, 11:46:20

Nein, denn auch in diesem Fall, knüpft B ja an die Handlung der A an.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.3.2021, 11:02:20

Hallo zusammen, in der Tat ist Ahmad zuzustimmen, dass unabhängig einer entsprechenden Aufforderung der tatbestandliche Erfolg A noch zurechenbar ist. Das (fahrlässige oder vorsätzliche) Verhalten eines Dritten unterbricht den Kausalzusammenhang nicht, wenn die ursprünglich gesetzte Ursache eines Erfolgs wesentlich fortwirkt. Nur in Fällen der überholenden Kausalität, in denen ein späteres Ereignis eine neue Ursache schafft (zB A vergiftet O, bevor das Gift wirkt, erschießt B den O) und die alte nicht fortwirkt, entfällt der Ursachenzusammenhang. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Daniil

Daniil

6.7.2021, 11:22:28

Falls ich nichts schwerwiegendes übersehe, finde ich die Feststellungen gar nicht so unproblematisch. Zumindest nach der Rechtsprechung, die im Rahmen der sukzessiven Mittäterschaft das bereits geschehene handeln anderer Komplizen, den nachträglich in das Tatgeschehen eingestiegenen Tatbeteiligten als eigens zurechnet, könnte man durchaus auch hier Mittäterschaft und damit Kausalität bejahen. Problematisieren könnte man natürlich, dass O bereits von einem vollendeten Delikt ausgegangen ist und sich eventuell ein neuer Handlungsstrang eröffnet hat, so dass ein Eintritt in den ursprünglichen Tatplan nicht mehr möglich gewesen wäre. Könnte mir aber vorstellen, dass es im Ergebnis dennoch vertretbar ist. Oder?😅

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.7.2021, 18:46:52

Hallo Daniil, super Gedanke und in der Tat könnte man darüber nachdenken. Auch wenn die "

sukzessive Mittäterschaft

" in weiten Teilen der Literatur heftig umstritten ist, hält der BGH hieran grundsätzlich fest, weswegen man an dieser Figur nicht vorbeikommt (bei aller berechtigter Kritik). Die

sukzessive Mittäterschaft

passt allerdings bei den Körperverletzungs- und Tötungsdelikten nicht so richtig, da hier Vollendung und Beendigung zwingend zusammenfallen (nicht verwechseln mit dem beendeten Versuch, der zeitlich noch vor der Vollendung liegt). Die "einfache" Mittäterschaft kommt allerdings nach mE durchaus in Betracht. Um eine Zurechnung über die Mittäterschaft zu bejahen, benötigt man neben der gemeinsamen Tatausführung auch einen entsprechenden gemeinsamen Tatentschluss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung den "gemeinsamen Tatentschluss" grundsätzlich sehr weit fast. So bedarf es zB keiner "vorherigen" Vereinbarung, sondern genügen, wenn im Rahmen der Tat ein Einverständnis vorliegt. Eine Mittäterschaft soll selbst dann möglich sein, wenn die Mitwirkenden sich nicht kennen, aber jedem bewusst ist, dass neben ihm noch ein anderer oder andere mitwirken und diese von dem gleichen Bewusstsein erfüllt sind. Auch eine stillschweigende, durch schlüssiges Handeln bekundete Willensübereinstimmung genügt. Allerdings liegt der "gemeinsame" Tatenschluss dann nicht mehr vor, wenn eine Person mitwirkt, ohne dass der "unmittelbare Täter von der Tat weiß. Ebenso fehlt es an einer Mittäterschaft, wenn m

ehre

re Täter nebeneinander die gemeinsam gewonnenen Erkenntnisse über eine günstige Tatsituation zur Begehung gleichartiger Straftaten ausnutzen. (vgl. hierzu Joecks/Scheinfeld, in: MüKo-StGB, 4. A. 2020, § 25 Rn. 234 f.) Aufgrund der Kürze des Sachverhalts kann man hier natürlich in beide Richtungen argumentieren. Geht man davon aus, dass A hier mitbekommt, dass O noch let und insofern billigt, dass B an ihren Taterfolg anknüpft, könnte man gut vertretbar davon ausgehen, dass im Laufe der Tat ein entsprechender gemeinsamer Tatentschluss gebildet wurde. Im Ausgangsfall der dem BGH vorlag, stellte es sich dagegen so dar, dass A ihre Pflegemutter in ihrem Haus erstochen hat. Dann lief sie zu ihrem Freund B, dem sie von ihrer Tat berichtete, um anschließend mit B zurückzuk

ehre

n.Während B hineinging, wartete A vor dem Haus. Sie hatte also keine Ahnung, dass ihre Tat noch nicht vollendet war und B sich nun daran beteiligte. In dieser Konstellation spricht insofern viel dafür, ein gemeinsames Zusammenwirken abzulehnen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Daniil

Daniil

7.7.2021, 10:13:47

Vielen Dank👍🏼war sehr hilfreich, insbesondere auch der Bezug zum Ausgangsfall

KingintheNorth

KingintheNorth

1.11.2021, 18:06:20

Wie hätte sich hier A strafbar gemacht ? Nach Versuch oder Vollendung ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.11.2021, 18:30:33

Hi KingintheNorth, sehr gute Frage. Denn die Ausgangsinstanz hatte tatsächlich zunächst auch A nur wegen Versuchs verurteilt. Der BGH hat dann aber klargestellt, dass der nachfolgende Tatbeitrag durch B die strafrechtliche Haftung des A nicht entfallen lässt. Denn durch die Messerstiche hatte A den Tod Os bereits verursacht. Daran änderte sich im konkreten Fall auch nichts durch die nachfolgenden Schläge. Denn hierdurch wurde kein neuer Kausalverlauf geschaffen, der den ursprünglichen Beitrag entfallen lässt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Martin

Martin

27.12.2021, 12:34:08

Worin genau liegt da nochmal der Unterschied zur alternativen Kausalität?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.12.2021, 18:01:23

Hallo Martin, vielen Dank für deine Frage. Bei der alternativen Kausalität ist sicher, dass beide Handlungen für sich genommen den Erfolg unabhängig voneinander herbeiführen. Schulbeispiel hierfür ist, dass A und B unabhängig voneinander jeweils eine tödliche Menge Gift in das Essen der O schütten und diese an dem Gift verstirbt. Anders als bei diesem Schulbeispiel ist vorliegend nicht klar, dass der zweite Beitrag kausal für den Tod war. Aus diesem Grund liegt keine

alternative Kausalität

vor. Vielmehr ist gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" davon auszugehen, dass lediglich As Beitrag kausal war. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Samin

Samin

11.2.2022, 19:34:15

Ist das nicht

fortwirkende Kausalität

?

VIC

Victor

12.2.2022, 05:36:55

Für die genaue Art der Kausalität gibt es viele Begriffe, wobei die genau Festlegung idR nicht zentral ist, sondern vielmehr die strikte Anwendung der conditio-Formel. Entscheidender wird das fortwirken der Handlung jedoch bei der objektiven Zurechnung.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

14.2.2022, 16:27:14

Hallo Samin, in der Tat ist die Konstellation, dass ein Dritter an das Handeln des Ersttäters anknüpft unter dem Namen "

fortwirkende Kausalität

" bekannt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Pilea

Pilea

23.8.2022, 20:09:03

Wäre der B dennoch wegen versuchten Totschlags strafbar?

Cosmonaut

Cosmonaut

24.8.2022, 08:51:16

Strafbarkeit des B wegen versuchten Totschlags gem §§ 212 I, 22, 23 I StGB: I. Vorprüfung Die Tat war nicht vollendet („da O noch röchelt“) II. Tatentschluss Der Tatentschluss umfasst den

Vorsatz

bezüglich aller Tatbestandsmerkmale sowie das Aufweisen weiterer, falls vorhanden, deliktsspezifischer subjektiver Tatbestandsmerkmale. Hier bzgl. 212 I-Erfolg (Tod der O) zumindest dolus eventualis. III.

Unmittelbares Ansetzen

Demnach muss der Täter subjektiv die Schwelle zum „jetzt geht es los“ überschritten haben und objektiv zu einer Handlung ansetzen, die nach der Tätervorstellung ohne weitere Zwischenakte, d. h. ohne einen weiteren Willensimpuls, in die Tatbestandserfüllung mündet. B schlägt mehrfach zu, wissend um das Potential seiner Schläge das Röcheln der O zu beenden. IV. Kein Rücktritt M.E. Könnte hier auch versuchter Mord wegen

Verdeckungsabsicht

hinsichtlich des Verbrechens der A diskutiert werden? Gedanken?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

25.8.2022, 15:23:49

Hallo Pilea, und danke Cosmonaut für die absolut korrekte Erläuterung. Der Sachverhalt gibt leider nicht her, ob auch B in

Verdeckungsabsicht

handelte oder er nur die Gelegenheit nutzen wollte um z.B. mal "Dampf abzulassen". Der Sachverhalt erläutert lediglich, dass A den B rief um Spuren zu beseitigen. Hat der B die Motivation ebenfalls, liegt

Verdeckungsabsicht

vor. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Pilea

Pilea

25.8.2022, 18:46:59

Vielen Dank euch beiden!

AFR

Afrim

4.9.2023, 08:35:58

Ich verstehe nicht ganz wieso die Tat nicht vollendet ist. Im Ergebnis ist O gestorben. Stellt man auf den Zeitpunkt der

Tathandlung

ab, war O noch am Leben. Für mich besteht da kein Unterschied zu A. Beide haben ihre

Tathandlung

ausgeführt, als O noch am Leben war.

Pilea

Pilea

4.9.2023, 08:48:32

@[Afrim](215214) Ich denke, dass es in Cosmonauts Lösung unter "I. Vorprüfung: Nichtvollendung der Tat" heißen sollte, dass die Kausalität fehlte und deshalb keine Vollendung eingetreten ist (siehe Falllösung, wegen 'in dubio pro reo'), denn O war tatsächlich tot. "Nichtvollendung der Tat" kann sich nämlich auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale beziehen. Ist mir auch eben erst beim wiederholten Lesen aufgefallen 😅

AFR

Afrim

4.9.2023, 10:01:25

Also weil A die Bedingung für den Tot der O gesetzt hat und B an diese anknüpft hat B kein neuen Kausalverlauf in Gang gesetzt und ist deshalb wegen Versuch zu bestrafen? Würde man den 212 I bei B prüfen, wäre man in dubio pro reo bei der Kausalität rausgeflogen. Und weil nicht festzustellen ist, ob die Messerstiche oder die Schläge zum Tod geführt haben ist ebenfalls in dubio pro reo von einer Versuchstat auf Seiten des B auszugehen. Oder?

Pilea

Pilea

5.9.2023, 09:37:33

Ja zur letzten Frage, zur ersten: B ist nicht wegen Vollendung zu bestrafen, weil es Tatsachenzweifel hinsichtlich der Kausalität seiner Schläge gibt. Ich habe es so verstanden: // As Strafbarkeit durch Vollendung (+), insb. Kausalität (+), weil durch das Anknüpfen des B ihre Kausalkette nicht unterbrochen wurde. // Bs Strafbarkeit durch Vollendung (-), denn Kausalität (-) aufgrund von in dubio pro reo. // Bs Strafbarkeit durch Versuch (+) Keine Tatvollendung mangels Kausalität. Er hatte Tatentschluss und hat unmittelbar angesetzt, kein Rücktritt.

Cosmonaut

Cosmonaut

24.1.2024, 12:42:05

@[Afrim](215214), @[Pilea ](189001)Hallo zusammen, mittlerweile - einen zittrigen Monat vor dem StrR-Examen - möchte ich

ehre

rhaltend meine etwas schlampigen Ausführungen zur Vorprüfung korrigieren, die zurecht zu Verwirrung führte: I. Vorprüfung 1. Mangelnde Strafbarkeit aus dem vollendeten Delikt: hier (+) da Kausalität (-); dazu der super Beitrag von Pilea. 2. Die Versuchsstrafbarkeit ergibt sich indes aus dem Verbrechenscharakter des Totschlags gem. §§ 212 I, 12 I. II. Tatentschluss III.

Unmittelbares Ansetzen

, § 22 IV. RWK (+) V. Schuld (+) VI. Persönliche Strafausschließungsgründe, insb. kein Rücktritt gem. § 24 I 1

LAW

Law_yal_life

19.9.2023, 21:05:09

Also, wir nehmen hier bei B "in dubio pro reo", weil wir nicht zulasten vom Täter entscheiden dürfen? Weil hier wusste man ja nicht, welche Handlung (von A oder B) jetzt zum Tod geführt hat! Aber warum dürfen wir dann bei A die Kausalität einfach annehmen? Weil er der Erstverursacher für alles ist? Er ist also der Zünder für dieses Geschehen selbst? Deswegen nimmt man da kein indubio pro reo? Also weil die Handlung des A dazu führte, dass B überhat in das Geschehen mit reinkam? Und B seine Handlung deswegen überhaupt ausführen konnte? Man kann bei der Prüfung Strafbarkeit A also die Handlung des B ebenfalls hinwegdenken, wenn wir die Handlung des A hinwendenden? Weil es ohne Handlung A NIE zu Handlung B gekommen wäre? Und bei Strafbarkeit des B, welche ja die zweite Handlung ist, können wir die Handlung des A nicht hinwegdenken, selbst wenn wir die Handlung des B wegdenken richtig? Und daher stellt sich Frage, welche Schläge jetzt entscheidend zum Tod geführt haben und das ist hier ja nicht feststellbar, deswegen IN DUBIO PRO REO? Hab ich das richtig verstanden? A ist also wegen Vollendung zu bestrafen. Was ist mit B? Wie ist es mit Versuch?Oder ist das eher FLK?

STE

Stella2244

16.8.2024, 14:58:17

A wegen Vollendung, B wegen Versuch

LAW

Law_yal_life

19.9.2023, 21:18:12

Wie machen sich denn A und B jeweils nun strafbar? Weil bei B könnte man ja im Rahmen obj. Zurechenbarkeit -

Dazwischentreten Dritter

- als Problem Andenken oder? Ob, dass jetzt für A vorhersehbar war, dass B selbst noch Handlungen vornehmen wird? Ich würde dazu tendieren zu sagen, dass A hätten wissen müssen, dass B beim entfernen/ entsorgen der Leiche, ggf. auch Handlungen ausführen wird, wodurch das noch lebende Opfer ggf. verstirbt. Hier ist es bisschen kniffelig, weil wir ja nicht genau wissen, wer den Taterfolg herbeiführt. Aber ich denke das keine Fallgruppe greift, die die Zurechnung unterbricht. Ich finde auch, dass ist kein

atypischer Kausalverlauf

! Das ist vielmehr sogar innerhalb der Lebenserfahrung! Daher würde ich A mit vollendetem Delikt bestrafen. Bei B würde ich allerdings mit verweis auf in dubio pro reo die Prüfung der vollendeten Strafbarkeit ablehnen. mmm.. beim Versuch ist die Frage, ob ihn wirklich töten wollte... Ich finde der SV ist dahingehend sehr dünn! Allenfalls würde ich die fahrlässige Tötung nach § 222 StGB prüfen und annehmen! Wie seht ihr das Jurafuchs-Team?

Artimes

Artimes

11.9.2024, 07:02:38

Gibt es in der Sache einen Unterschied zwischen abgebrochener/überholender Kausalität?

EV

eviiimaria

29.9.2024, 01:57:32

Nein, das sind nur Synonyme, kannst beides sagen:)

Sassun

Sassun

18.10.2024, 17:48:51

Als Vorschlag: Art. 6 II EMRK in Klammern für den in dubio pro reo Grundsatz ergänzen.

FTE

Findet Nemo Tenetur

30.10.2024, 10:49:25

Hallo, vielleicht habe ich einen Korrekturvorschlag, vielleicht ist es aber auch eine Verständnisfrage, ich bin mir nicht sicher: In dubio pro reo ist doch eine Entscheidungsregel bei Zweifeln (so wie auch in eurer Erklärung dargestellt), aber keine Kausaliätsfeststellungsregel. Nur finde ich deshalb im Fall die Subsumtion unter der Erklärung/Definition nicht ganz passend. Ich verstehe den Fall so: Man kann nicht klar beweisen/feststellen, dass B kausal war. Folge gem. in dubio: Täter kann aus dieser Tat nicht verurteilt werden. Aber in dubio sagt nicht: es wird angenommen, dass er nicht kausal war (denn dann würde ja kein Zweifel mehr vorliegen). In dubio pro reo entscheidet doch nicht darüber, ob eine Handlung nun als kausal betrachtet wird oder nicht, sondern sagt, wie zu entscheiden ist, wenn man gerade nicht weiß, wie es um die Kausalität steht.


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