Abwandlung: Abnahme entbehrlich
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B möchte nach Bali fliegen. Er beauftragt Taxifahrer U, ihn ohne Umwege zum Flughafen zu fahren, sodass er seinen Flug bekommt. U will jedoch die Aussicht des Stadtparks genießen. U nimmt einen Umweg und verfährt sich dabei. B verpasst deshalb den Flug.
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Einordnung des Falls
Abwandlung: Abnahme entbehrlich
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B und U schlossen einen Werkvertrag (§ 631 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Werk ist mangelfrei (§ 633 Abs. 2 BGB).
Nein!
3. B hat das Werk abgenommen (§ 640 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Da eine Abnahme nicht möglich ist, tritt die Vollendung der Taxifahrt an die Stelle der Abnahme (§ 646 BGB).
Ja, in der Tat!
5. Kann B Mängelrechte gegen U geltend machen?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
jurafuchsles
4.9.2022, 11:07:59
Warum liegt hier jetzt dennoch eine Abnahme vor? Ich dachte er bei der Vollendung muss als Äquivalent zur Abnahme die Vollendung gebilligt werden und dass hat der Besteller hier ja gerade nicht getan?
Nora Mommsen
5.9.2022, 16:39:06
Hallo jurafuchsles, hier liegt gerade keine Abnahme vor. Dies ist aber aufgrund der Natur der Leistung auch nicht möglich. Bei der Personenbeförderung handelt es sich um eine nicht-körperliche Leistung. Die Vollendung tritt somit anstelle der Abnahme. Dadurch werden dem Bestellter die Gewährleistungsrechte eröffnet. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Eichhörnchen I
6.9.2022, 15:05:14
Hallo, wie du sagst tritt hier die Vollendung (Ende der Taxifahrt) an die Stelle der Abnahme. Vollendung meint die vollständige Herstellung (Erbringung der geschuldeten Leistung). § 646 BGB ist auch dann anzuwenden, wenn das vollendete (unkörperliche) Werk noch Mängel (hier: zu spät) aufweist. Abnahme/Billigung nicht zweckmäßig weil ein nicht mehr abänderbarer Zustand geschaffen wurde.
Fuller at H(e)art
28.6.2023, 22:12:34
Die Vollbringung der Beförderung, i.e. die Beförderung als solche, ist der geschuldete Erfolg. Die Vorgabe einer entsprechenden Route/Beförderungszeit ändert daran nichts. Die Vereinbarung der Beförderung ohne Umwege ist demnach bloße Nebenleistungs- (Modalität der Leistungserbringung) und nicht etwa Haupt
leistungspflicht. Die Fahrt über Umwege stellt m.E. somit keinen Mangel dar.
CR7
16.10.2023, 11:42:50
Ich würde hier jedoch sagen, dass es sich bei der Leistung um ein
absolutes Fixgeschäfthandelt. Schließlich ist der Flug verpasst. Die Leistung, also der geschuldete Erfolg, ist sinnlos und ein Nachholen unmöglich. B müsste dann SE statt der Leistung für die Taxifahrt verlangen können und als
Mangelfolgeschadendie Mehrkosten für den neuen Flug….
LS2024
17.8.2024, 13:15:31
@[CR7](145419) Das war auch mein Gedanke. Insbesondere da es bei Jurafuchs einen fast gleichlautenden Fall gibt, in dem die Leistung als absolute Fixschuld qualifiziert wird und der Fall über § 326 BGB gelöst wird. So würde es auch die hM machen, wenn man die Taxifahrt als absolute Fixschuld qualifiziert (BeckOGK/Kögl, 1.1.2024, BGB § 646 Rn. 9). Wenn man sich hier wie die Lösung der Mindermeinung anschließt, dann sollte man das zumindest erwähnen und am besten auch begründen. Alternativ könnte man nach einer Mindermeinung (keine Quelle) auch das absolute
Fixgeschäftverneinen. Das ließe sich damit begründen, dass der Besteller eventuell ohnehin noch zum Flughafen muss, um einen potenziellen Ersatzflug zu buchen. Die nach der mM zu weite Definition der Fixschuld würde dem Besteller somit seine Dispositionsfreiheit hinsichtlich des Schuldverhältnisses nehmen. Dann wären weder § 326 BGB noch § 646 BGB anwendbar.
Merida
16.7.2023, 14:24:05
Ganz grundlegend finde ich die Frage nach einem Werkvertrag zu ungenau. Hier liegt ein (Personen)beförderungsvertrag vor; das ist ein Fall des Werkvertrags.
Nora Mommsen
16.7.2023, 14:44:47
Hallo Merida, die Frage ist richtig - gesetzessystematisch liegt ein Werkvertrag vor. Es ist wichtig zu wissen, welchem Vertragstyp die besonderen Verträge zuzuordnen ist. Weiß man nicht, ob ein Vertrag mit einem Taxifahrer (also ein Personenbeförderungsvertrag) ein Dienst- oder Werkvertrag ist, steigt man schon mit falschen Anspruchsgrundlagen und Maßstäben in die Prüfung ein. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Daniel
23.11.2023, 15:51:42
Vielen Dank für die tolle Illustration! Liebe Grüße, Daniel
Lukas_Mengestu
24.11.2023, 16:47:50
Lieben Dank, Daniel!
LS2024
17.8.2024, 13:17:46
Wie bereits unter einem anderen Thread ausgeführt, steht die Lösung diesen Falles mit der Lösung eines anderen Jurafuchs Falles im Widerspruch. Zudem wird hier einer Mindermeinung gefolgt, ohne dass dies erwähnt oder besser noch, diskutiert würde. Zu den Details siehe mein anderer Kommentar.
HockHex
13.10.2024, 11:34:39
Danke Dir für die Infos! Wo ist der andere Kommentar zu finden? Edit: Nevermind, Du meinst Deinen Kommentar im anderen Thread dieser Aufgabe, richtig?