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Patient P ist Covid-19 erkrankt und benötigt Behandlung. Ärztin A verweigert ihm allerdings die Behandlung. A will die freien Intensivbetten für zukünftige schlimmere Fälle sichern. P verstirbt.

Einordnung des Falls

Präventive Triage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Es handelt sich vorliegend um einen Fall der präventiven Triage.

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Ja!

Die Konstellation der präventiven Triage betrifft Fälle, in denen zwar noch Behandlungskapazitäten frei sind, ein Patient aber gleichwohl unter Triage-Gesichtspunkten abgewiesen wird, um den Platz für prioritär zu behandelnde Patienten aufzusparen.

2. Ärztin A trifft grundsätzlich die Pflicht, P zu behandeln.

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Genau, so ist das!

Angehörige von Heilberufen trifft in ihrem Verantwortungsbereich als Garanten eine Pflicht im Sinne von § 13 Abs. 1 StGB, nach der sie rechtlich dafür einzustehen haben, dass Schäden an Leib und Leben der sie aufsuchenden Verletzten und Kranken abgewendet werden müssen, soweit eine Therapie nicht aussichtslos ist und die Behandlung dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht. Nehmen Ärzte in einer solchen Situation eine medizinisch indizierte Behandlung nicht vor, können sie sich gegebenenfalls wegen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts durch (unechtes) Unterlassen strafbar machen. Hier käme also eine Strafbarkeit der A gemäß §§ 212, 13 Abs. 1 StGB in Betracht.

3. A hat sich auch gemäß §§ 212, 13 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, indem sie dem P die lebensnotwendige Behandlung verweigerte.

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Ja, in der Tat!

Im Falle der präventiven Triage liegt keine rechtfertigende Pflichtenkollision als Rechtfertigungsgrund zugunsten der A vor. Die kollidierende Pflicht existiert nämlich so noch gar nicht: Wird jemandem auf Grund einer solchen präventiven Triage die Behandlung verweigert, obwohl noch keine Konkurrenz mit einem konkreten anderen Patienten besteht, begeht der verantwortliche Entscheidungsträger dadurch Totschlag oder zumindest Körperverletzung durch Unterlassen. Da P hier verstirbt, begeht A einen Totschlag durch Unterlassen.

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