Abwicklung nichtiger Verträge nach der Saldotheorie
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K kauft bei V ein Auto. Da K eine gute Verhandlerin ist, zahlt sie für das Auto nur €7000, obwohl es €10.000 wert ist. Das Auto wird weniger später bei K gestohlen. Später stellt sich heraus, dass der Kaufvertrag nichtig war.
Einordnung des Falls
Abwicklung nichtiger Verträge nach der Saldotheorie
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat gegen V einen Anspruch auf Herausgabe des Kaufpreises (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
Genau, so ist das!
2. In Fällen der Unmöglichkeit der Herausgabe des Bereicherungsgegenstands ist grundsätzlich Wertersatz zu leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
3. K ist entreichert (§ 818 Abs. 3 BGB).
Ja!
4. Die Rückabwicklung des Vertrags erfolgt nach der von der Rechtsprechung vertretenen Saldotheorie durch eine Verrechnung der beiden Bereicherungsansprüche.
Genau, so ist das!
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Toralf
12.3.2022, 08:06:23
Vielleicht wäre im Rahmen dieses Sachverhalts ein kurzer Vertiefungshinweis über die strittige Anfechtbarkeit eines nichtigen Rechtsgeschäfts sinnvoll.
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
14.3.2022, 14:11:39
Vielen Dank für den Hinweis, Toralf. Heutzutage ist die Anfechtbarkeit nichtiger Rechtsgeschäfte allerdings nicht (mehr) wirklich strittig. Die Kipp'sche
Lehre von der Doppelwirkung im Rechtist mittlerweilie ganz herrschende Meinung (hierzu lesenswert: Würdinger, Doppelwirkungen im Zivilrecht - Eine 100-jährige juristische Entdeckung, JuS 2011, 769). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
![Larzed](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar_47547.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Larzed
15.5.2022, 15:56:13
Verstehe ich das insoweit richtig, dass im Ergebnis sich nichts ändert? Also V den Kaufpreis faktisch behält und K in Höhe von 3.000€ entreichert ist?
![ajboby90](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__odjyunroetnlwvuigaiha.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
ajboby90
10.11.2023, 16:24:59
Dass K noch 3000 € zu zahlen habe, ist falsch, hier kann nichts kondiziert werden. Stichwort Unter Wert Verkauf Quelle 1: https://lorenz.userweb.mwn.de/skripten/saldotheorie.htm Quelle 2: https://www.studocu.com/de/document/martin-luther-universitat-halle-wittenberg/bereicherungsrecht/losung-saldotheorie/13560801
Leo Lee
11.11.2023, 17:10:33
Hallo ajboby90, vielen Dank für die Frage! In der Tat hast du völlig Recht, dass die K nicht die restlichen 7.000 zahlen muss. Beachte jedoch, dass genau aus diesem Grund die letzten Worte der Lösung der letzten Frage „die Grenze bildet jedoch der Kaufpreis“ heißen :) (damit wollten wir andeuten, dass die Grenze bei den 7.000 verbleibt und im Endeffekt die restlichen 3.000 nicht gezahlt werden müssen). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
![Johannes Nebe](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__wvfhtvrzxqxafjjjfautk.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Johannes Nebe
20.3.2024, 08:37:32
"Wollten wir andeuten"?! Wenn ich es richtig verstehe, wird bei einer unter Wert erworbenen Sache die Differenz zwischen Kaufpreis und Wert gar nicht herausgegeben. Hier stehen also die 3000 EUR und die 7000 EUR in gar keinem Zusammenhang. "Die Grenze bildet jedoch der ursprüngliche Kaufpreis" ist hier irreführend. (Und warum "ursprünglich"? Es gibt nur einen Kaufpreis.) 3000 EUR sind eben nicht herauszugeben. Die Subsumtion ist zumindest unklar.
![CR7](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__dywyyccdlqqvmidbwslki.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
CR7
31.3.2024, 17:07:15
@[Johannes Nebe](174311) Ich stimme dir zu, die Subsumtion ist etwas unklar. Hier sollte es eher heißen, dass ein Abzug höchstens auf "Null" erfolgt. Ich finde aber sehr wohl, dass die 3.000 EUR und die 7.000 EUR in einem Zusammenhang stehen. Denn der Wert der
Entreicherungdes V (10.000 EUR) wird zum Abzugsposten des Bereicherungsanspruchs des K (7.000 EUR). Bei der Saldotheorie kommt es dann vor allem an, aus wessen Perspektive man rechnet. In der Regel wird rechnet man aus der Sicht der entreicherten Partei, also K -> V, das würde dann so aussehen: Bereicherungsanspruch K - Bereicherungsanspruch V = -3.000 EUR. Aber da der Abzug höchstens auf Null erfolgt, muss K hier keine 3.000 EUR zahlen, die hätte er ohnehin nicht zahlen müssen, da der ursprüngliche Kaufpreis 7.000 EUR betrug und der V sonst besser stehen würde als wenn der Vertrag wirksam wäre. Daher laste ich dem Team hier keinen Fehler an, ich würde es nur besser finden, wenn man diese schwierige Thematik noch kleinschrittiger darstellt, da dann solche Missverständnisse vermieden werden! :-) Schöne Ostern!
Jurafuchs
4.1.2024, 15:47:27
Bei den 3.000-. handelt es sich um einen negativen Saldo. Diese sind nämlich über den im Kaufvertrag verhandelten Kaufpreis. Bei Annahme der Zahlung der 3.000.- würde ein unbilliges Ergebnis entstehen, da der Schuldner besser stehen würde als wenn er den vereinbarten Kaufvertrag einhält. Richtig?
![kaan00](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__yamtbspizeaxlbgsvftpw.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
kaan00
16.1.2024, 17:09:31
Frage ich mich auch gerade =/
![CR7](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__dywyyccdlqqvmidbwslki.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
CR7
31.3.2024, 17:01:25
Also, bei bei der Rückabwicklung eines nichtigen Vertrags findet eine Verrechnung beider Kondiktionsansprüche statt: Hier Kondiktionsanspruch 1 (von K) = 7.000 EUR Kondiktionsanspruch 2 (von V) = 10.000 EUR (Wert des Autos, § 818 II BGB, da das Auto nicht in natura durch K herausgegeben werden kann). Hier hat K das Auto "verloren", welches 10.0000 EUR wert war, K aber 7.000 EUR gekostet hat. Der Wert der
Entreicherungdes V (10.000 EUR) wird also zum Abzugsposten des Bereicherungsanspruchs des K (7.000 EUR), das sieht dann so aus: 7.000 EUR - 10.000 EUR = -3.000 EUR (aus Sicht des K) oder 10.000 EUR - 7.000 EUR = 3.000 EUR (aus Sicht des V). Verbleibt für die entreicherte Partei ein positives Saldo, so steht ihr ein eigener Bereicherungsanspruch zu: Hier ist entreicherte Partei diejenige, die sich auf
Entreicherungberuft, also K. Dem K steht kein positives, sondern ein negatives Saldo zu. Aber die Grenze für die entreicherte Partei bildet immer der Wert 0. Entweder bekommt sie was oder nicht, aber sie zahlt nicht drauf.