Kein Unfall - Belangloser Sachschaden

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Als T mit seinem Toyota ausparken will, streift er den Opel des O. Am Außenspiegel des Opels entsteht ein Sachschaden in Höhe von €20. Sodann fährt T davon.

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Einordnung des Falls

Kein Unfall - Belangloser Sachschaden

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB) dient der Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs.

Nein, das trifft nicht zu!

Obgleich das unerlaubte Entfernen vom Unfallort im Abschnitt der Straftaten gegen die öffentliche Ordnung zu finden ist, ist das geschützte Rechtsgut ausschließlich das zivilrechtliche Interesse des Geschädigten an der Geltendmachung seiner aus der Unfallverursachung des Täters resultierenden Schadensersatzansprüche. Die strafrechtliche Sicherung der zivilrechtlichen Beweisinteressen bei Schadensfällen im Straßenverkehr erklärt sich aus der Anonymität der Tatsituation und dem daher häufig starken Fluchtanreiz. Insofern handelt es sich bei § 142 StGB um ein abstraktes Vermögensgefährdungsdelikt.
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2. Vorliegend ist ein "Unfall im Straßenverkehr" gegeben (§ 142 Abs. 1 StGB).

Nein!

Ein Unfall im Straßenverkehr ist ein plötzliches Ereignis im öffentlichen Straßenverkehr, das zu einem nicht völlig unerheblichen und beweissicherungsbedürftigen Personen- oder Sachschaden geführt hat und auf typischen Gefahren des Straßenverkehrs beruht. Völlig unerheblich ist ein Sachschaden, wenn vernünftigerweise nicht mit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu rechnen ist. Während die h.M. die Wertgrenze bei €25 ansetzt, werden teils auch Beträge von über €50 angegeben. Da hier bloß ein Sachschaden in Höhe von €20 vorliegt, ist die Bagatellgrenze nicht erreicht, sodass bereits kein Unfall im Sinne des § 142 Abs. 1 StGB gegeben ist.

3. T hat sich wegen versuchten unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar gemacht (§§ 142 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Da § 142 StGB im Mindestmaß mit einer Geldstrafe bedroht ist, handelt es sich um ein Vergehen (§ 12 Abs. 2 StGB). Der Versuch eines Vergehens ist nur strafbar, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Für § 142 StGB findet sich indes keine entsprechende gesetzliche Bestimmung, sodass § 142 StGB nicht in strafbarer Weise versucht werden kann. Eine Versuchsstrafbarkeit des T scheidet daher aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Im🍑nderabilie

Im🍑nderabilie

15.11.2022, 15:39:57

Wenn die Wertgrenze für die Annahme eines Unfalls bspw. 25€ beträgt, wie lautet dann die Wertgrenze oder Definition für den „nicht bedeutenden Sachschaden“ gem. § 142 IV?

B.T

B.Trüger

20.12.2022, 15:19:13

Das OLG Hamm hat 2011 eine Wertgrenze von 1300€ angenommen.

Pilea

Pilea

30.11.2022, 09:41:12

Das heißt, das Merkmal "im Straßenverkehr" ist hier erfüllt, obwohl der "Unfallgegner" (der dann ja keiner ist) parkt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.12.2022, 10:48:25

Hallo Pilea, vielen Dank für die gute Nachfrage! In der Tat ist anerkannt, dass auch ein Schadensereignis im ruhenden Verkehr ein Verkehrsunfall i.S. des § 142 StGB sein kann (OLG Stuttgart, Urteil vom 30. 4. 1969 - 1 Ss 710/68, NJW 1969, 1726; BeckOK StGB/Kudlich, 55. Ed. 1.11.2022, StGB § 142 Rn. 8). Beste Grüße, Lukas -für das Jurafuchs-Team


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