Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Rücktritt unbeendeter Versuch - Grundlagen 6

Rücktritt unbeendeter Versuch - Grundlagen 6

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T möchte bei O einbrechen und Wertsachen im Wert von €50.000 stehlen. Als er in der Wohnung ist, entscheidet er sich, doch nur Wertsachen im Wert von €25 zu stehlen. Daraufhin hört er laute Geräusche und flieht. Dabei denkt er sich, dass er die Wertsachen noch hätte einstecken können.

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Einordnung des Falls

Rücktritt unbeendeter Versuch - Grundlagen 6

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ts Versuch des Diebstahls (§§ 242 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) ist fehlgeschlagen.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Wenn ein Täter etwa denkt, dass er das Opfer ja auch nächste Woche erschießen könnte, liegt darin eine zeitliche Zäsur, sodass ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt. Begeht der Täter die Tat in der darauffolgenden Woche, dann liegt eine neue Tat vor. T dachte, dass er die Wertsachen noch hätte einstecken können.
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2. Es liegt ein beendeter Versuch vor.

Nein!

Ein Versuch gilt dann als beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dabei reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass er alles Erforderliche getan hat, aber auch, wenn er sich keine Gedanken macht, aber die Möglichkeit sieht. T hat noch keine Handlung vorgenommen, die zu einer Wegnahme führen würde. Hier musst Du darauf achten, nicht unsauber zu arbeiten. Denn die Anforderungen an den Rücktritt hängen davon ab, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt.

3. T hat die weitere Ausführung der Tat aufgegeben, als er sich in der Wohnung entschieden hat, nur Wertsachen im Wert von €25 zu stehlen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Mindermeinung nimmt einen Rücktritt dann an, wenn der Täter von der konkreten Tat ablässt und die bisher vorgenommenen Maßnahmen nicht einer späteren Straftat zu Grunde legen möchte, die sich gegen das gleiche Tatobjekt wendet. Lässt der Täter zwar ab, aber möchte die Tat zu einem anderen Zeitpunkt vollenden und dabei auf den bisherigen Maßnahmen aufbauen, ist ein Aufgeben ausgeschlossen. T möchte statt €50.000 jetzt nur noch Gegenstände im Wert von €25 stehlen. Darin liegt zwar ein partielles Aufgeben, da der Täter nur einen Teil der Tat vollenden möchte. Dies wirkt sich jedoch auf die Strafbarkeit nicht aus. Vorliegend wirkt sich der Vorsatz jedoch auf das Erfordernis eines Strafantrages nach § 248a StGB aus, da nun der Vorsatz in Bezug auf den Diebstahl von geringwertigen Sachen gegeben ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

G0D0FM

G0d0fMischief

19.10.2024, 14:03:00

Wie wird hier der Obersatz für die Strafbarkeit des T lauten? Stellt man direkt auf eine Strafbarkeit wegen versuchten Diebstahls an 25€ ab?

LELEE

Leo Lee

20.10.2024, 13:12:19

Hallo G0d0fMischief, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Bei Aufbaufragen kommt es leider immer darauf an (typisch Jura). Allgemein kann man jedoch sagen: Wenn die Nichtvollendung wie hier völlig unproblematisch ist, weil der Täter nicht mal die Sache berührt hat und es deshalb keine Probleme bei der Wegnahme selbst geben kann, empfiehlt es sich, direkt mit dem Versuch zu beginnen. Hier kannst du dann bei der Vorprüfung 1 - 2 Sätze verlieren. Wenn jedoch die Wegnahme schon begonnen wurde (hier am besten noch eine Enklave gebildet werden sollte etc.) und diese nicht völlig unproblematisch scheint, würde ich zunächst den normalen TB anprüfen und dort bei der Wegnahme etwa die Streitigkeiten führen und ggf. ablehnen, damit du dann zum Versuch kannst. Hier würde man direkt mit dem Versuch beginnen und sagen: T könnte sich strafbar gemacht haben, indem er in die Wohnung einbrach (um die Sachen zu stehlen) :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

G0D0FM

G0d0fMischief

20.10.2024, 19:05:28

@[Leo Lee](213375) Vielen Dank für die schnelle Antwort! Würde ich dann aber im Obersatz abstrakt auf die Diebstahlshandlung abstellen und nicht sagen, dass sich der

Vorsatz

bei Begehung geändert hat? Also klar T wollte Geld stehlen und hat versucht Geld zu stehlen, aber im Tatentschluss müsste man ja auch feststellen, dass er ursprünglich Tatentschluss für 50.000€ hatte und sich dieser erst beim unmittelbaren Ansetzen zur Tat geändert hat. Im Endeffekt ist es denke ich unproblematisch, aber für den Obersatz find ich es schwierig. Weil man nimmt dann quasi das Problem vom „korrigierten“ Tatentschluss schon vorweg, wenn man auf 25€ abstellt. Andersrum würde der Ergebnissatz nicht zum Obersatz passen wenn man auf 50.000€ abstellt (wobei das ja dann ähnlich ist zu Fällen von § 28 II StGB).


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