Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Rücktritt unbeendeter Versuch - Mindermeinung 1

Rücktritt unbeendeter Versuch - Mindermeinung 1

22. November 2024

4,6(8.838 mal geöffnet in Jurafuchs)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

T möchte bei O einbrechen und Wertsachen stehlen. Beim Aufbrechen des Fensters hört er einen Fußgänger. Er denkt sich, dass er die Tat zwar noch zu Ende bringen kann, geht aber nach Hause. Dabei nimmt er sich vor, morgen durch dasselbe Fenster einzubrechen, welches er bereits einen Spalt geöffnet hat.

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Einordnung des Falls

Rücktritt unbeendeter Versuch - Mindermeinung 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ts Versuch des Diebstahls (§§ 242 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) ist fehlgeschlagen.

Nein!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Wenn ein Täter etwa denkt, dass er das Opfer ja auch nächste Woche erschießen könnte, liegt darin eine zeitliche Zäsur, sodass ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt. Begeht der Täter die Tat in der darauffolgenden Woche, dann liegt eine neue Tat vor. T dachte, dass er die Tat zur Vollendung hätte führen können.
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2. Es liegt ein beendeter Versuch vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Versuch gilt dann als beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dabei reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass er alles Erforderliche getan hat, aber auch, wenn er sich keine Gedanken macht, aber die Möglichkeit sieht. T hat noch keine Handlung vorgenommen, die zu einer Wegnahme führen würde. Hier musst Du darauf achten, nicht unsauber zu arbeiten. Denn die Anforderungen an den Rücktritt hängen davon ab, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt.

3. T hat nach einer Mindermeinung die weitere Tatausführung aufgegeben, als er vom Öffnen des Fensters abgelassen hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Mindermeinung nimmt einen Rücktritt dann an, wenn der Täter von der konkreten Tat ablässt und die bisher vorgenommenen Maßnahmen nicht einer späteren Straftat zu Grunde legen möchte, die sich gegen das gleiche Tatobjekt wendet. Lässt der Täter zwar ab, aber möchte die Tat zu einem anderen Zeitpunkt vollenden und dabei auf den bisherigen Maßnahmen aufbauen, ist ein Aufgeben ausgeschlossen. T lässt zwar von dem Einbruch ab, aber möchte an einem anderen Tag weiter an dem bisherigen Aufbrechen anschließen.

4. Gegen diese Ansicht sprechen willkürliche Ungleichbehandlungen von vergleichbaren Tatsituationen.

Ja!

Die herrschende Meinung wendet gegen diese Mindermeinung vor allem ein, dass willkürliche Ergebnisse zustande kommen. So kann der Täter auch nur an seine bisherigen Maßnahmen anknüpfen, wenn bereits ein Teilerfolg stattgefunden hat. Hätte T das Fenster nicht um den Spalt geöffnet, dann wäre ein Rücktritt gegeben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

IT

Itsajourney

26.3.2024, 10:21:18

Hallo liebes Jurafuchsteam. Möglicherweise gehöre ich einer Minderheit an, aber ich finde es extrem verwirrend, dass die einzelnen Meinungen nicht konsequent bei jedem Fall zumindest einmal kurz dargestellt oder erwähnt werden. Lernen findet unter anderem allgemein ja auch durch Verbindung/Assoziation/ Kontextualisierung statt, der häufige Fokus auf jeweils nur eine Perspektive auf den konkreten Fall führt zwar möglicherweise zu einer vereinfachten Darstellung der jeweiligen Problematik erschwert aber die auch die Verbindung, Assoziation und Kontextualisierung. Insbesondere spiegelt es nicht die Realität des Kontextes wieder in der das Wissen seine Anwendung finden soll (Klausur/Praxis). Zentraler Inhalt des juristischen Arbeitens ist es verschiedene Perspektiven im Hinblick auf einen konkreten Fall darzustellen/zu ermitteln und argumentativ Stellung zu beziehen. Ich würde mich freuen, wenn sich dies durchgängiger in der Aufgabengestaltung widerspiegelt.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

26.3.2024, 12:04:37

Hallo itsajourney, danke für dein Feedback! Tatsächlich ist es Teil des didaktischen Konzepts von Jurafuchs, nicht jeden Fall zu überladen, sondern sich eben punktuell mit einzelnen Aspekten, Problemen oder auch Ansichten auseinanderzusetzen. Für eine vollständigere Darstellung im Sinne des Klausurstils kann ich dich auf die Rechtsprechung verweisen. Dort sind Fälle umfangreich und unter Beantwortung aller relevanten Fragen erarbeitet. Wir nehmen deine Rückmeldung aber gerne zur Anregung uns weiterzuentwickeln, gegebenenfalls mit einer eigenen Kategorie von Aufgaben, die jedem Kapitel nachgeschaltet sind oder ähnliches. Grundsätzlich wird sich an der schrittweisen Erarbeitung von Inhalten nichts ändern! :) Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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