Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Beendeter oder unbeendeter Versuch bei Unterlassungsdelikten (Versuchsbeginn)

Beendeter oder unbeendeter Versuch bei Unterlassungsdelikten (Versuchsbeginn)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Vater T lässt sein Kind K dursten, da er genervt ist. Dabei nimmt er den Tod billigend in Kauf. Erst am dritten Tag, als er einen guten Tag hat, gibt er K wieder etwas zu trinken und bemerkt dabei, dass es erforderlich ist, einen Notarzt hinzuzuziehen.

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Einordnung des Falls

Beendeter oder unbeendeter Versuch bei Unterlassungsdelikten (Versuchsbeginn)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Literatur geht von einem beendeten Versuch aus.

Genau, so ist das!

Die überwiegende Ansicht in der Literatur trennt bei Unterlassungsdelikten beendete und unbeendete Versuche. Dabei soll ein unbeendeter Versuch solange vorliegen, wie die ursprünglich erforderliche Handlung ausreichend ist. Wenn weitere Maßnahmen erforderlich sind, dann liege ein beendeter Versuch vor. Nach diesem Massstab liegt ein beendeter Versuch vor, da nun nicht mehr die Versorgung mit Flüssigkeit ausreichend ist, sondern zudem die Hinzuziehung eines Notarztes. Da es auf die Vorstellung des T ankommt, ist es zudem erforderlich, dass er das auch erkennt, was vorliegend aber der Fall ist. In vielen Fällen lässt sich bereits über den Versuchsbeginn streiten, sofern man eine konkrete Gefährdung für erforderlich hält. Das soll hier jedoch nicht Thema sein.
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2. Daher sind an den Rücktritt andere Anforderungen zu stellen als beim unbeendeten Versuch.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Anforderung nach § 24 Abs. 1 S. 1 Var. 2 StGB ist alleine die Verhinderung des Erfolgseintrittes. Das dafür weitere Handlungen erforderlich sind, führt nicht zu einem anderen Maßstab. Auch dies zeigt, dass die Differenzierung wenig ergiebig ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FalkTG

FalkTG

19.5.2024, 10:12:50

Wieso ist die gleiche Handlung erforderlich. Wegen der Korrektur des Rücktritthorizontes? Weil bei einem unbeendeten Versuch müsste man ja nur normal wieder was zu essen geben oder?

LELEE

Leo Lee

21.5.2024, 15:55:19

Hallo FalkTG, vielen Dank für die sehr gute Frage! Eine „gleiche Handlung“ ist deshalb ausreichend bei dem unbeendeten Versuch, weil der unbeendete Versuch lediglich voraussetzt, dass durch ein „Abbruch“ der Handlung (hier Unterlassen) die Abwendung des Erfolgs möglich ist. Und weil bei einem Unterlassen eben eine Handlung dazukommen muss, wird die Parallele dadurch geschaffen, dass nur „eine“ erforderliche Handlung (wie beim Tun nur das bloße Ablassen als „eine Handlung“) vorgenommen wird; sprich, das hat nicht unbedingt was mit der

Korrektur des Rücktrittshorizonts

zu tun (er ist aber eine Konsequenz dieser Betrachtung). Und ausgehend hier von hast du völlig Recht: Wenn der Versuch hier unbeendet wäre, müsste man dann die „schlichte“ nötige (eine) Handlung vornehmen, als das Wassereichen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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