Strafrecht

Strafrecht Allgemeiner Teil

Versuch und Rücktritt

Beendeter oder unbeendet Versuch: Rücktritt durch Ablassen von der Tatausführung

Beendeter oder unbeendet Versuch: Rücktritt durch Ablassen von der Tatausführung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T und B fesseln O. Sodann beobachtet T, wie B den O mit Benzin übergießt und anzündet, was vorher nicht abgesprochen war. T findet sich damit ab und nimmt den Tod des O billigend in Kauf. O kann sich jedoch selbst löschen. Danach fahren T und B den O nach Hause.

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Einordnung des Falls

Beendeter oder unbeendet Versuch: Rücktritt durch Ablassen von der Tatausführung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T ist Garant für O (§ 13 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Eine Garantenstellung aus Ingerenz liegt vor, wenn der Täter durch ein objektiv pflichtwidriges Tun oder Unterlassen eine Gefahr für Rechtsgüter Dritter schafft. Hieraus erwächst die Pflicht des Täters, zur Abwendung des drohenden Erfolges entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Da T dem B geholfen hat, O zu fesseln, ist er Garant aus Ingerenz. Das Fesseln ist ein vorhergehendes Fehlverhalten, das dazu führt, dass T von O weitere Schäden, die daraus resultieren, fernhalten muss.
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2. Für einen Rücktritt des T dürfte der Versuch nicht fehlgeschlagen sein.

Ja!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Beim Unterlassen stellt sich jedoch die Problematik, dass der Täter den Erfolg sehr häufig durch aktives Tun trotzdem noch zur Vollendung bringen kann. Der zweite Strafsenat des BGH hat hier einen Fehlschlag abgelehnt, mit dem knappen Verweis, dass der Erfolg auf andere Weise hätte herbeigeführt werden können. Damit ist vermutlich auf andere Handlungen abzustellen, sodass der zweite Strafsenat erstmalig aktive Handlungsmöglichkeiten bei der Frage des Fehlschlages berücksichtigte. Ausdrücklich erfolgt dies allerdings nicht.

3. Der BGH geht für T von einem beendeten Versuch aus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Versuch gilt dann als beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dabei reicht es aus, dass der Täter es für möglich hält, dass er alles Erforderliche getan hat, aber auch, wenn er sich keine Gedanken macht, aber die Möglichkeit sieht. Auch hier entfernt sich der zweite Strafsenat von der sonstigen Rechtsprechung und lehnt einen beendeten Versuch ab, da nach der Vorstellung der Täter keine Lebensgefahr mehr bestand.

4. Der zweite Strafsenat geht davon aus, dass hier ein Rücktritt durch Ablassen von der Tatausführung möglich sei.

Ja, in der Tat!

Bei unbeendeten Versuchen ist es ausreichend, dass der Täter die weitere Ausführung der Tat aufgibt (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB). T findet sich mit der Situation ab und nimmt keine weiteren Handlungen vor.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Ranii

Ranii

26.5.2022, 17:56:48

War diese Entscheidung also eine Abkehr?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.10.2022, 16:56:59

Hallo Leo Lee, es liegt hier eher eine Konkretisierung vor. Das

versuchte Unterlassung

sdelikt ist also nicht bereits dann fehlgeschlagen, wenn der Erfolg bei Untätigkeit des Täters ausbliebe, sondern wenn der Täter die Tat auch nicht durch aktive Handlungen zu Ende bringen könnte. Damit besteht ein Gleichlauf zum Fehlschlag bei aktiven Handlungen (zu der hierzu ergangenen Rspr: MüKoStGB/Hoffmann-Holland, 4. Aufl. 2020, StGB § 24 Rn. 53). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Juraluchs

Juraluchs

16.5.2023, 18:56:09

Warum ist im Maßstabskästchen hier der vom aktiven Tun und nicht der zuvor dargestellte für das Unterlassen zu finden?


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