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Kommunalrecht NRW
Der Rat
Mitwirkung des Ratsmitglieds durch Entscheidung im Rat - "Stunkstadt - Green City"
Mitwirkung des Ratsmitglieds durch Entscheidung im Rat - "Stunkstadt - Green City"
15. Mai 2025
12 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Der Rat der kreisfreien Stadt Stunkstadt will aus der Betonwüste, die sich Innenstadt nennt, einen urbanen und lebenswerten Begegnungsort machen. Der Entwurf eines Bebauungsplans sieht vor, dass die meisten Läden an den Stadtrand verlagert werden sollen. Ratsmitglied R betreibt in dem Plangebiet einen Kosmetiksalon. Bei der finalen Beschlussfassung über den Bebauungsplan sind 30 von 35 Ratsmitgliedern anwesend. R stimmt gegen die Satzung. Die Satzung wird dennoch mit 15 zu 10 Stimmen bei 3 Enthaltungen und 2 aus sonstigen Gründen ungültigen Stimmen angenommen.
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Einordnung des Falls
Mitwirkung des Ratsmitglieds durch Entscheidung im Rat - "Stunkstadt - Green City"
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Sinn und Zweck des Mitwirkungsverbotes (§ 31 Abs. 1 S. 1 GO) ist es, die Integrität der Verwaltung zu fördern und das Vertrauen der Bürgerinnen in die Verwaltung zu wahren.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Rat war beschlussfähig.
Ja!
3. Der Rat hat den Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst.
Genau, so ist das!
4. R hat an der Entscheidung mitgewirkt.
Ja, in der Tat!
5. Ist R befangen?
Ja!
6. Der Bebauungsplan ist wegen des Verstoßes gegen das Mitwirkungsverbot aus § 31 Abs. 1 S. 1 GO nichtig.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Raphaeljura
7.2.2024, 22:11:59
Warum wird als Tatbestandsmoeglichkeit erwaehnt, dass ein Mitwirkungsverstoss vorliegt wenn das Ratsmitglied mitberaet, aber das dann unbeachtlich ist, wenn seine Stimme nicht entscheidend ist. Dann kann er ja Einfluss nehmen auf die Ratsentscheidung (durch seine Beitraege) und dann einfach sagen, naja es kam ja nicht auf meine Stimme an. Wuerde man damit der Norm gerecht werden?
Florian
17.4.2025, 19:43:47
Die Frage habe ich mir auch gestellt. Was sagt ihr dazu? @[Sebastian Schmitt](263562) @[Tim Gottschalk](287974) @[Lukas_Mengestu](136780) @[Linne_Karlotta_](243622)

Sebastian Schmitt
22.4.2025, 20:23:40
Hallo @[Raphaeljura](207944), hallo @Florian, eine berechtigte Frage! Für unseren Fall kommt es darauf letztlich nicht näher an, weil in unserer Sachverhaltsdarstellung nichts dazu steht, dass R durch eventuelle Beiträge auch auf die Willensbildung der anderen Ratsmitglieder Einfluss genommen hat. Verkürzt von BeckOK-KommunalR NRW/Dietlein, 31. Ed, Stand 1.4.2025, § 31 GO NRW Rn 53, auf den ich zur Vertiefung verweisen würde: Die Rspr ist hier erstaunlich "stumpf", nach ihr soll es darauf überhaupt nicht ankommen. Vielmehr zähle allein, ob die Stimme des zu Unrecht mitentscheidenden Ratsmitglieds etwas Entscheidendes an den Mehrheitsverhältnissen geändert habe (OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 374). Unberücksichtigt soll dagegen bleiben, ob zB Wortmeldungen des Befangenen andere Ratsmitglieder beeinflusst haben. Diese Rspr sorgt einerseits für klare Ergebnisse und wird der Idee des § 50 VI GO NRW durchaus gerecht, Ratsbeschlüsse eben nicht flächendeckend wegen Mitwirkung eines Befangenen nichtig werden zu lassen, sondern insoweit pragmatisch vorzugehen und (erhebliche!) Beweisprobleme zu vermeiden. Andererseits spricht § 31 I 1 GO NRW die "beratende" Mitwirkung ausdrücklich an, was nach der Rspr weitgehend unberücksichtigt bliebe und inhaltlich Deinem Argument entspricht, Raphaeljura. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team