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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T lauert vor der Wohnungstür von O. Er möchte in die Wohnung rennen und O dabei unmittelbar erschießen. Als T gerade die Tür eintritt und die Schwelle zum „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet, sieht er, wie O weint und lässt deshalb von der Tat ab.

Einordnung des Falls

Rücktritt unbeendeter Versuch Grundlagen 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ts Versuch des Totschlags (§§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB) ist fehlgeschlagen.

Nein!

Ein Versuch gilt dann als fehlgeschlagen, wenn der Täter glaubt, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann, ohne eine völlig neue Kausalkette in Gang zu setzen. Wenn ein Täter etwa denkt, dass er das Opfer ja auch nächste Woche erschießen könnte, liegt darin eine zeitliche Zäsur, sodass ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt. Begeht der Täter die Tat in der darauffolgenden Woche, dann liegt eine neue Tat vor. T dachte, dass er die Tat zur Vollendung hätte führen können. Er dachte gerade nicht, dass er den Erfolg nicht mehr herbeiführen kann. Diese Anforderung ist nicht unumstritten, da sie sich im Gesetz nicht wiederfindet. Der BGH sieht dies jedoch trotzdem als zwingende Anforderung. Bei einem fehlgeschlagenen Versuch erfolgt der Rücktritt aber in jedem Fall nicht freiwillig, sodass durch dieses Erfordernis das Ergebnis nicht abgeändert, sondern nur gelegentlich abgekürzt wird.

2. Es lag ein beendeter Versuch vor.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Versuch ist dann beendet, wenn der Täter glaubt, dass er alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan hat. Dies ist erst dann der Fall, wenn der Täter glaubt, dass der Tatbestandserfolg eintritt, ohne dass er noch etwas tun muss.T hat noch nicht einmal geschossen. Er ging daher nicht davon aus, dass O durch seine Handlung sterben würde. Hier musst Du darauf achten, nicht unsauber zu arbeiten, da die Anforderungen an den Rücktritt davon abhängen, ob ein unbeendeter oder beendeter Versuch vorliegt.

3. T hat die weitere Tatausführung aufgegeben.

Ja, in der Tat!

Bei unbeendeten Versuchen ist es ausreichend, wenn der Täter die weitere Tatausführung aufgibt, da so die Gefahr für das Rechtsgut vollständig abgewendet werden kann (§ 24 Abs. 1 S. 1 Var. 1 StGB).T hat nicht auf O geschossen und daher die Tatausführung aufgegeben.

4. T hat die Tatausführung freiwillig aufgegeben.

Ja!

Der Täter handelt freiwillig beziehungsweise unterlässt die weitere Tatausführung freiwillig, wenn er Herr seiner Entschlüsse geblieben ist und die Ausführung der Tat noch für möglich hält, wobei die Freiwilligkeit entfällt, wenn er die Tat nur mit erheblich größerem Risiko zu Ende führen könnte. Auch hierbei kommt es immer alleine auf die Vorstellung des Täters an. T hätte die Tat jederzeit zur Vollendung bringen können. Er sieht allerdings davon ab, weil er Mitgefühl mit O hat, was ein autonomes Motiv ist.

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Juratiopharm

Juratiopharm

19.7.2023, 10:24:45

Wie grenze zwischen diesen Rücktrittsfällen und dem Umstand ab, dass der Tatentschluss unter der Bedingung "O weint nicht" oder "es sind keine Kinder im Raum" getroffen wurde und daher wirklich erst dann getroffen wird, wenn diese Bedingung überprüft würde?

LELEE

Leo Lee

5.8.2023, 12:32:07

Hallo Juratiopharm, die "Bedingung" - wie von dir angesprochen - ist ein Thema, das auf Ebene des Versuchs (also dem Rücktritt vorgelagert) beim Tatentschluss relevant wird. Hier geht es also um die Frage - unabhängig vom Rücktritt, ob ÜBERHAUPT ein Tatentschluss vorliegt oder ob der Täter vielmehr nur "tatgeneigt" war (dann wäre der Tatentschluss und mithin auch der Versuch abzulehnen). Hieraus ergibt sich: I. Wenn der Täter nicht fest entschlossen ist bzgl. des "Obs" ("wenn Bedingung ABC vorliegt, ÜBERLEGE ich ob ich töte"), liegt überhaupt kein Versuch vor; hier kommen wir dann nicht mehr zum Rücktritt. II. Wenn der Täter fest entschlossen ist ("Wenn Bedingung ABC vorliegt, MACHE ICH ES AUCH und töte das Opfer"), dann kommen wir zum Rücktritt und prüfen ganz normal durch. Bei deinem Beispiel mit "keine Kinder" würden wir wie folgt vorgehen: Tatentschluss bejahen, weil er fest entschlossen ist ("Wenn keine Kinder --> TÖTE ICH") --> Rücktritt normal prüfen und schauen, ob der Täter nach den allg. Grundsätzen zurückgetreten ist. Hierzu kann ich dir die Lektüre von Rengier Strafrecht AT, 14. Auflage, § 34 Rn. 9 ff. und Lackner/Kühl/Heger Strafrecht, 30. Auflage, § 22 Rn. 2 empfehlen :) Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo


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