Pflichtengebundener Geschäftsführer III

16. April 2025

35 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Als M mit dem Auto, das er von V gemietet hat, eine Landstraße befährt, leuchtet plötzlich die Warnlampe auf, dass der Ölstand zu niedrig ist. Um einen Motorschaden zu verhindern, lässt M in der nahegelegenen Werkstatt des W Öl nachfüllen. W fordert wie vereinbart € 20 hierfür.

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Einordnung des Falls

Pflichtengebundener Geschäftsführer III

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. W hat einen Anspruch auf Zahlung der € 20 gegen M aus § 631 Abs. 1 BGB wegen des Nachfüllens des Öls.

Ja!

Nach § 631 Abs. 1 BGB wird durch den Werkvertrag der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. M und W haben vereinbart, dass W das Öl im Mietwagen des M für € 20 auffüllen wird. Dies stellt einen Werkvertrag dar. M ist zur Entrichtung des vereinbarten Werklohns in Höhe von €20 verpflichtet.
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2. W könnte ebenfalls einen Aufwendungsersatzanspruch (§§ 677, 683 S. 1, 670 BGB) gegen den Eigentümer des Autos (V) haben. Ist das Nachfüllen des Öls für W ein objektiv fremdes Geschäft?

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein objektiv fremdes Geschäft fällt nach außen erkennbar ausschließlich in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen. Ein auch-fremdes Geschäft gehört dagegen nach außen erkennbar sowohl in den Rechts- und Interessenkreis eines anderen, als auch in denjenigen des Geschäftsführers selbst. Das Nachfüllen des Öls ist ein Geschäft des V als Eigentümer des Mietwagens und damit für W fremd. W hat sich jedoch gegenüber M vertraglich zur Durchführung des Geschäfts verpflichtet hat. In der Erfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung liegt auch ein eigenes Geschäft des W. Somit liegt ein auch-fremdes Geschäft vor.

3. Der Fremdgeschäftsführungswille wird nach Ansicht des BGH nur bei objektiv fremden Geschäften widerlegbar vermutet.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Fremdgeschäftsführungswille wird laut BGH bei auch-fremden Geschäften genauso wie bei objektiv fremden Geschäften grundsätzlich widerlegbar vermutet. Eine gegebenenfalls hierdurch zu weitreichende Bejahung von Ansprüchen aus GoA werde durch wertende Korrekturen an anderen Stellen verhindert. Das Nachfüllen des Öls stellt ein für W auch fremdes Geschäft dar, sodass der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird. Dieser Lösungsweg entspricht der BGH-Rechtsprechung. Nach Ansicht der Literatur wird der Fremdgeschäftsführungswille bei auch fremden Geschäften dagegen nicht widerlegbar vermutet, sondern muss positiv festgestellt werden. Vorliegend deutet nichts darauf hin, dass W Fremdgeschäftsführungswillen hatte. Vielmehr handelte er wohl mit Eigengeschäftsführungswillen, weil er seine vertragliche Verpflichtung gegenüber M erfüllen wollte.

4. Folgt man der Rechtsprechung, sind die Grundvoraussetzungen einer echten GoA nach § 677 BGB erfüllt.

Ja!

Nach § 677 BGB setzen Ansprüche aus echter GoA (egal, ob berechtigt oder unberechtigt) voraus, dass ein Geschäftsführer (1) ein fremdes Geschäft (2) mit Fremdgeschäftsführungswillen ausführt, (3) ohne vom Geschäftsherrn beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Das Nachfüllen des Öls stellt ein für W auch-fremdes Geschäft dar. Der Fremdgeschäftsführungswille wird nach der Rechtsprechung auch bei auch-fremden Geschäften vermutet. Hier gibt es keine Anhaltspunkte, die diese Vermutung widerlegen. V hat W weder zum Nachfüllen des Öls beauftragt, noch war W gegenüber V sonst dazu berechtigt.

5. Da es ohne das Nachfüllen des Öls zu einem Motorschaden gekommen wäre, entsprach die Geschäftsübernahme auch dem mutmaßlichen Willen und objektivem Interesse des V. Liegt somit eine echte, berechtigte GoA im Sinne des § 683 S. 1 BGB vor?

Genau, so ist das!

Eine berechtigte GoA liegt nach § 683 S. 1 BGB vor, wenn die Geschäftsübernahme dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der wirkliche Wille des Geschäftsherrn ist dabei stets vorrangig zu prüfen. Sein mutmaßlicher Wille wird erst relevant, wenn sein wirklicher Wille nicht ermittelbar ist, weil er diesen nicht geäußert hat. Der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn ergibt sich in der Regel aus seinem objektiven Interesse. V konnte seinen Willen in Bezug auf das Nachfüllen des Öls nicht äußern, da er zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend war. Das Nachfüllen des Öls in der nahegelegenen Werkstatt des W entsprach aber Vs objektivem Interesse, da es andernfalls eventuell zu einem Motorschaden am Mietwagen gekommen wäre. Es entsprach somit auch dem mutmaßlichen Willen.

6. Ein Aufwendungsersatzanspruch des W gegen V aus GoA nach §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB ist zwar tatbestandlich erfüllt (BGH), scheidet jedoch dennoch aus.

Ja, in der Tat!

Laut BGH werde eine zu weitreichende Bejahung von Ansprüchen aus GoA durch die Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens bei auch fremden Geschäften durch Korrekturen an anderen Stellen verhindert. Eine solche Korrektur könne unter anderem in den Fällen des pflichtgebundenen Geschäftsführers vorzunehmen sein, in denen der Geschäftsführer aufgrund eines Vertrages mit einem Dritten zur Ausführung des Geschäfts verpflichtet ist. Sofern dieser Vertrag die Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regle, werde ein Aufwendungsersatzanspruch aus GoA verdrängt. Der Vertrag zwischen M und W regelt die Entgeltfrage. Daneben besteht kein Raum für einen Aufwendungsersatzanspruch aus GoA.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PLA

PlatschekJünger

20.9.2022, 10:38:50

Hier könnte aber M die vereinbarten 20 € von V ersetzt verlangen aus §§ 670, 683 S. 1 BGB oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.9.2022, 11:14:19

Hallo PlatschekJünger, der Anspruch müsse sich aus §§ 677, 683 S. 1,

670 BGB

ergeben. Genau dieser Anspruch wird von der Rechtsprechung aber beim pflichtengebundenen Geschäftsführer verneint. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

PR

Prokurist

21.10.2022, 23:22:25

Ich sehe das eigentlich genau wie PlatschekJünger: Für mich liegt hier bzgl. M ein Fall der GoA vor, da er das Nachfüllen von Öl als

auch fremdes Geschäft

für V durchführen lässt (V ist vertraglich gegenüber M zur Bereitstellung eines fahrtüchtigen Autos verpflichtet) und mit

Fremdgeschäftsführungswille

n handelt. Da das Nachfüllen aufgrund des drohenden Motorschadens wohl auch im mutmaßlichen Interesse des V lag, müsste M hier meiner Meinung nach einen Aufwendungsersatzanspruch in Höhe der 20 Euro aus GoA gegen V zustehen. Eine weitere Erklärung vom Jurafuchs-Team wäre sehr hilfreich! :)

IL

illeeeee

18.1.2023, 12:12:21

Würde mich den Ausführungen von Prokurist anschließen. :)

DeliktusMaximus

DeliktusMaximus

7.5.2023, 02:38:28

Es ist für mich auch nicht nachvollziehbar, warum vorliegend eine GoA ausscheidet.

BI

Bilbo

5.9.2023, 11:07:47

Schließe mich den oberen Kommentaren an. Würde mich ebenfalls über eine Antwort freuen @[Lukas_Mengestu](136780)

NF

NF

10.11.2023, 16:19:19

Ich bitte auch um Beantwortung: PlatscekJünger hat nach Ansprüchen von M gefragt und gerade nicht nach Ansprüchen von W.

Fuller at H(e)art

Fuller at H(e)art

27.2.2024, 20:43:05

Entgegen der hier wohl überwiegenden Auffassung besteht kein Anspruch aus GoA. Bei dem niedrigen Stand des Motoröls dürfte es sich um einen Mangel i.S.v. 536 I BGB handeln. Damit liegt in der Beseitigung eine Selbstvornahme und richtet sich die Ersatzfähigkeit der 20 Euro nach 536a II. Bei diesem handelt es sich ersichtlich um eine abschließende Regelung. Ein Anspruch aus 683 S.1,677,670 (richtig wäre hier eher 539 I i.V.m 683,677,670) muss damit aus systematischen Gründen ausscheiden.

WY

Wysiati

21.9.2024, 11:33:46

@[Fuller at H(e)art](129396) § 536 I BGB: Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch wäre aufgehoben, wenn das Auto nicht mehr fährt. (Ich gehe von vertragsgemäßen Gebrauch: Fahren aus). Eine leuchtende Ölanzeige führt nicht dazu. dass das Auto nicht mehr fährt. Lediglich wird durch das zeitige Nachfüllen die Gefahr eines Schadens vermieden. Der Schaden, der hier auch den Mangel begründen würde, liegt aber gerade noch nicht vor. Eine Selbstvornahme nach § 536a BGB scheidet deswegen aus, oder? Auch wenn § 536a II Nr. 2 BGB hier gut passen würde. Übrigens guter Ansatz. Von der Idee her können wir aber statt dem Öl ja auch Scheibenwischwasser nehmen. Dann würde das Auto nicht sofort zerstört sein, aber die Voraussetzungen der (auch der berechtigten) GoA wären wohl erfüllt (was sollte V gegen die Auffüllung haben). Damit ist der oben genannte Streit immer noch relevant. Wie oben von @[Prokurist](187690) erläutert liegen alle Voraussetzungen vor. Einzige Frage wäre, ob M hier nicht durch seinen Vertrag mit W selbst auch

pflichtgebundener Geschäftsführer

wäre. Denn M handelt hier pflichtgebunden gegenüber dem W. Ein Anspruch aus GoA würde also theoretisch mit den selben Problemen einhergehen? Eher nicht, denn hier kommt aufgrund des Ausschlusses des Anspruchs des W keine Doppelbelastung des Gh V in Betracht. Außerdem ist M im Moment des Vertragsschlusses mit W nicht pflichtgebunden. Streng gesehen ist sein Tätigwerden der Vertragsschluss selbst. Zu diesem ist er nicht verpflichtet, weshalb er auch kein (zum Vertragsschluss) verpflichteter Gf ist und sich die Rechtsprechung hinsichtlich des Ausschlusses der GoA bei pflichtgebundenem Gf nicht übertragen lässt. Wirtschaftlich gesehen entspricht § 631 I Alt. 2 BGB von W gegen M und dann §§ 677, 683 I,

670 BGB

einer Weiterreichung der Aufwendungen an den, dem es zugute kommt und dessen Pflicht es ist, den Wagen zu erhalten § 535 I 2 BGB. Damit bedarf es auch keiner teleologischen Korrektur dieser absolut sinnvollen Konstellation. An die obigen: ich bin auch der Meinung, es können auch wirklich die vollen 20 € verlangt werden (der Preis), da das zwar nicht die Aufwendung des W ist, aber wohl die des hier entscheidenden M. Kurzgesagt, ich stimme den obigen zu und verneine hier mit obiger Argumentation die Anwendbarkeit der Rechtsprechung zu dem Thema.

Fuller at H(e)art

Fuller at H(e)art

26.9.2024, 17:00:44

Das ist offensichtlich nicht richtig. Ein Mangel iSv 536 I setzt keine vollständige Aufhebung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch voraus. Das ergibt sich bereits aus 536 I 3. Auch stellt ein niedriger Ölstand nicht eine bloß

unerheblich

e Minderung der Tauglichkeit dar.

WY

Wysiati

26.9.2024, 17:44:27

Selbstverständlich muss die Tauglichkeit zum Gebrauch nicht ausgeschlossen sein. Und sollte kein oder sehr wenig Öl vorhanden sein, beschädigt das den Motor, damit ist das KfZ nicht mehr fahrbar und es liegt ganz klar ein Mangel vor. Hier ist davon aber nicht die Rede. Sondern von einer Warnung aufgrund niedrigen Ölstandes. Wieso das jetzt schon ein die Fahrbarkeit mindern soll, ist mir nicht ganz klar.

Fuller at H(e)art

Fuller at H(e)art

26.9.2024, 18:34:37

Dem Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, dass es sich um eine Fehlmeldung handelt. Folglich ist von einem tatsächlich niedrigen Ölstand auszugehen. Abgesehen davon würde wohl auch schon eine Fehlmeldung einen Mangel darstellen, sofern diese nicht offensichtlich fehlerhaft ist.

WY

Wysiati

27.9.2024, 10:00:08

Ich glaube wir gehen hier von unterschiedlichen Konstellationen aus. Autos sind da ja unterschiedlich. Mit einem niedrigen Ölstand kannst du nämlich noch normal weiter fahren. Dann wäre es aber auch deiner Meinung nach kein Mangel, oder? Wenn es noch normal fährt? Ich meine, nur weil es in 150km wegen dem Öl nicht mehr fährt, ist das ja kein Mangel. Wo ist denn da die Grenze. Dann wäre ja auch ohne Meldung 170km "Restölreichweite" ein Mangel, oder? Also bei einer Anzeige "niedriges Öl", weiß ich nicht, wie genau du den Mangel begründest. Gehst du von einer Anzeige aus, die sagt "Achtung Öl auffüllen sonst Motorschaden", dann kann ich das eher nachvollziehen. Auch dann aber: was genau ist der Mangel? Nicht dass es leuchtet. Ein Motorschaden liegt auch nicht vor. Ist der von dir genannte Mangel dann die zur Sicherheit verdichtete Wahrscheinlichkeit, einen Motorschaden zu erleiden und damit das Fahrzeug nicht mehr nutzen zu können? Oder ist der Mangel schon, dass das Öl so niedrig steht? Wenn ja, dann verstehe ich auch das nicht. Der vertragsgemäße Gebrauch ist nicht das Fahren mit einem 100% vollen Ölstand. Sondern das Fahren überhaupt. Wenn du sagst, die absolute Sicherheit einen Motorschaden zu erleiden ist ein Mangel, dann bin ich da voll dabei. Dann finde ich auch die Idee mit dem Mietrecht sehr gut. Aber wenn du sagst ein niedriger Ölstand ist ein Mangel, kann ich das nicht nachvollziehen. Und es bleibt: mir scheint das mit dem Mangel nicht vollkommen zu passen, weswegen der Weg über die GoA für mich als einzig richtiger erscheint. Kannst du mir vielleicht mal genau den Mangel begründen? Verstehe ich vielleicht einfach den Mangelbegriff falsch?

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

10.2.2025, 16:46:56

Hallo @[PlatschekJünger](173233), @[Prokurist](187690), @[illeeeee](86758), @[DeliktusMaximus](178154), @[Bilbo](210205), @[NF](207197), @[Fuller at H(e)art](129396) und @[Wysiati](262458), Bei dem Sachverhalt, wie wir ihn schildern, würde wohl ein Anspruch des M gegen die V bestehen. Ich würde mich zur Herleitung dieses Anspruchs @[Fuller at H(e)art](129396) anschließen, der diesen aus dem Mietmängelrecht herleitet, welches in diesem Fall zur GoA speziell ist (MüKoBGB/Häublein, 9. A. 2023, BGB § 536a Rn. 25). Den Argumenten von @[Wysiati](262458) zur Verneinung eines Mangels würde ich entgegensetzen, dass im Sachverhalt steht, dass die Warmlampe nicht lediglich aussagt, dass der Ölstand niedrig ist, sondern dass er ZU niedrig ist. Somit kann von einer gefahrfreien Weiterfahrt nicht ausgegangen werden, vielmehr droht unmittelbar eine Beschädigung am Motor. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Fall der gesetzlichen Instandhaltungspflicht des Vermieters bei Kfz-Mietverträgen in der Praxis in aller Regel vertraglich verändert wird, sodass es auch durchaus möglich wäre, dass der M die Kosten für das Öl zu tragen hätte, wenn der Ölstand bei Mietbeginn voll war und kein anderweitiger Mangel am Fahrzeug besteht, der einen erhöhten Verbrauch verursacht. Genauso wird der Mieter bei einem solchen Mietvertrag ja regelmäßig den selbst verbrauchten Kraftstoff zahlen müssen. Liebe Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

10.2.2025, 16:53:41

PS: @[Wysiati](262458) : Auch wenn das Scheibenwischwasser leer ist, würde ich das als Mangel sehen, der die Nutzbarkeit des Pkw einschränkt. Daher wäre auch dort ein Rückgriff auf die GoA ausgeschlossen, da der Mieter nach § 536a Abs. 2 BGB sich grundsätzlich an den Vermieter halten müsste und die Wertungen dieser Vorschrift (Selbstvornahme nur unter bestimmten Voraussetzungen) nicht durch die Anwendung der GoA (die diese Voraussetzungen nicht kennt) umgangen werden dürfte.

IS

IsiRider

12.5.2023, 13:56:54

Warum liegt kein

Eigengeschäft

sführungswille vor? Er will doch seiner Verbindlichkeit nachkommen um Vergütung zu erhalten.

Carl Wagner

Carl Wagner

12.5.2023, 17:00:18

Vielen Dank für deine Frage, IsiRider! Hier streiten sich BGH und die h.L. Nach BGH wird der

Fremdgeschäftsführungswille

widerlegbar vermutet. Dafür ist der BGH bei anderen Kriterien, insb. der

Erforderlichkeit

der Aufwendungen strenger. Die h.L. lehnt die GoA mit unterschiedlichen Begründungsansätzen ab: (1) So wie du kann man den

Fremdgeschäftsführungswille

n verneinen, weil der GF nur eine eigene (vermeintliche) Verbindlichkeit erfüllen will. (2) Ein anderer Argumentationsansatz ist, dass die §§ 812 ff. BGB speziell für die Rückabwicklung von Verträgen geschaffen wurden und der Anwendungsbereich der GoA schon gar nicht eröffnet sei. Ansonste würden die speziellieren §§ 812 ff. BGB unterlaufen werden. An der Uni in einer Klausur würde ich dir empfehlen, der h.L. zu folgen. Viele Grüße - Carl für das Jurafuchs-Team

LS2024

LS2024

16.3.2024, 17:18:33

In einem früheren Fall wurde beim pflichtgebundenen Geschäftsführer der

Fremdgeschäftsführungswille

nach BGH verneint. Eine der Lösung ist somit falsch.

TI

Timon02

9.8.2024, 18:38:55

Meiner Erachtens wird auch hier der

Fremdgeschäftsführungswille

verneint. Der BGH geht zwar von einer widerlegbaren Vermutung beim objektiven auch-fremden Geschäft aus. Jedoch hat er dazu einige Ausnahme-Fallgruppen geschaffen. Eine dieser Fallgruppen, die des pflichtgebundenen Geschäftsführers, liegt hier vor. Dabei soll die Aufwendungsabrede zwischen dem Dritten und dem GF nicht unterlaufen werden und dem GH das Insolvenzrisiko des GF aufgebürdet.

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

10.2.2025, 16:16:19

Hey in die Runde, der Lösungsansatz des BGH ist in der Tat etwas „ungewöhnlich“. Er nimmt zwar zunächst an, dass der

Fremdgeschäftsführungswille

auch in diesen Fällen widerlegbar vermutet wird. Der Tatbestand der GoA also erstmal erfüllt ist. Sodann nimmt der BGH aber eine „Korrektur“ vor und verweist darauf, dass der Anspruch dennoch nicht gegeben sei, weil die vertragliche Regelung zwischen M und W den W ausreichend schütze und damit kein Raum für einen Anspruch aus GoA von W gegen V bleibt. W muss sich an seinen Vertragspartner M halten. In der Klausur bejaht ihr also mit dem BGH den Tatbestand „ganz normal“ und macht dann die Korrektur unter einem weiteren, zusätzlichen Prüfungspunkt auf. Mit der Lit. Ansicht werdet ihr regelmäßig bereits auf tatbestandlicher Ebene beim

Fremdgeschäftsführungswille

n „rausfliegen“. Klausurtaktisch bietet sich die BGH-Lösung daher an, um „zu Ende“ zu prüfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

Maitre68

Maitre68

1.4.2024, 15:13:42

Hey, kann mir jemand ein überzeugendes Argument für die Herangehensweise des BGH aufzeigen? Die Beweggründe des BGH, den FGW auch bei auch-fremden Geschäften anzunehmen, erschließen sich mir nicht wirklich. LG Maitre

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.4.2024, 11:39:14

Hallo Maitre68, hier agiert die Rechtsprechung leider ergebnisorientiert. Die flexible Lösung des BGH ermöglichte es, die GoA als Lückenfüller einzusetzen (guter Überblick hierzu bei Thole, Die Geschäftsführung ohne Auftrag auf dem Rückzug - Das Ende des "auch fremden" Geschäfts?, NJW 2010, 1243). In den letzten Jahren hat aber eine Abkehr dieser ausgedehnten Anwendung eingesetzt (zB keine Anwendung bei Schönheitsreparaturen aufgrund unwirksamer Renovierungsklausel, BGH, NJW 2009, NJW Jahr 2009, 259). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.4.2024, 11:39:24

@[Merle_Breckwoldt](241588)

BL

Blotgrim

23.5.2024, 16:12:35

Unter welchem Prüfungspunkt würde man nach der Ansicht des BGH rausfliegen. Also klar man prüft erst fremdes Geschäft,

Fremdgeschäftsführungswille

, ohne Auftrag und dann Berechtigung, aber prüft man in den Rechtsfolgen den Anspruch auf Ersatzaufwendungen erst durch (also

Erforderlichkeit

usw.) und verneint dann oder spricht man das direkt zu Beginn der Rechtsfolgen an und schließt den Anspruch aus ohne ihn zu prüfen?

LELEE

Leo Lee

27.5.2024, 06:39:11

Hallo Blotgrim, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat ist es nicht immer ganz einfach, den Standort in der Prüfung zu ermitteln, zumal der BGH nicht „streng“ klausur-schematisch prüft. Da jedoch der pflichtengebundene Geschäftsführer eine Frage des „auch-fremden“ Geschäfts darstellt und auch die Einschränkungen diesbzgl. vom BGH entwickelt wurden, wäre der naheliegendste Standort das „fremde Geschäft“ :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BL

Blotgrim

27.5.2024, 12:49:51

Aber prüft man nicht 1. Besorgung eines fremden Geschäfts 2.

Fremdgeschäftsführungswille

3. Ohne Auftrag 4. Berechtigung 5. Rechtsfolge Dann wäre es doch ein bisschen widersprüchlich den

Fremdgeschäftsführungswille

n beim auch-fremden Geschäft zu vermuten, aber schon im Prüfungspunkt davor rauszufliegen. Deswegen hätte ich es halt vor oder in der Rechtsfolge angesprochen und den Anspruch ausgeschlossen

Falsus Prokuristor

Falsus Prokuristor

30.5.2024, 19:29:05

Man könnte beim „fremden Geschäft“ den Streit insofern führen, dass man das auch fremde Geschäft nach einer Ansicht direkt ablehnt, nach anderer Ansicht grundsätzlich bejaht und die Verdrängung aufgrund der Vertragsbeziehung erläutert und damit feststellt, dass beide Ansichten zum gleichen Ergebnis führen. Dann kann man sich zur Berechtigung nicht mehr umfassend äußern, allerdings sind diese Anforderungen in den Konstellation ja meistens unproblematisch. Wenn der Sachverhalt darauf angelegt ist, würde ich den Streit dann zu Gunsten des BGH entscheiden, um auf die weiteren Punkte zu sprechen kommen zu können. 

Falsus Prokuristor

Falsus Prokuristor

3.6.2024, 16:42:18

Hallo, bei der Lösung dieses Falles, ebenso wie bei dem zum Verwendungersatz des Werkunternehmers stelle ich mir immer wieder die Frage, warum der Werkunternehmer zwar keinen Aufwendungsersatz vom Eigentümer verlangen kann (das finde ich total nachvollziehbar), ihm aber nach der Rechtsprechung des BGH ein Verwendungersatz gegen den Eigentümer zustehen soll. Davon abgesehen, dass der BGH für diese Lösung von Grundprinzipien des EBV abweichen muss (siehe anderer Fall), erschließt sich mir die unterschiedliche Beurteilung überhaupt nicht. Sicherlich haben sich manche diese Frage auch schon gestellt, darum wäre ich für eine Erklärung sehr dankbar! 

Tim Gottschalk

Tim Gottschalk

10.2.2025, 18:53:15

Hallo @[Falsus Prokuristor](203103), ich kann dein Unverständnis zunächst verstehen. In der Tat ist der sachenrechtliche

Verwendungsersatz

des Werkunternehmers eine Verrenkung der Rechtsprechung, die ja auch nicht von allen in der Literatur getragen wird. Wenn du das daher nicht vertreten möchtest, bist du in guter Gesellschaft. Dennoch hier eine Erklärung: Der Gedanke des

Verwendungsersatz

es ist folgender: Wenn die Sache dem Besteller gehört, wofür der B

esi

tz des Bestellers spricht (§ 1006 Abs. 1 S. 1 BGB), dann erwirbt der Werkunternehmer ein

Werkunternehmerpfandrecht

an der Sache, wodurch seine Forderung auf Zahlung des Kaufpreises g

esi

chert wird. Ist der Besteller dagegen nicht Eigentümer der Sache, hat der Werkunternehmer kein

Werkunternehmerpfandrecht

und es kann passieren, dass der wahre Eigentümer die Sache (zurecht) herausverlangt, ohne dass der Werkunternehmer diesem Herausgabeanspruch ein Pfandrecht entgegenhalten könnte. Man könnte jetzt natürlich sagen, dass der Werkunternehmer dann halt Pech hat und die Sache herausgeben muss, auch wenn er vom Besteller nie

Geld

sehen wird. Er hat sich den Vertragspartner schließlich ausgesucht und trägt grundsätzlich dessen Insolvenzrisiko. Der BGH möchte dieses Ergebnis jedoch vermeiden. Dazu hätte er grundsätzlich auch einen Anspruch aus GoA herleiten können und sich dort über die eigentlichen Voraussetzungen hinwegsetzen können. Ich finde einen Anspruch aus EBV aber sachnäher. Denn die Voraussetzungen des Anspruchs auf

Verwendungsersatz

liegen eigentlich ja vor, nur nicht im Zeitpunkt der Verwendung. Wenn der Werkunternehmer die Verwendung erst vornimmt, wenn die B

esi

tzberechtigung des Bestellers wieder erloschen ist (und somit ein EBV besteht), besteht ja unstreitig ein Anspruch auf

Verwendungsersatz

. Lediglich diese Zufälligkeit in der zeitlichen Komponente entscheidet dort über den Anspruch. Deswegen sagt der BGH an der Stelle, dass das nicht richtig sein kann und greift korrigierend ein. Ein Anspruch aus GoA würde dagegen in keiner Konstellation bestehen, weil der Werkunternehmer ja immer handelt, um seinen Vertrag gegenüber dem Besteller zu erfüllen, vollkommen unabhängig davon, wie die Eigentumslage jetzt ist und zu welchem Zeitpunkt. Insofern gibt es hier keinen Grund dafür, davon abzuweichen und dem Werkunternehmer einen Anspruch zuzubilligen, den er sonst auch nicht hätte. Liebe Grüße, Tim - für das Jurafuchs-Team


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