Begriff der Standardmaßnahme

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Studentin S setzt sich nach einer durchzechten Nacht auf ihr Rad, um nach Hause zu fahren. Fahrradpolizist P bemerkt S, die in Schlangenlinien fährt. P fordert S auf, sich auszuweisen.

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Einordnung des Falls

Begriff der Standardmaßnahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In den Polizeigesetzen der Länder gibt es Vorschriften, welche der Polizei bestimmte Spezialbefugnisse für spezielle Maßnahmen verleihen. Diese speziellen polizeigesetzlichen Rechtsgrundlagen nennt man Standardermächtigungen.

Genau, so ist das!

Die Standardermächtigungen sind spezielle Rechtsgrundlagen in den Landespolizeigesetzen. Sie stellen Sondertatbestände für häufig vorkommende Eingriffe durch die Polizei in die Rechtssphäre des Bürgers dar.Standardmaßnahmen sind Maßnahmen, die auf Grundlage der Standardermächtigungen ergriffen werden. Die Standardermächtigung ist die Rechtsgrundlage für eine Standardmaßnahme. Ein Beispiel für eine Standardmaßnahme ist die Identitätsfeststellung (§ 12 Abs. 1 BbgPolG, § 18 Abs. 1 SOG HE, § 13 Abs. 1 NPOG). Die Aufforderung des P an S, sich auszuweisen, fällt unter diese Standardmaßnahme.
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2. Alle Standardmaßnahmen sind Verwaltungsakte.

Nein, das trifft nicht zu!

Nicht alle Standardmaßnahmen sind klar als Verwaltungsakt zu qualifizieren. Mangels Regelungscharakters stellen manche Standardmaßnahmen schlichtes Verwaltungshandeln (sog. Realakte) dar. Teilweise wird vertreten, dass sämtliche Standardmaßnahmen Verwaltungsakte seien. Der Regelungscharakter der Maßnahme wird dann darin gesehen, dass zusätzlich zum Realakt eine konkludente Duldungsverfügung erlassen werde. Inhalt dieser Begleitverfügung sei das Gebot zur Duldung des Realaktes. Überwiegend wird diese rechtliche Konstruktion als überflüssig angesehen. Die Rechtsnatur von Standardmaßnahmen kann an vielen Stellen in der Klausur relevant werden. Beispiele hierfür sind die Festlegung statthafte Klageart oder das Erfordernis einer Anhörung. Ist die Rechtsnatur uneindeutig, solltest Du diese diskutieren.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Maximilian

Maximilian

28.6.2023, 22:53:28

Gibt es hier Unterschiede zwischen den Ländern? Falls ja, wäre es sinnvoll, dies darzustellen.

Johanna K

Johanna K

21.5.2024, 13:34:55

Ist es richtig, dass jedoch überwiegend die Einordnung der Standardermächtigungen als

Verwaltungsakt

erfolgt? Ich meine es so gelernt zu haben. Allein schon aus besseren Rechtsschutzmöglichkeiten. Zum anderen wird idR durch die Aussage der Polizeibeamten oder Ordnungsbehördlichen Mitarbeiter ja ohnehin ein

Verwaltungsakt

vorliegen, oder nicht? Also die Durchsuchung als solche ist bspw. ein

Realakt

, jedoch handelt es sich bei der Anordnung des Beamten die Durchsuchung vorzunehmen natürlich um einen VA. Oder habe ich das falsch verstanden? Vielen Dank!

PK

P K

22.5.2024, 19:43:48

Jedem

Realakt

muss, schon psychologisch gesehen, eine "Entscheidung" vorgelagert sein und so kann man aus jeglichen Handeln einen VA konstruieren, der dann immerhin noch auf Duldung der behördlichen Maßnahme gerichtet ist. Bessere Rechtsschutzmöglichkeiten sind hiermit aber nicht verbunden, das wurde nur früher so gesehen. Bei

Realakt

en gibt es eben die Feststellungs- und Leistungsklage. Für die Klausur ist es immer empfehlenswert, einfach unter § 35 VwVfG zu subsumieren und die Kenntnisse zur Konstruktion des Duldungs-VA in den einschlägigen Fällen anklingen zu lassen. Standardmaßnahmen können

Verwaltungsakt

e sein, müssen es aber nicht. Ich würde mich immer fragen: Wird der Polizeipflichtige zu etwas verpflichtet, das über bloße Duldung hinausgeht? Die Duldung unmittelbaren Zwangs bspw. ist schon in den Polizeigesetzen selbst, zum anderen in §§ 113, 114 StGB angelegt, so dass durch die konstruierte Verfügung "Dulde, dass ich dich schlage" keine (weiteren) Rechtsfolgen herbeigeführt werden.

Silas

Silas

16.6.2024, 01:30:29

Der Name der P sollte F sein. Siehe Grundgesetz.

LELEE

Leo Lee

17.6.2024, 12:23:41

Hallo Silas, vielen Dank für dein Feedback! Magst du uns vielleicht kurz erklären, was du genau mit dem Grundgesetzbezug hinsichtlich der Namensgebung des P meinst? Wir haben uns hier für P entschieden, weil P für „Polizist“ stehen soll. Wir freuen uns auf eine Rückmeldung von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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