Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Auslegung der Willenserklärung
Anfechtung wegen Inhaltsirrtums – Toilettenpapier–Fall
Anfechtung wegen Inhaltsirrtums – Toilettenpapier–Fall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Schulleiterin K bestellt bei V „25 Gros Rollen“ Toilettenpapier für den Schulbedarf. Auf dem ausgefüllten Bestellschein steht „Gros=12x12“. Bei Anlieferung verweigert K Annahme und Bezahlung der 3.600 gelieferten Rollen. Tatsächlich wollte sie nur 25 Rollen bestellen.
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Einordnung des Falls
Toilettenpapier-Fall: Anfechtung wegen Inhaltsirrtums
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Zwischen K und V besteht ein Kaufvertrag über (25 x 12 x 12 =) 3.600 Rollen Toilettenpapier (§ 433 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Eine Anfechtung durch K ist ausgeschlossen. Es gilt der Vorrang der Sachmängelgewährleistung (§§ 434ff. BGB).
Nein!
3. K wollte eine Erklärung des Inhalts „25 Gros“ nicht abgeben (Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1 Fall 2 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
4. K erklärte, was sie erklären wollte, war jedoch über die Bedeutung ihrer Erklärung im Irrtum (Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Fall 1 BGB).
Ja, in der Tat!
5. K hätte ihre Willenserklärung auch bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles abgegeben (§ 119 Abs. 1 BGB).
Nein!
6. K hätte insbesondere wegen des Hinweises auf dem Bestellschein „Gros=12x12“ die wahre Bedeutung von „Gros“ kennen können. Diese Fahrlässigkeit schließt ihr Anfechtungsrecht aus.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Edward Hopper
14.11.2022, 22:22:32
Bei der c.i.c. . Muss doch 241 abs 2 stehen und nicht 241 abs 1.? Cic betrifft doch immer die nebenleistungspficht
Nora Mommsen
15.11.2022, 11:57:09
Hallo Edward Hopper, ganz richtig. Da war der Absatz einfach in Gänze verschwunden, den haben wir nun ergänzt :) Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Pilea
24.7.2023, 09:14:30
Bestimmt wird es noch woanders vertieft, aber nur zum Zusammen-Denken: auf welchen Posten wäre ein Schadensersatz bei § 122 dann begrenzt? Lediglich auf die Liefer- und Abtransportkosten?
Lukas_Mengestu
25.7.2023, 19:07:36
Hi Pilea, ist eine Willenserklärung nach § 119 angefochten, muss der Erklärende nach § 122 Abs. 1 BGB dem Erklärungsempfänger den Schaden ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut („
negatives Interesse“). Das sind hier in der Tat erst einmal die Liefer- und Abtransportkosten. In Betracht kommt aber auch ein entgangener Gewinn, den V nicht realisieren konnte, weil er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraute und deshalb an K statt an einen Dritten vertragsgemäß geliefert hat (zB wenn in der Corona-Pandemie plötzlich die Klopapierpreise durch die Decke gehen ;-) ). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
silasowicz
4.8.2023, 11:28:44
Ich habe Probleme mit der Formulierung "der äußere Erklärungstatbestand entspricht dem Willen des Erklärenden". Es ist doch gerade nicht so, dass K das will und somit lässt der äußere ETB doch höchstens auf den Willen des Erklärenden schließen und der tatsächliche Wille ist ausschließlich eine Frage des subjektiven Erklärungstatbestands, oder?
Elias Von der Brelie
5.8.2023, 12:42:06
Leider hast du es unter einer späteren unteraufgabe gepostet glaube ich, da ich bei meinem Text diesen Satz nicht finden kann. Da man bei den Aufgaben nicht zurückgehen kann ohne das ganze Kapitel zu wiederholen kann ich auch nicht wirklich nach gucken in welchem Kontext genau der Satz verwendet wurde. Am besten immer unter der Richtigen Unter Aufgabe Posten. Es sei denn ich übersehe hier etwas.
mwally
24.12.2023, 02:53:19
Sie möchte genau das, was sie gesagt hat, nämlich 25 Gros Toilettenpapier bestellen. Dass sie nicht weiß, was sie damit tatsächlich sagt, führt zur
Anfechtbarkeitwegen Inhaltsirrtums. Das ist meiner Ansicht nach schon richtig so.
Findet Nemo Tenetur
8.7.2024, 11:51:28
Hallo, ich habe bei der ersten Frage, ob zwischen K und dem Toilettenpapierlieferant (dessen Buchstabe ich vergessen habe) einen Vertag zustande gekommen ist, “Aussage stimmt nicht” genommen, weil ich dachte der Vertrag sei wegen Anfechtung ex-tunc nichtig. Das war dann aber falsch. Habe ich hier Inhaltlich etwas nicht richtig verstanden, oder ist die Frage vielleicht missverständlich Formuliert? Danke!
Timurso
8.7.2024, 12:12:16
Du hast Recht, dass der Vertrag mit der Anfechtung ex-tunc entfällt. Allerdings wurde die Anfechtung vorliegend noch nicht erklärt, vgl. auch die Ausführungen zur letzten Frage. Daher besteht der Vertrag noch. Jedenfalls ist der Fall so angelegt, man soll nur den Anfechtungsgrund prüfen. Man kann aber durchaus argumentieren, dass die Verweigerung von Annahme und Bezahlung eine Anfechtungserklärung ist. Hängt auch davon ab, wer liefert (richtiger Anfechtungsgegner), aber jedenfalls auf dem Bild sieht es so aus, als ob das ein Vertreter der Verkäuferfirma wäre. Man könnte die Frage hier noch etwas deutlicher formulieren, z.B. "Ein Vertrag ist zunächst entstanden."