Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Auslegung der Willenserklärung
Falschbezeichnung beim Vertragsschluss – falsa demonstratio non nocet („Haakjöringsköd“)
Falschbezeichnung beim Vertragsschluss – falsa demonstratio non nocet („Haakjöringsköd“)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K möchte Walfleisch kaufen. Er nimmt Vs Angebot über den Kauf einer Kiste „Haakjöringsköd“ an. V und K gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich dabei um eine Bezeichnung für Walfleisch handele. In Wahrheit heißt es aber "Haifischfleisch". V liefert Haifischfleisch.
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Einordnung des Falls
Falschbezeichnung beim Vertragsschluss – falsa demonstratio non nocet („Haakjöringsköd“)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V hat K eine Kiste Walfleisch angeboten.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. K hat das Angebot des V über den Kauf von Walfleisch angenommen.
Ja, in der Tat!
3. V kann den Kaufvertrag durch die Lieferung von Haifischfleisch erfüllen (§ 362 Abs. 1 BGB).
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
silasowicz
4.8.2023, 11:42:53
Dass die Annahme auch eine empfangsbedürftige WE ist, ist doch eigentlich auch nur grundsätzlich so, oder? Vermutlich hätten die Sonderfälle (Schweigen) dann aber keine großen Auswirkungen auf die Lösung des Falles?
gottloser Vernunftsjurist
2.12.2023, 20:37:28
Eine interessante Frage! Nun, grundsätzlich ist das Schweigen ein rechtliches nullum. Ausnahmen gibt es nur, wenn das Gesetz wie in § 416 I 2 BGB dem Schweigen einen Erklärungswert bemisst, wenn es eine Vereinbarung über den Umgang mit Schweigen gibt, wenn auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben geschwiegen wird (§ 34
6 HGB) oder wenn sich etwas Abweichende aus § 242 BGB geboten erscheint. Wenn hier der Annehmende auf das Angebot schweigt, könnte das Verhalten als
konkludente Annahmeerklärung aus § 242 BGB ausgelegt werden. So hat der BGH ein Schweigen auf einen Antrag, der in allen wichtigen Punkten den Vorverhandlungen entsprach, als Annahme angesehen (BGH, NJW 1995, 1281; aA Medicus). Wenn man davon ausgeht, dass derartige Vorverhandlungen stattgefunden haben, könnte man aus Treu und Glauben zur konkl. Annahmeerklärung gelangen.
Felix
29.4.2024, 17:31:40
Erfüllung des Kaufvertrags (Walfleisch) würde aber eintreten, wenn K das Haifischfleisch (§
364 BGB) annimmt oder?
Niels
14.8.2024, 21:27:14
Nach meinem Verständnis nicht. Ich lese Paragraf 364 so, dass hier ein bewusstes eingehen gemeint ist. Der Andere weiß also, dass es sich nicht um Walfleisch handelt, nimmt das Haifischfleisch dann aber als Alternative gewollt an. Würde er das Haifischfleisch annehmen und später merken, dass hier ein Irrtum der
Beschaffenheitvorliegt, wäre der Vertrag nach objektivem
Empfängerhorizontnicht erfüllt aufgrund des Umstandes "
falsa demonstratio non nocet" und er könnte weiterhin Erfüllung verlangen
Sam Vader I
21.8.2024, 19:40:34
HAllo, ich bin der Meinung, dass eine
falsa demonstratiodazu führt, dass die Parteien sich über das Falsch bezeichnete einig werden. Beide haben das Fleisch hier gesehen und möchten darüber einen Kaufvertrag schließen, ob das Hai oder Walfleisch ist ist unerheblich. Da steht nicht, dass der Walfleisch benötigt. Vielen Dank
Linda
21.8.2024, 21:07:33
Hi, im Grunde hast du Recht aber du musst genau darauf achten auf was sie sich einigen. A: „Ich möchte Walfleisch“ + „gerne, ich habe hier Walfleisch“ (-> Einigung auf Walfleisch, egal was vor den beiden in der Kiste liegt) B: „Ich möchte das was in der Kiste ist“ + „okay, du bekommst was in der Kiste ist“ (-> Einigung auf das was in der Kiste ist; dabei ist unerheblich was die Parteien im Kopf haben, also ob sie es für Wal oder Hai halten) :D