Getrenntleben
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Das Ehepaar M und F hat sich vor einem halben Jahr voneinander getrennt. Vor zwei Jahren hatte F für die gemeinsame Ehewohnung einen Stromvertrag mit dem Unternehmer S geschlossen. Nach dem Auszug des M, hatte F die Rechnungen für den von ihr verbrauchten Strom nicht mehr bezahlt.
Einordnung des Falls
Getrenntleben
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist die Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB) anwendbar, obwohl F und M mittlerweile getrennt leben?
Ja!
2. Liegt ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs vor?
Genau, so ist das!
3. Kann S von M Bezahlung der ausstehenden Stromrechnungen verlangen?
Ja, in der Tat!
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Nico
23.2.2022, 16:52:05
Ab wann würde man hier bei Dauerschuldverhältnissen die Grenze der Weiterhaftung ziehen? Oder besteht die Haftung unabhängig von der Trennung bis zum ursprünglich vereinbarten Vertragsende weiter, solange ein Getrenntleben bei Vertragsschluss noch nicht vorlag?
Lukas_Mengestu
25.2.2022, 16:22:00
Hallo NiC.-, sehr gute Frage. Der BGH hat sich zu dem Ende der Haftung nicht weiter geäußert. Da er aber explizit festgestellt hat, dass die Trennung und der Auszug allein nicht dafür genügen, bleibt letztlich nur die Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt (so Roth, in: MüKo-BGB, 8.A. 2019, § 1357 RdNr. 29). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Philippe
18.6.2022, 22:10:02
Aber diesbezüglich besteht ja das Problem, dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung § 1357 BGB keine Anwendung mehr findet wegen dem Getrenntleben und der andere Ehegatte deswegen nicht auf Grund der Schlüsselgewalt kündigen kann. Sinnvoll erscheint es mir hier dann nur, den Anspruch dahingehend zu begrenzen, dass der andere Ehegatte nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist haftet.
Lukas_Mengestu
23.6.2022, 13:50:08
Hallo Philippe, vielen Dank für den Hinweis. In der Tat ist in diesem Bereich vieles streitig. In der Literatur wird teilweise generell die Ausübung von Gestaltungsrechten durch den Mitverpflichteten Ehegatten abgelehnt, da dieser durch § 1357 BGB ja gerade nicht Vertragspartner werde (vgl. BeckOGK/Erbarth, 1.12.2021, BGB § 1357 Rn. 126). Wenn man aber mit dem BGH anerkennt, dass der mitverpflichtete Ehegatte auch Gestaltungsrechte ausüben kann (so BGH, Urteil vom 28.2.2018 – XII ZR 94/17 = NJW 2018, 1313) und eine Weiterhaftung bei Dauerschuldverhältnissen annimmt, selbst wenn der Ehegatte ausgezogen ist, so erscheint es naheliegend, ihm für diesen Fall auch eine Kündigungsmöglichkeit zuzubilligen. Aber völlig richtig ist, dass - entgegen der Auffassung des BGH - auch vertreten wird, dass die Fortgeltung der Haftung mit der Trennung entfällt und der ausziehende Partner somit sogar ohne Kündigungsfrist von der Mithaftung frei wird (vgl. MüKoBGB/Roth, 9. Aufl. 2022, BGB § 1357 Rn. 29). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team