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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Das Ehepaar M und F hat sich vor einem halben Jahr voneinander getrennt. Vor zwei Jahren hatte F für die gemeinsame Ehewohnung einen Stromvertrag mit dem Unternehmer S geschlossen. Nach dem Auszug des M, hatte F die Rechnungen für den von ihr verbrauchten Strom nicht mehr bezahlt.

Einordnung des Falls

Getrenntleben

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Schlüsselgewalt (§ 1357 BGB) anwendbar, obwohl F und M mittlerweile getrennt leben?

Ja!

§ 1357 BGB ist nur anwendbar, wenn die Ehegatten wirksam verheiratet sind und nicht getrennt leben. Diese Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen. Ein späteres Getrenntleben ist daher irrelevant. Laut BGH soll dies auch im Fall von Dauerschuldverhältnissen gelten. Da M und F im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wirksam verheiratet waren und auch nicht getrennt lebten, ist § 1357 BGB anwendbar.

2. Liegt ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs vor?

Genau, so ist das!

Der Geschäftskreis des § 1357 BGB umfasst alles, was objektiv dazu dient, den gemeinsamen Haushalt zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Eheleute und den Lebensbedarf der Kinder zu decken (§ 1360a BGB). In subjektiver Hinsicht muss das Geschäft für die jeweilige Bedarfsdeckung zudem angemessen sein. Der Strom dient den Ehegatten sowohl objektiv dazu, den gemeinsamen Haushalt zu bestreiten und ist subjektiv auch angemessen, sodass ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs vorliegt.

3. Kann S von M Bezahlung der ausstehenden Stromrechnungen verlangen?

Ja, in der Tat!

Durch § 1357 BGB wird der nicht handelnde Ehegatte kraft Gesetzes mitverpflichtet, ohne dass es dabei auf dessen Willen ankommt. Durch diese Mitverpflichtung haften die Ehegatten dem Vertragspartner als Gesamtschuldner gemäß § 421 BGB. Da M und F Gesamtschuldner sind, kann S auch von M die Bezahlung der ausstehenden Stromrechnung verlangen.

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Nico

Nico

23.2.2022, 16:52:05

Ab wann würde man hier bei Dauerschuldverhältnissen die Grenze der Weiterhaftung ziehen? Oder besteht die Haftung unabhängig von der Trennung bis zum ursprünglich vereinbarten Vertragsende weiter, solange ein Getrenntleben bei Vertragsschluss noch nicht vorlag?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.2.2022, 16:22:00

Hallo NiC.-, sehr gute Frage. Der BGH hat sich zu dem Ende der Haftung nicht weiter geäußert. Da er aber explizit festgestellt hat, dass die Trennung und der Auszug allein nicht dafür genügen, bleibt letztlich nur die Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt (so Roth, in: MüKo-BGB, 8.A. 2019, § 1357 RdNr. 29). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

PH

Philippe

18.6.2022, 22:10:02

Aber diesbezüglich besteht ja das Problem, dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung § 1357 BGB keine Anwendung mehr findet wegen dem Getrenntleben und der andere Ehegatte deswegen nicht auf Grund der Schlüsselgewalt kündigen kann. Sinnvoll erscheint es mir hier dann nur, den Anspruch dahingehend zu begrenzen, dass der andere Ehegatte nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist haftet.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.6.2022, 13:50:08

Hallo Philippe, vielen Dank für den Hinweis. In der Tat ist in diesem Bereich vieles streitig. In der Literatur wird teilweise generell die Ausübung von Gestaltungsrechten durch den Mitverpflichteten Ehegatten abgelehnt, da dieser durch § 1357 BGB ja gerade nicht Vertragspartner werde (vgl. BeckOGK/Erbarth, 1.12.2021, BGB § 1357 Rn. 126). Wenn man aber mit dem BGH anerkennt, dass der mitverpflichtete Ehegatte auch Gestaltungsrechte ausüben kann (so BGH, Urteil vom 28.2.2018 – XII ZR 94/17 = NJW 2018, 1313) und eine Weiterhaftung bei Dauerschuldverhältnissen annimmt, selbst wenn der Ehegatte ausgezogen ist, so erscheint es naheliegend, ihm für diesen Fall auch eine Kündigungsmöglichkeit zuzubilligen. Aber völlig richtig ist, dass - entgegen der Auffassung des BGH - auch vertreten wird, dass die Fortgeltung der Haftung mit der Trennung entfällt und der ausziehende Partner somit sogar ohne Kündigungsfrist von der Mithaftung frei wird (vgl. MüKoBGB/Roth, 9. Aufl. 2022, BGB § 1357 Rn. 29). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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