Sukzessive Mittäterschaft bei Versuch

22. November 2024

4,8(14.319 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M2 sieht zufällig, wie M1 ihren gemeinsamen Feind O würgt. Da O wild um sich schlägt, ruft M1 dem M2 zu: „Halt ihn still!" Daraufhin packt M2 die Arme des O, so dass es dem M1 gelingt, den O zu erwürgen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Sukzessive Mittäterschaft bei Versuch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M1 hat sich wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht, indem er den O erwürgte.

Ja, in der Tat!

Der Taterfolg ist eingetreten, O ist tot. Hierfür ist das Würgen durch M1 kausal geworden. Er handelte auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Damit ist er strafbar wegen § 212 Abs. 1 StGB. Bezüglich der Strafbarkeit des M2 fragt sich, ob ihm das Würgen durch M1 nach § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Mittäterschaft setzt (1) eine gemeinsame Tatausführung mit wesentlichen Tatbeiträgen sowie (2) einen Entschluss zur gemeinsamen, arbeitsteilig auf vergleichbarer Augenhöhe begangenen Tat voraus. Fraglich ist, wie es sich auswirkt, dass M2 erst hinzugekommen ist, als die Tat bereits in die Versuchsphase eingetreten war (sog. sukzessive Mittäterschaft).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Es ist unstrittig möglich, einen mittäterschaftsbegründenen Tatbeitrag zu erbringen, wenn der andere sich bereits und noch im Versuchsstadium befindet.

Ja!

Bis zur Vollendung der Tat ist eine sukzessive Mittäterschaft unstrittig möglich. Sukzessive Mittäterschaft liegt vor, wenn jemand in Kenntnis und Billigung des von einem anderen begonnenen tatbestandsmäßigen Handelns in das tatbestandsmäßige Geschehen als Mittäter eingreift. Eine Zurechnung bereits verwirklichter Tatumstände ist jedoch nur dann möglich, wenn der Hinzutretende selbst einen für die Tatbestandsverwirklichung ursächlichen Beitrag leistet. Außerdem erfordert die gebotene Willensübereinstimmung, dass der andere seine Tätigkeit durch die geleistete Unterstützung vervollständigen und diese sich zurechnen lassen will.

3. Vorliegend sind die Voraussetzungen der sukzessiven Mittäterschaft gegeben.

Genau, so ist das!

Die Tat des M1 befand sich noch im Versuchsstadium. Weiter ist M2 nach der Aufforderung des M1 in einer Weise tätig geworden, die darauf schließen lässt, dass er dem Plan des M1 beitreten wollte. Ein sukzessive gefasster gemeinsamer Tatentschluss liegt somit vor. Ferner hat die sukzessive Tatmitwirkung des M2 auch objektiv zur Tat beigetragen, denn allein ist es M1 nicht gelungen, den O zu erwürgen. M2 hat diesen Beitrag mit Tatherrschaft und Täterwillen geleistet, also einen mittäterschaftsbegründenden Tatbeitrag erbracht. Er handelte insoweit vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft. Mithin ist er strafbar wegen §§ 212 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

16.6.2023, 08:42:50

Kurz zum Verständnis: Wenn M2 hinzukommt als Unbeteiligter und einfach zuschaut. § 13 I StGB scheidet mangels Garantenstellung aus. Was wäre denn dann noch möglich? § 323c StGB?

CR7

CR7

27.4.2024, 11:53:38

Yes, § 323c StGB ist eine gute Idee, aber ich nehme an, es wird wohl an der Zumutbarkeit bzw. Gefahr für eigene

Rechtsgüter

scheitern, da anzunehmen ist, dass M1 sich dann auf M2 stürzt und diesen "aus dem Weg" schaffen möchte (wenn wir nur vom eigenen Eingreifen sprechen, natürlich könnte man ja dann die Polizei rufen). Zumindest hätte M2 dann die Polizei rufen müssen als zumutbarstes Hilfeverhalten (Schönke/Schröder/Hecker StGB § 323c Rn. 14-17)


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen