Strafrecht
Strafrecht Allgemeiner Teil
Täterschaft und Teilnahme
Mittäterschaft durch Mitwirkung im Vorbereitungsstadium
Mittäterschaft durch Mitwirkung im Vorbereitungsstadium
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M1 stiehlt die Kuh des O. M2 ist zwar am Tatort nicht anwesend, von ihm stammt aber der penibel durchdachte Plan. Auch stellt er dem M1 ein Transportfahrzeug zur Verfügung und veräußert später die Kuh. Der Beuteerlös wird gleichmäßig geteilt.
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Einordnung des Falls
Mittäterschaft durch Mitwirkung im Vorbereitungsstadium
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M1 hat sich wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht, indem er die Kuh des O gestohlen hat.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. M2 hat sich wegen Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) in unmittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 1 StGB) strafbar gemacht.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Auf Grundlage der strengen Tatherrschaftslehre hat M2 einen mittäterschaftsbegründenden Tatbeitrag erbracht (§§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
4. Auf Grundlage der weiten Tatherrschaftslehre hat M2 einen mittäterschaftsbegründenden Tatbeitrag erbracht (§§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB).
Ja!
5. Auf Grundlage der gemäßigt subjektiven Theorie der Rspr. hat M2 einen mittäterschaftsbegründenden Tatbeitrag erbracht (§§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB).
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Cajetan
15.5.2021, 01:29:28
Braucht es nicht auch gerade bei der gemäßigten subjektiven Theorie einen objektiven Tatbeitrag? Die reine Abgrenzung nach Täterwillen ist doch gerade nicht die gemäßigte, sondern die uneingeschränkt subjektive Theorie.
Tigerwitsch
15.5.2021, 14:53:50
Das stimmt 👍🏻 Bei der subjektiven Theorie kann zwischen der „strengen“ Ansicht (= innere Willensrichtung allein maßgeblich) und der „gemäßigten“ Ansicht (= subjektive Theorie auf objekt. Grundlage) unterschieden werden. Letztere wird vom der neueren Rechtsprechung vertreten. So grenzt der BGH in einer (wertenden) Gesamtschau aller Umstände die (Mit-)Täterschaft von der Teilnahme ab (vgl. BGH, U. v. 19.10.1962 - AZ.: 9 StE 4/62). Demnach ist auf den Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, den Umfang der Tatbeteiligung sowie Tatherrschaft/-wille abzustellen (BGH, B. v. 14.02.2012 - AZ.: 3 StR 446/11). Mittäter ist danach, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint (vgl. nur BGH, U. v. 16.03.2016 - AZ.: 2 StR 346/15). Außerdem erfordert eine Mittäterschaft nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen bzw. Anwesenheit am Tatort. Ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt (vgl. nur BGH, B. v. 08.12.2015 - AZ.: 3 StR 439/15). So liegt es hier: M2 war zwar nicht am Tatort. Er hat jedoch den Tatplan ausgearbeitet und ein Fahrzeug bereitgestellt. Demnach will der die Tat als eigene und hat daneben wesentliche Tatbeiträge geleistet. Nach der Gesamtschau der Umstände sind ihm die Handlungen des M1 zuzurechnen und er ist als Mittäter iSd § 25 Abs. 2 StGB zu qualifizieren.
Cajetan
15.5.2021, 17:46:46
Ah, die Erweiterung aus der letzten Entscheidung war mir nicht bekannt. Vielen Dank Tigerwitsch, wie immer eine
Ehre🎩
Faby
4.5.2023, 09:59:32
Auch in den Erklärungstexten/Lösungen von Jurafuchs sollte m.M.n. so erklärt bzw. abgegrenzt werden. Verwirrend war an der einen Stelle, dass einerseits nach der gemäßgt subjektiven Theorie gefragt wurde aber in der Lösung dann nur von der "subjektiven Theorie" gesprochen wird. Es gibt da also scheinbar bisher keine so klare Trennung. Auch der objektive Tatbeitrag wird als Abgrenzungsmerkmal (zwischen uneingeschränkter/gemäßigter subjektiver Theorie) nicht so deutlich. :)
Jurapro
17.4.2024, 20:12:20
In der Klausur würde ich dann den Theorienstreit zwischen Tatherrschaftsl
ehreund Täterwillen nicht mehr beim Entschluss zur gemeinsamen Tatausführung ansprechen, sondern mich da kurzhalten und nur feststellen, dass sie gemeinsam die Tat begehen wollten, richtig?
MLena
25.4.2024, 14:42:09
Du sprichst den Streit nur einmal an und auch wirklich nur, wenn es hier Probleme gibt. Im Folgenden kannst du dann auf oben verweisen. Klassischerweise spricht man den Streit im OTB an unter I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Tatbestand verwirklicht b.
Gemeinschaftliche Tatbegehungaa. Tatbeitrag für jeden Mittäter gesondert bestimmen. bb. Gegenseitige Zurechnung § 25 II --> hier kommt der Streit. c. Gemeinsamer Tatplan 2. Subjektiver Tatbestand