Alkoholrausch

22. November 2024

4,7(14.297 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die 19-jährige alkoholungewöhnte T und der 20-jährige O feiern wegen der neuerlichen Corona-Maßnahmen bei sich zu Hause eine einsame Party mit viel Doppelkorn und lauter Musik. Völlig betrunken (BAK zum Tatzeitpunkt 3,5 ‰) und frustriert über ihr geplatztes Auslandssemester fügt T dem O mit einer kaputten Bierflasche Wunden an den Unterarmen zu. In diesem Zustand ist T nicht mehr fähig, das Unrecht der Tat einzusehen.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Alkoholrausch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Alkoholrausch wird als „krankhafte seelische Störung“ oder „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ (§ 20 StGB) eingeordnet.

Genau, so ist das!

Schuldhaftes Handeln setzt Schuldfähigkeit voraus. §§ 20, 21 StGB sind nach der sog. gemischten Methode aufgebaut: (1) Der Täter muss einen bestimmten biologischen Befund aufweisen (das Vorliegen einer krankhaften Störung) und deswegen (2) unfähig sein, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (psychologische Komponente).Trunkenheit wird als als krankhafte seelische Störung oder tiefgreifende Bewusstseinsstörung (Stufe 1) eingeordnet. Sie lässt die Schuldfähigkeit entfallen, wenn sie so erheblich ist, dass sie die Fähigkeit des Täters zu normgemäßer Motivation ausschließt.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. BAK-Werte haben eine erhebliche Indizwirkung.

Ja, in der Tat!

Nach gegenwärtigem Stand der Rspr. gibt es keinen Rechts- oder Erfahrungssatz, wonach ab einer bestimmten Höhe der BAK die Schuldfähigkeit regelmäßig aufgehoben ist. Ein Tatzeit-BAK von 3 ‰ oder mehr veranlasst jedoch regelmäßig die Prüfung einer Aufhebung der Steuerungsfähigkeit (d.h. des § 20 StGB), wobei es auf die individuelle Trinkgewöhnung ankommt.

3. Trotz Alkoholrausch hat T schuldhaft gehandelt.

Nein!

T war im Tatzeitpunkt mit 3,5 ‰ völlig betrunken. Das Indiz für eine Schuldunfähigkeit wird dadurch erhärtet, dass T nicht alkoholgewöhnt war. T müsste auch infolge des Alkoholrausches unfähig dazu gewesen sein, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln (Stufe 2). Die Feststellung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ist eine spezifisch richterliche Aufgabe, die dieser regelmäßig mit Hilfe von Sachverständigen löst. Solche Fragen werden in der Klausur nicht gestellt. Sie können höchstens mit Sachverhaltsangaben (wie hier ausdrücklich im letzten Satz) zutreffend eingeordnet werden.
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SN

Sniter

21.1.2023, 22:15:17

Liebes Jurafuchs-Team, ihr beschreibt die Stufe 2 mit "müsste auch infolge des Alkoholrauschs unfähig dazu gewesen sein, das Unrecht der Tat einzusehen ODER nach dieser Einsicht zu handeln". Meines Erachtens kommt da aber kein ODER sondern ein UND hin. Ich kenne die Unterteilung des § 20 dementsprechend auch mit drei -und nicht wie hier- in zwei Stufen.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

27.1.2023, 14:14:24

Hallo Sniter, vielen Dank für Deinen Hinweis. In der Tat genügt nach der gängigen Kommentarliteratur (vgl. MüKoStGB/Streng, 4. Aufl. 2020, StGB § 20 Rn. 12; Fischer, StGB, § 20 RdNr. 3) und auch der Rechtsprechung (BGH , Beschl. v. 9.3.2022 – 3 StR 19/22 = NStZ-RR 2022, 168), wenn es dem Täter an der Einsichtsfähigkeit ODER der Steuerungsfähigkeit fehlt. Richtig ist zwar, dass der BGH in seiner jüngeren Rechtsprechung nicht mehr von einer zweistufigen, sondern mehrstufigen Prüfung spricht: (1) Feststellung erforderlich, dass eine psychische Störung vorliegt, die ein solches Ausmaß erreicht hat, dass sie unter eines der Merkmale des § 20 StGB zu subsumieren ist; (2) Untersuchung des Ausprägungsgrad der Störung und deren Einfluss auf die soziale Anpassungsfähigkeit des Täters; (3) Beeinträchtigung der psychischen Funktionsfähigkeit des Täters bei der Tatbegehung durch die Störung. Es genügt aber weiterhin, dass entweder die Einsicht- oder die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt sind. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

SN

Sniter

6.2.2023, 08:42:40

Vielen Dank für die ausführliche Antwort. Im Gesetz steht auch "oder". Du hast natürlich Recht (y)


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen