Unterlassungsanspruch
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Prokuristin P arbeitet für Kaufmann K, den sie nicht leiden kann. Als P einen besseren Job findet, schließen P und K einvernehmlich einen Aufhebungsvertrag. Dann verfasst P eine an alle Kunden des K gerichtete E-Mail, wonach sie aufgrund der finanziellen Notlage des K entlassen worden sei. K will verhindern, dass P die Mail versendet.
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Einordnung des Falls
Unterlassungsanspruch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die E-Mail wäre eine unwahre Tatsache mit der Eignung zur Kreditgefährdung (§ 824 Abs. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. K muss hinnehmen, dass P die E-Mail versendet, und kann erst anschließend Schadensersatz (§ 824 Abs. 1 BGB) verlangen.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Der Unterlassungsanspruch (§§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823ff. BGB analog) ist verschuldensabhängig.
Nein, das trifft nicht zu!
4. Eine Erstbegehungsgefahr besteht.
Ja!
5. Den K trifft eine Duldungspflicht.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. P ist als Anspruchsgegnerin auch Störer.
Ja, in der Tat!
7. K kann von P Unterlassung (§§ 1004 Abs. 1 S. 2, 824 Abs. 1 BGB analog) verlangen.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
evanici
12.9.2023, 10:59:49
Wie sähe das im Hinblick auf S. 1 auf den präventiven Charakter aus? Dort geht es ja eigentlich nicht mehr um die Verhinderung, sondern eher um die Beseitigung einer bereits eingetretenen Beeinträchtigung...
Timurso
17.5.2024, 10:12:21
§ 1004 I 1 BGB hat tatsächlich keinen präventiven Charakter, sondern ist wie du sagst kein auf die Zukunft gerichteter Unterlassungs-, sondern ein Beseitungsanspruch, der sich auf bereits bestehende Beeinträchtigungen besteht.
Wolli
17.5.2024, 09:26:03
§1004 gilt nur für das Eigentum, welches vorliegend nicht betroffen ist. Welchem Rechtsgut droht hier also die Beeinträchtigung? Ist es das
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb? Dies würde doch nur den Bestand des Betriebes als solchen schützen..
Timurso
17.5.2024, 10:08:14
§
1004 BGBgilt entgegen dem Wortlaut nicht nur für
Antragsdelikte, sondern für alle von § 823 BGB geschützten
Rechtsgüter. Hier wäre, wie du sagst, wohl das
Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs einschlägig. Dieses schützt neben dem Bestand aber auch alles, was dazu gehört, insbesondere den Kundenstamm, was hier am ehesten einschlägig ist. Man könnte wohl aber auch sagen, dass das Verhalten der P den Bestand gefährdet.
Ro80t59
19.6.2024, 11:56:07
In diesem Fall wäre es wahrscheinlich zutreffender auf die von § 824 BGB geschützte Kredit- und Geschäftswürdigkeit abzustellen, die durch die unwahre Tatsachenbehauptung der ehemaligen Prokuristen bedroht ist. Diese ist auch ein vom Schutzbereich der quasinegatorischen Ansprüche umfasstes Rechtsgut. (vgl. hierzu MüKO: [...] nachdem der negatorische Schutz der §§ 12, 1004 für sämtliche deliktisch geschützte Interessen verallgemeinert worden ist (→ Vor § 823 Rn. 41). Insbesondere ist auch die Kredit- und Geschäftswürdigkeit des § 824 als analog § 1004 durch Abwehransprüche geschütztes Rechtsgut anerkannt. (MüKoBGB/Wagner, 9. Aufl. 2024, BGB § 824 Rn. 58) Ein Umweg über den dem § 824 subsidiären Schutz des ReAGs über § 823 braucht es dann nicht mehr.
in persona
15.6.2024, 11:21:17
wird hier 1004 I 2 BGB analog herangezogen,weil noch keine Beeinträchtigung stattgefunden hat?
kerberos 🦦
21.6.2024, 07:51:12
Hey, der wird analog herangezogen, weil es sich nicht um eine Eigentumsbeeinträchtigung handelt, während der § 1004 sich nach Wortlaut und Systematik auf das Eigentum bezieht.