Fehlgeschlagener Versuch Grundlagen 2 - Tatplantheorie


mittel

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Klassisches Klausurproblem

T möchte O, der viel stärker und größer als T ist, töten. Dafür tritt T die Wohnungstür des O ein und schießt sofort zweimal auf O, wobei erst der zweite Schuss trifft. T bereut den Treffer jedoch sofort und ruft den Notdienst, der O das Leben rettet. (3/3)

Einordnung des Falls

Fehlgeschlagener Versuch Grundlagen 2 - Tatplantheorie

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach der Theorie vom Planungshorizont war der Versuch fehlgeschlagen.

Nein!

Nach der früheren Rechtsprechung soll ein fehlgeschlagener Versuch dann vorliegen, wenn der Täter zur Erfolgsherbeiführung eine Tathandlung vornehmen muss, die er ursprünglich nicht in seinen Vorsatz aufgenommen hat. Es kommt dabei auf den Tatplan an. T hat sofort zweimal auf O geschossen, ohne dass er abgewartet hat, ob der erste Schuss überhaupt getroffen hat. Dies zeigt, dass von vornherein der Tatplan bestand, mindestens zwei Schüsse abzugeben. Daher hat sich die Handlung, die zum Erfolgseintritt führen könnte, innerhalb des Tatplans des T befunden. In der Praxis stellt sich dann die Frage, wie weit der Täter gedacht hat: Ist der Tatplan das ganze Magazin abzufeuern oder nur einmal zu schießen? Dies ist jedoch eine Tatsachenfrage.

2. Nach der Tatplantheorie liegt eine Tat im Sinne des § 24 Abs. 1 StGB nur solange vor, wie die Handlung auf dem Tatplan beruht.

Genau, so ist das!

Die Theorie beruht auf der Vorstellung, dass eine Handlung von einem Vorsatz getragen ist und bei einer abweichenden Handlung ein neuer Vorsatz gefasst werden muss, der gesondert bestraft wird. Die Kritik, dass der skrupellose Täter privilegiert wird, ist nicht unbedingt nachvollziehbar, da der Täter, der von vornherein plant mehrere Schüsse abzugeben, nicht skrupelloser ist als der Scharfschütze, der nur einen Schuss braucht. Auch ein natürliches Sprachverständnis spricht dafür. Der Täter, der plant, auf eine Person zu schießen, gibt die Tatausführung nicht auf, weil er es unterlassen hat, mit einem zur Verfügung stehenden Messer auf diesen einzustechen, sondern weil er nicht geschossen hat. Dies verkennt jedoch den Inhalt des Vorsatzes, der sich auf einen Tatbestand(-serfolg) bezieht. Zudem werden dadurch solche Täter privilegiert, die derart ihren Tatplan fassen, sodass sie bewusst davon abweichen können, um so der Strafbarkeit zu entgehen.

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Prokurist

28.11.2023, 22:09:52

Hier könnte man noch einen der Hauptkritikpunkte an der Tatplantheorie hinzufügen: Diese Theorie ist aus prozessualer Sicht extrem fragwürdig, da die Strafbarkeit mehr oder weniger komplett vom Einlassungsgeschick des Täters abhängt.

LELEE

Leo Lee

3.12.2023, 11:46:41

Hallo Prokurist, vielen Dank für die sehr wichtige Anmerkung! Du hast natürlich völlig Recht, dass der besonders perfide Täter hierdurch privilegiert wird (was wiederum gegen die Tatplantheorie spricht). Wir haben deshalb nun deine Anmerkung als weiteres Argument gegen die Theorie aufgenommen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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