Hilfsanträge des Klägers

24. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K klagt gegen B auf Rückzahlung einer Darlehensforderung. B leistet nach Rechtshängigkeit eine Zahlung. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Zahlung -wie B behauptet- auf den Darlehensanspruch oder -wie K meint- auf eine ältere Forderung erfolgt ist, deren Existenz B aber bestreitet.

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Einordnung des Falls

Hilfsanträge des Klägers

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K weiß sicher, dass sein Antrag in der Hauptsache nunmehr erledigt ist.

Nein, das trifft nicht zu!

Wenn der Sachverhalt streitig ist, insbesondere die betreffenden Tatsachen bezüglich eines möglichen erledigenden Ereignisses bislang nur von einer Partei vorgetragen, aber noch nicht bewiesen wurden, ist für den Kläger unsicher, ob durch ein Ereignis tatsächlich Erledigung eingetreten ist. Dies sorgt für folgende Probleme: (1) Bleibt der Kläger beim ursprünglichen Zahlungsantrag und kommt das Gericht zur Überzeugung, dass Erledigung eingetreten ist, wird die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abgewiesen. (2) Wenn er Erledigung erklärt, aber tatsächlich keine Erledigung eingetreten ist, besteht die Gefahr, dass die Forderung bei erneuter Klageerhebung bereits verjährt ist. K weiß nicht sicher, ob hinsichtlich des Darlehensrückzahlungsanspruchs Erfüllung (§ 362 BGB) und damit Erledigung eingetreten ist.
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2. Da K nicht sicher weiß, ob Erledigung eingetreten ist, kann er seinen Zahlungsantrag weiterverfolgen, aber zudem hilfsweise Erledigung erklären.

Ja!

Ein Hilfsantrag auf streitige Feststellung der Erledigung ist grundsätzlich zulässig. Dem steht insbesondere nicht die Bedingungsfeindlichkeit des Prozessrechts entgegen, da die Entscheidung über den Hauptantrag eine innerprozessuale Bedingung ist, deren Eintritt das Gericht durch Erlass dieser Entscheidung selbst herbeiführt. Dies führt daher nicht zu Rechtsunsicherheit.

3. Sofern sich nach der Beweisaufnahme ergibt, dass tatsächlich Erfüllungswirkung vorliegt, ist die Klage hinsichtlich des Hauptantrags abzuweisen. Ist der Hilfsantrag auf Feststellung der Erledigung damit stets zulässig und begründet.

Nein, das ist nicht der Fall!

Regelmäßig ist die Zulässigkeit des Hilfsantrags mangels erforderlichen Feststellungsinteresses (§ 256 ZPO) abzulehnen. Das Feststellungsinteresse ergibt sich normalerweise aus dem Kosteninteresse. Zuletzt hat der BGH ein Feststellungsinteresse mit der Begründung abgelehnt, dass bei der Kostenentscheidung die Abweisung des Hauptantrags ohnehin zwingend zu berücksichtigen sei, sodass der Kläger keinen Kostenvorteil habe, weil er aufgrund seines Unterliegens im Hauptantrag ohnehin die diesbezüglichen Kosten zu tragen habe. Der BGH bejaht ein Feststellungsinteresse nur für den Fall, dass dieses über die bloße Kostenverteilung hinausgeht. Mangels über ein bloßes Kosteninteresse hinausgehendes Feststellungsinteresse ist der Hilfsantrag auf Feststellung der Erledigung als unzulässig abzuweisen.Nach a.A. ist ein Feststellungsinteresse aufgrund der oben dargelegten prozessualen Risiken des Klägers zu bejahen.

4. Da die hilfsweise erklärte Erledigung den K hier nicht weiterbringt, ist ihm zu raten, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären und hilfsweise sein ursprüngliches Klagebegehren aufrechtzuerhalten.

Ja, in der Tat!

Der Kläger hat die Möglichkeit, eine Erledigungserklärung abzugeben (Hauptantrag) und den ursprünglichen Antrag hilfsweise aufrechtzuerhalten (Hilfsantrag). Wenn Erledigung der Hauptsache eingetreten ist, wird dies im Urteil festgestellt und der Hilfsantrag ist hinfällig. Wenn keine Erledigung vorliegt, kann der Beklagte unter Abweisung des Feststellungsantrags auf den Hilfsantrag hin verurteilt werden. Der Beklagte trägt bei ursprünglicher Begründetheit der Klage das uneingeschränkte Kostenrisiko. Denn auch wenn das Gericht ihn erst auf den Hilfsantrag verurteilt, werden ihm die Kosten voll auferlegt (§ 45 Abs.1 S.3 GKG). Um dem zu entgehen, kann sich der Beklagte der Erledigungserklärung anschließen. Denn dann entschiedet das Gericht nur noch über die Kosten (§ 91a ZPO), nicht aber über den Hilfsantrag.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ISAB

Isabell

26.6.2023, 13:30:14

Nach neuerer BGH Rechtsprechung (BGHZ 106, 359; BGH NJW-RR 06, 1378) wird doch die Zulässigkeit einer nur hilfsweisen Erledigungserklärung verneint. Es ist also nur zulässig

Erledigung der Hauptsache

+ hilfsweise urspr. Antrag (auch nochmal Knöringer 11.18)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.7.2023, 11:30:44

Hallo Isabell, in der Tat lehnte der BGH zuletzt die Zulässigkeit der hilfsweise erklärten Erledigung ab. Dies wird hier im dritten Erklärungstext angesprochen, wo es darum geht, dass der BGH mangels Kostenersparnis das Feststellungsinteresse verneint. Knöringer plädiert dagegen für die Zulässigkeit der bloß hilfsweise erklärten Erledigung. Er argumentiert insbesondere damit, dass bei einer Erledigungserklärung in der Hauptsache die Gefahr drohe, dass sich der Gegner der Erledigung anschließe (übereinstimmende Erledigungserklärung). Dann entscheidet das Gericht nur noch über die Kosten des Verfahrens und der Kläger hat keine Möglichkeit mehr über sein Klagebeg

ehre

n eine rechtskräftige Entscheidung herbeizuführen (Knöringer, Die Assessorklausur im Zivilprozess, § 11 RdNr. 11.17). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ALE

Aleks_is_Y

21.3.2024, 13:53:59

Habe ich es richtig verstanden, dass der Beklagte bei ursprünglicher

Begründetheit

der Klage die Kosten aus folgendem Grund zu tragen hat: Die Erledigunserklärung/ Feststellungsantrag wird mit 50% des ursprüglichen Streitwerts bemessen, der Hilfsantrag mit 100% des ursprünglichen Streitswerts. Eigentlich hätte der Kläger 1/3 der Streitkosten zu tragen, aber weil es bei beiden Anträgen um die selbe Streitsache geht, ist nur der Wert des höheren Anspruchs Maßgebend; und bei diesem ist der Beklagte zu 100% unterlegen und trägt deswegen die gesamten Kosten des Rechtsstreites? Ich hoffe ich habe meine Frage und Antwort verständlich formuliert.

Felix Finito

Felix Finito

27.3.2024, 17:33:00

In dem Fall, in dem der Kläger den Rechtsstreit für einseitig erledigt erklärt,hilfsweise den ursprünglichen

Klageantrag

aufrechterhält und das Gericht dann zu dem Schluss kommt, dass sich der Rechtsstreit nicht erledigt hat und der ursprüngliche Antrag begründet war, ja. Der Feststellungsantrag nach einseitiger Erledigungserklärung wird übrigens nicht mit 50% des urspr. Streitwerts bemessen, sondern bemisst sich grundsätzlich nach den bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten.

Juriano

Juriano

28.9.2024, 19:56:31

@[Felix Finito](241506) Stimmt schon. In der Lit. aber eine verbreitete Ansicht. Für die "50 % Lösung“ spricht, dass sie das Konzept der einseitigen Erledigung als

Klageänderung

konsequent zuende denkt.

la reina de los gatos

la reina de los gatos

5.5.2024, 13:13:59

Ich verstehe es nicht so recht. Wenn sich B der Erledigungserklärung anschließt - was wahrscheinlich ist, nicht nur aufgrund des Kostenrisikos, auch aufgrund der Tatsache, dass sich B ja gerade auf die Erfüllungswirkung berufen möchte - dann entscheidet das Gericht nach § 91a ZPO nach billigem Ermessen über die Kosten und der Hilfsantrag geht ins Leere. Aber das Rechtsschutzziel des K ist doch, dass er beide - nach seiner Meinung bestehende - Forderungen beglichen bekommt und feststeht, dass Erfüllung für die alte Forderung eingetreten ist.


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