Öffentliches Recht

Polizei- und Ordnungsrecht

Polizeiliche Standardmaßnahmen

Kein Anwendungsvorrang vor der Generalklausel: Standardmaßnahme tatbestandlich nicht einschlägig

Kein Anwendungsvorrang vor der Generalklausel: Standardmaßnahme tatbestandlich nicht einschlägig

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Abzubi A ist nach einer durchzechten Nacht volltrunken und kaum noch Herr seiner Sinne. Er setzt zu einem Schluck aus einer Schnappsflasche an, als ihn Polizistin P erblickt. P ergreift die Flache, gießt den Inhalt aus und wirft die leere Flasche in den Altglascontainer.

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Einordnung des Falls

Kein Anwendungsvorrang vor der Generalklausel: Standardmaßnahme tatbestandlich nicht einschlägig

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Polizeigesetze ermächtigen zur Sicherstellung von Sachen. Sicherstellung ist die Aufhebung alten und die zielgerichtete Begründung neuen hoheitlichen Gewahrsams. Ist die Sicherstellung hier einschlägig?

Nein!

Fällt eine polizeiliche Maßnahme unter den Anwendungsbereich einer Standardermächtigung, stellt diese Standardermächtigung die richtige Ermächtigungsgrundlage für die Maßnahme dar. Nur wenn der Regelungsgehalt einer Standardermächtigung nicht eröffnet ist, kann auf die Generalklausel zurückgegriffen werden. Die polizeigesetzliche Standardmaßnahme der Sicherstellung (z.B. § 61 SOG M-V, § 14 SOG HH, § 38 ASOG Bln) ermächtigt zur Aufhebung alten und zielgerichteten Begründung neuen hoheitlichen Gewahrsams. P begründet keinen hoheitlichen Gewahrsam, sondern zerstört die Flasche. Ps Handeln fällt nicht unter den Begriff der Sicherstellung. Die Sicherstellung gemäß anwendbarem Landespolizeigesetz ist daher nicht die richtige Ermächtigungsgrundlage für Ps Handeln. In der Klausur solltest Du dich fragen, ob die getroffene Maßnahme wirklich unter die auf den ersten Blick in Betracht kommende Standardmaßnahme subsumiert werden kann.
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2. Kann das polizeiliche Handeln der P auf die polizeiliche Generalklausel gestützt werden?

Genau, so ist das!

Fällt eine polizeiliche Maßnahme nichtunter den Anwendungsbereich einer Standardermächtigung, kann auf die Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage zurückgegriffen werden. Das Handeln der P kann auf die Generalklausel gestützt werden. Der Anwendungsbereich der Sicherstellung (§ 61 SOG MV, § 14 SOG HH, § 38 ASOG Bln) ist mangels Begründung hoheitlichen Gewahrsams nicht eröffnet, sodass der Rückgriff auf die Generalklausel nicht gesperrt ist. Als Faustregel gilt für die Klausur also: Fällt eine Maßnahme in den Anwendungsbereich einer Standardermächtigung, geht diese als lex specialis der Generalklausel vor. Das gilt selbst dann, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Standardmaßnahme nicht erfüllt sind. Ist der Anwendungsbereich einer Standardmaßnahme nicht eröffnet, kannst Du bedenkenlos auf die Generalklausel als Ermächtigungsgrundlage zurückgreifen.
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