Strafrecht
BT 1: Totschlag, Mord, Körperverletzung u.a.
Gefährliche Körperverletzung, § 224 StGB
Ledergürtel als gefährliches Werkzeug (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)
Ledergürtel als gefährliches Werkzeug (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Um seine Ehefrau O zu züchtigen, versetzt T ihr mit einem dünnen Ledergürtel leichte Schläge. O behält davon feinstreifige Hautrötungen zurück.
Diesen Fall lösen 36,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Ledergürtel als gefährliches Werkzeug (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T der O mit dem Ledergürtel Schläge versetzt hat, hat er eine Körperverletzung mittels eines "anderen gefährlichen Werkzeugs“ (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 Var. 2 StGB) begangen.
Nein!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Im🍑nderabilie
17.1.2023, 18:30:10
Wie kann man behaupten, dass gerade Ledergürtel, oder -riemen, nicht unter gefährliche Werkzeuge fallen, obwohl gerade bei derartigen Schlägen extremer Schmerz beim Opfer hervorgerufen wird.. Nicht nachvollziehbar
Lukas_Mengestu
18.1.2023, 11:22:10
Hallo Im🍑nderabilie, vielen Dank für die Rückfrage. Hier musst Du etwas aufpassen. Der BGH hat hier nicht geurteilt, Ledergürtel/-riemen sind nie gefährliche Werkzeuge. Vielmehr hat er betont, im KONKRETEN FALL sei der Ledergürtel nicht in einer solchen Weise eingesetzt worden, dass es die Schwelle zum gefährlichen Werkzeug erreiche. Abgestellt hat er dabei vor allem auf die "leichten Schläge", also die geringe Intensität bzw. die "geringfügigen Verletzungen". Dass man dies auch anders sehen kann, zeigt bereits der Umstand, dass die Ausgangsinstanz noch die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs angenommen hat. Für die Klausur solltest Du aus diesem Fall vor allem mitnehmen, dass es wichtig ist, bei gefährlichen Werkzeugen nicht automatisch von ihrer abstrakten Gefährlichkeit auf die Annahme der Qualifikation zu schließen, sondern sauber unter die gegebenen Sachverhaltsinformationen zu subsumieren. Insbesondere zu den von Dir angeführten "extremen Schmerzen" schweigt der Sachverhalt. Exkurs in die Praxis: Selbst wenn man hier das gefährliche Werkzeug im Ergebnis mit dem BGH ablehnt, so kann die Art der Ausführung dennoch zumindest im Rahmen der Strafzumessung strafschärfend Berücksichtigung finden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Captain Stupid
16.6.2024, 11:14:46
Danke, ein schöner Fall, um das Augenmerk genau darauf zu legen. Die konkrete Art der Verwendung war in meiner Wahrnehmung nie ein Problem. Jetzt weiß ich, dass man das nicht so einfach übergehen sollte. Allerdings suggeriert das Bild, dass der Kerl volle Kanne zuschlägt. Der Sachverhalt verrät die Details, aber vielleicht könnten Bild und Text etwas mehr korrespondieren...?😇
lennart20
16.3.2023, 11:24:24
Wird somit erst aus der ex-Post-Sicht entschieden, ob ein Werkzeug gefährlich ist? Also erst wenn eine erhebliche Verletzung ex-post festgestellt werden kann, kann man das Qualifikationsmerkmal bejahen? Oder bin ich da falsch?
se.si.sc
16.3.2023, 11:46:54
Ich verstehe deine Bedenken und halte die vorgenommene Subsumtion hier zumindest für bedenklich, weil genau dieses Missverständnis entstehen kann. Die ex post-Sicht ist jedenfalls nicht (allein) entscheidend. Es kommt vielmehr definitionsgemäß darauf an, ob das benutzte Werkzeug nach den konkreten Umständen seiner Verwendung geeignet (!) ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Damit kommt es auf eine konkrete Eignung an, aber gerade nicht auf eine konkrete Verletzung. Ob es letztlich tatsächlich zu einer solchen Verletzung gekommen ist, mag im Einzelfall als Indiz für eine konkrete Eignung dienen. Man kann sich aber leicht theoretische Fälle ausdenken, in denen es trotz der Gefährlichkeit der konkreten Verwendung nur zu sehr glimpflichen Verletzungen gekommen ist, dann ist die Gefährlichkeit des Werkzeugs keineswegs ausgeschlossen. Wäre beispielsweise ein Ledergürtel zum kräftigen Würgen von hinten genutzt worden, lässt sich mit dem Hinweis auf einen nicht unwahrscheinlichen Erstickungstod und/oder zumindest die Gefährlichkeit einer unterbrochenen Sauerstoffzufuhr sehr gut ein gefährliches Werkzeug annehmen - auch wenn es im konkreten Fall vielleicht "nur" zu kleineren roten Striemen am Hals gekommen ist (zum Ganzen statt aller MüKo-StGB, § 224 Rn. 20 ff).
Lukas_Mengestu
16.3.2023, 12:26:29
Danke euch beiden für die gute Diskussion! Wir haben die Subsumtion hier noch einmal präzisiert. In der Tat geht es hier nicht um die tatsächlich erlittene Verletzung (Rötungen), sondern den konkreten Einsatz des Mittels (leichte Schläge). Es bedarf also nicht zwingend des Eintritts eines erheblichen Verletzungserfolges, der konkrete Einsatz des Mittels muss aber geeignet sein, einen solchen hervorzurufen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team