Zivilrecht

Kaufrecht

Nacherfüllung

Fall Nacherfüllungsort

Fall Nacherfüllungsort

22. November 2024

4,8(13.351 mal geöffnet in Jurafuchs)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem
Neues Kaufrecht 2022

Opi O kauft bei Rewe (R) Müller Protein-Milchreis. Als er diesen kurz danach zu Hause essen will, stellt er fest, dass der Milchreis verschimmelt ist.

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Einordnung des Falls

Fall Nacherfüllungsort

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ist die Kaufsache bei Gefahrübergang mangelhaft, kann der Käufer Nacherfüllung verlangen (§§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer nach § 439 BGB Nacherfüllung verlangen (§ 437 Nr. 1 BGB). Er kann dabei als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder die Lieferung einer mangelfreien Sache (Nachlieferung) verlangen (§ 439 Abs. 1 BGB). An eine einmal getroffene Wahl ist der Käufer nach hM bis zur Vornahme der Nacherfüllung grundsätzlich nicht gebunden (Grenze: § 242 BGB). Der Käufer muss bei der Geltendmachung des Nacherfüllungsverlangens anbieten, dem Verkäufer am Erfüllungsort eine Untersuchung der erhobenen Mängelrügen zu ermöglichen (seit dem 1.1.2022 in § 439 Abs. 5 BGB kodifiziert).
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2. O kann einen neuen Milchreis, also Nachlieferung verlangen (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Käufer kann die Lieferung einer anderen gleichartigen und gleichwertigen mangelfreien Sache (Nachlieferung) verlangen (§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB). Beim Gattungskauf muss dann ein anderes Exemplar aus der vereinbarten Gattung geleistet werden.O kann hier also eine andere Portion Protein-Milchreis verlangen.

3. Die Nacherfüllung findet immer am Wohnsitz des Käufers statt, also müsste ein Rewe-Mitarbeiter dem O einen neuen Milchreis bringen.

Nein!

Der Nacherfüllungsort ist gesetzlich nicht geregelt, sodass nach hM die allgemeine Regel des § 269 Abs. 1 BGB gilt. Danach ist Leistungsort im Zweifel der Wohnsitz des Schuldners (= Verkäufers), wenn ein Ort für die Leistung weder vertraglich bestimmt wurde noch ein solcher Ort aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des Schuldverhältnisses, entnommen werden kann. Für die Frage, ob sich der Erfüllungsort aus der „Natur des Schuldverhältnisses“ ergibt, ist dabei primär auf die Verkehrsanschauung abzustellen. So ist die Kaufsache bei alltäglichen Ladengeschäften nach der Verkehrsanschauung dort „umzutauschen“. Bei Reparaturen von technischen Geräten finden Reparatur- und Diagnosearbeiten in der Regel beim Verkäufer, so dass die Verkehrsanschauung ebenfalls für einen Erfüllungsort beim Verkäufer spricht. Fehlt eine solche Verkehrsanschauung, ist Erfüllungsort der Wohnsitz des Verkäufers. Nach der Verkehrsanschauung sind im Supermarkt gekaufte, verdorbene Waren dort umzutauschen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Allegra.B

Allegra.B

30.3.2023, 15:41:23

Könnt ihr erklären, warum nicht auf §269 II abgestellt wird bzw. kurz abgrenzen ? Daran hätte Ich jetzt gedacht, wenn es um eine Rewe Filiale geht. Schilder ist doch auch der Rewe (R) und nicht der Mitarbeiter selbst, sodass der Wohnsitz des Mitarbeiters als „Schuldner“ doch schon erst recht nicht in Betracht kommen kann iS 269 I? Ich bin verwirrt, Hilfe 😁

Allegra.B

Allegra.B

30.3.2023, 15:41:46

*Schuldner

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

4.4.2023, 17:14:53

Hallo Allegra, entschuldige bitte die entstandene Verwirrung. Im Maßstabstext ging es in der Tat um den allgemeinen Grundsatz - unabhängig des konkreten Falls -, dass beim Schuldner der

Nacherfüllungsort

ist. In der Tat hat eine juristische Person natürlich keinen Wohnsitz iSd §§ 7-11 BGB, sodass hier auf § 269 Abs. 2 BGB abzustellen ist. Hier ist der

Nacherfüllungsort

also die Supermarktfiliale. Der Wohnsitz des Rewe-Mitarbeiters ist hier auch vollkommen irrelevant :-) Ich hoffe, damit konnte ich die Verwirrung ein wenig beseitigen. Liebe Grüße, Lukas


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