Zivilrecht
Kaufrecht
Rücktritt
Wertersatz bei Verschlechterung nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht aber vor dessen Ausübung
Wertersatz bei Verschlechterung nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht aber vor dessen Ausübung
6. Juli 2025
38 Kommentare
4,8 ★ (27.217 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Großkanzleipartnerin P kauft bei V einen neuen Porsche, dessen Getriebe jedoch mangelhaft ist. Eine von P gesetzte Nacherfüllungsfrist verstreicht fruchtlos. Nach Fristablauf fährt die stets fahrlässig fahrende P aus Unachtsamkeit den Spiegel des Porsche ab, als sie diesen in ihrer Tiefgarage parkt. Anschließend erklärt P den Rücktritt.
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Einordnung des Falls
Wertersatz bei Verschlechterung nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht aber vor dessen Ausübung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V kann von P Wertersatz verlangen, weil der Porsche den Spiegel verloren und sich somit verschlechtert hat (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Hs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
2. V hat gegen P einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 346 Abs. 4, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB, weil P den Porsche beschädigt hat und damit ihre Rückgewährpflicht verletzt hat.
Nein, das trifft nicht zu!
3. V hat folglich keine Ansprüche gegen P hinsichtlich der Beschädigung des Porsches vor Erklärung des Rücktritts.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Melanie 🐝
26.5.2021, 09:04:15
Das widerspricht sich doch, wenn zuerst gesagt wird, P müsste nicht haften, aber dann in der letzten Frage gesagt wird, P müsste doch haften?

Isabell
4.8.2021, 09:37:49
Ich stolper da auch immer drüber. Man muss sich hier die verschiedenen zeitlichen Momente klar machen. Solange ich den Kaufgegenstand grundsätzlich behalten möchte (wobei da die alleinige Angabe der begehrten
Nacherfüllungetwas ungenau ist. Könnte ja auch Nachlieferung einer neuen mangelfreien Sache sein.) darf ich mit diesem Gegenstand so umgehen, wie ich üblicherweise mit meinen Sachen umgehe. Wenn dann was kaputt geht, hafte ich nicht dafür. Sobald ich mich aber dazu entschlossen habe, das Ding wieder los werden zu wollen, muss ich vorsichtiger damit sein. Ab dem Moment entsteht ein neues
Schuldvefhältnis mit neuen Pflichten. Verletze ich diese neue Pflicht hafte ich dafür.
Melanie 🐝
4.8.2021, 09:39:06
So klingt das alles gar nicht mehr so kompliziert, danke für die tolle, einfache und einprägsame Erklärung 🙏
Vojtech
24.12.2021, 01:06:49
Ich finde, dass man hier mit guten Argumenten auch anderer Ansicht sein könnte … Wovon muss denn der Käufer positive Kenntnis haben? Rücktrittsrecht (wohl erst mit Fristablauf?) oder Rücktrittsgrund? Im “Maßstab” steht nämlich beides, obwohl die Begriffe mE nicht deckungsgleich sind. Dass man dem Käufer die
Haftungsprivilegierungmit Fristablauf abspricht, leuchtet mir noch ein. Dass man es bei positiver Kenntnis vom Rücktrittsgrund tut, verstehe ich etwas weniger, denn zu dem Zeitpunkt ist weder eine Frist gesetzt noch liegt mangels Rücktrittserklärung kein Rückgewähr
schuldverhältnis und somit auch keine Rückgewährpflicht des Käufers, von der er Kenntnis haben könnte.

Lukas_Mengestu
27.12.2021, 10:56:09
Hallo Vojtech, in der Tat ist die sogenannte Phase 2 bei einem gesetzlichen Rücktrittsrecht (=der Zeitraum zwischen Kenntnis/Kennenmüssen vom Rücktrittsgrund bis zur Rücktrittserklärung) sehr umstritten, wenn sich die Sache verschlechtert/untergeht und der Berechtigte die
eigenübliche Sorgfaltbeachtet hat (vgl. Gaier, in: MüKo-BGB, 8.A. 2019, § 346 RdNr. 70) . Hier werden verschiedene Lösungsansätze vertreten, wobei wir hier die Vorgehensweise der h.M. dargestellt haben. Um nichts zu vergessen, kann man sich der Problematik mit drei Fragen nähern: 1) Ist der Rücktrittsgläubiger verpflichtet Wertersatz zu leisten (§ 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder enfällt die Ersatzpflicht aufgrund der Privilegierung nach § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB?, 2) Besteht eine Pflicht
Schadensersatz zu leisten?

Lukas_Mengestu
27.12.2021, 11:11:14
3) Muss die
Haftungsprivilegierungdes § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch auf einen etwaigen
Schadensersatzanspruch übertragen werden? zu Frage 1): ein Teil der Literatur will die Privilegierung teleologisch reduzieren und bei Kenntnis des Rücktrittsgrundes entfallen lassen. Denn insoweit sei der Rücktrittsberechtigte nicht mehr schutzwürdig. Eine solche teleologische Reduktion lehnt die h.M. unter Hinweis auf den Wortlaut und den Gesetzeszweck (Risikoverlagerung auf den
Schuldner, der pflichtwidrig geleistet hat) ab. Wertersatz ist nach h.M. also nicht zu
schulden.

Lukas_Mengestu
27.12.2021, 11:12:45
zu Frage 2): nach h.M. kann der Rücktrittsberechtigte
schadensersatzpflichtig sein, wenn er die Verschlechterung zu vertreten hatte. Dies wird aber nicht auf § 346 Abs. 4 BGB gestützt, denn – wie Du schon richtig gesagt hast - besteht zum Zeitpunkt der
Verletzungshandlungnoch kein Rückgewähr
schuldverhältnis. Als Anknüpfungspunkt dient vielmehr der ursprüngliche
Kaufvertragaus dem bei Kenntnis des Rücktrittsgrundes eine vertragliche Nebenpflicht abgeleitet wird. Sofern der Käufer den Rücktrittsgrund kenne, so sei er verpflichtet, damit sorgsamer umzugehen, als wenn er noch davon ausgeht, den Gegenstand zu behalten.

Lukas_Mengestu
27.12.2021, 11:14:52
Zu Frage 3: Sofern man die Möglichkeit der Vorfeldhaftung beim
Schadensersatz bejaht, ist dann ebenfalls streitig, ob der Käufer nun jegliches
Vertretenmüssenund damit einfache Fahrlässigkeit zu vertreten hat (vgl. § 276 Abs. 1 BGB) oder ob die Pflicht zum
Schadensersatz entfällt, wenn der
Schuldner die
eigenübliche Sorgfaltangewendet hat (§ 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB). Dafür spräche, dass ansonsten die Privilegierung unterlaufen wird. Dagegen spricht, dass die Privilegierung primär die Zufallshaftung auf den Verkäufer abwälzen soll. Je nachdem, wie man die drei Fragen beantwortet, kann das Ergebnis der Prüfung gänzlich unterschiedlich ausfallen (von „kein Wertersatz und kein
Schadensersatz“ bis hin zu „Wertersatz und
Schadensersatz nebeneinander“). Beste Grüße Lukas – für das Jurafuchs-Team
Vojtech
27.12.2021, 13:28:19
Danke für die umfangreiche Antwort ✌🏼

Sambadi
31.3.2022, 09:31:09
Könnte man auch argumentieren, dass sich die SE-Pflicht aus einer Art „vorvertraglichem“ Rückgewähr
schuldverhältnisses ergibt? Ab dem Moment wo der Käufer eine
Nacherfüllungsfrist setzt und diese fruchtlos verstreicht, wissen ja beide Parteien, dass mit großer Wahrscheinlichkeit als nächstes der Rücktritt erklärt wird und sie sich in einem tatsächlichen Rückgewähr
schuldverhältnis befinden werden. Dass man die Pflichtverletzung aus § 346 ivm § 311 Abs 2 Nr. 2 analog ableitet vielleicht

Lukas_Mengestu
31.3.2022, 09:57:08
Hallo Sambadi, interessanter Gedanke. Auf vorvertragliche Pflichtverletzungen wird in der Regel nur in Konstellationen abgestellt, in denen noch keine vertragliche Beziehung zwischen den Parteien besteht. Dadurch soll der Schutz der Parteien über die Regelungen des Deliktsrechts hinaus erweitert werden. Zwischen Käufer und Verkäufer besteht indes bereits ein
Schuldverhältnis in Form des
Kaufvertrages. Insofern liegt es näher, die Pflicht direkt an diesen
Kaufvertraganzubinden, als dies über ein "vorvertragliches Rückgewähr
schuldverhältnis" zu konstruieren. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Larzed
25.4.2022, 20:03:35
Gilt nicht für § 346 Abs. 3 S 1 Nr. 3 eine teleologische Reduktion dahin, dass für Fälle im Straßenverkehr die
diligentia quam in suisnicht gilt?

Lukas_Mengestu
2.5.2022, 14:04:38
Hallo Larzed, vielen Dank für die gute Nachfrage. Der BGH hat sich zu einer Einschränkung des Sorgfaltsmaßstabes bislang nur in Kontexten geäußert, wo Schädiger und Geschädigter beide am Straßenverkehr teilgenommen haben (zB BGH NJW 1967, 558). Grundsätzlich greift die Haftungsprivilegerung insoweit bei § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich auch bei Beschädigung der Kaufsache im Straßenverkehr. Für eine Einschränkung ergeben sich weder aus dem Wortlaut noch dem Telos der Norm (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2008, 911, Gaier, in:MüKo-BGB, 8.A. 2019, § 346 RdNr. 66). Im Straßenverkehr ist die Rechtsprechung allerdings strenger im Hinblick auf die Frage, wann ein Verhalten tatsächlich noch der eigenüblichen Sorgfalt entspricht und geht im Regelfall davon aus, dass diese nicht gewahrt wurde (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2008, 925). Auch wenn die
Haftungsprivilegierungder eigenüblichen Sorgfalt damit im Grundsatz anwendbar ist, wird sie in der Praxis aufgrund der hohen Anforderungen hinsichtlich der Darlegung häufig wohl nicht greifen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Fiona
10.10.2022, 15:03:39
Bitte genauer aufschlüsseln, wann ich für meine Fahrlässigkeit hafte und wann nicht. Bisschen ungenau

CR7
11.4.2023, 09:50:48
Finde ich auch!

Sebastian Schmitt
4.12.2024, 14:12:40
Hallo @[Fiona](184484), vielen Dank für den Verbesserungsvorschlag. Leider ist der allerdings recht allgemein gehalten, genauer gesagt mE sogar so allgemein, dass ich nicht sicher bin, was genau Dich stört:
Was meinst Du konkret mit "aufschlüssseln"? §
346 BGBist leider in den Einzelheiten recht komplex, mit diversen Voraussetzungen und Rückausnahmen für verschiedene Fälle, die wir ohnehin nicht alle iRd Frage abbilden können. Auf Dauer führt leider kaum ein Weg daran vorbei, sich mit den Details einmal gezielt zu befassen und die Norm ein Mal von vorne bis hinten zu lesen, zumal sämtliche Absätze durchaus prüfungsrelevant sind. Wünscht Du dir deshalb also eher ein allgemeines, thematisches und strukturiertes Prüfungsschema für §
346 BGB? Es wäre hilfreich, wenn Du uns das genauer sagen könntest. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

CR7
11.4.2023, 09:51:02
Hier muss es heißen: V kann daher keinen SE statt der Leistung geltend machen!

CR7
11.4.2023, 11:56:02
Ich habe die Aufgabe jetzt 3x gelöst, weil ich noch nicht verstanden habe, ab welchem Zeitpunkt positive Kenntnis des RücktrittsR vorliegt. Ist das der Zeitpunkt des Fristablaufs (also der ZP, an dem das RücktrittsR entsteht?) oder der ZP der
Fristsetzung? Auf einem Zeitstrahl sähe es ja so aus: 1. Vertragsschluss (Kauf des Porsche) 2. Kenntnisnahme des Mangels (Bemerken, dass Getriebe kaputt ist) 3.
Fristsetzung(bspw. E-Mail mit Aufforderung zur Nachbesserung oder Nachlieferung) 4. Fristablauf und damit Verzug des Verkäufers (nach einem angemessen Zeitraum) 5. Jetzt geht der Spiegel kaputt durch Fahrlässigkeit der Anwältin → hier haftet sie aber, da Kenntnis vom RücktrittsR, also müsste ja der Fristablauf der maßgebliche Zeitpunkt sein, oder? 6. Rücktritt wird ausgeübt @[
Lukas Mengestu](136780) @[Nora Mommsen](178057)

Lukas_Mengestu
11.4.2023, 17:14:50
Hallo F.A., vielen Dank für die super Nachfrage. Die einschlägige Kommentarliteratur ist hier leider auch nicht 100% eindeutig, sondern differenziert mit schöner Regelmäßigkeit nur abstrakt zwischen den drei Phasen: (1) bis zur Kenntnis des Rücktrittsgrundes, (2) zwischen Kenntnis des Rücktrittsgrundes und Ausübung des Rücktritts, (3) nach Ausübung des Rücktritts (vgl. MüKoBGB/Gaier, 8. Aufl. 2019, BGB § 346 Rn. 70; BeckOK BGB/H. Schmidt, 65. Ed. 1.2.2023, BGB § 346 Rn. 72; BeckOGK/Schall, 1.12.2022, BGB § 346 Rn. 650;Kamanbrou, Haftung des Rücktrittsberechtigten bei Untergang der empfangenen Leistung, NJW 2003, 30;Staudinger/Kaiser (2012) BGB § 346, Rn. 228). Wann genau dagegen "Kenntnis vom Rücktrittsgrund" vorliegt, wird nicht genauer thematisiert. In den Fällen einer nachholbaren Leistung besteht der Rücktrittsgrund streng genommen in der Tat erst nach Ablauf einer angemessenen
Nacherfüllungsfrist (
§ 323Abs. 1 BGB), sofern sie nicht ausnahmsweise entbehrlich ist (
§ 323Abs. 2 BGB). Die hM begründet die Haftung in der zweiten Phase allerdings primär teleologisch. Derjenige, der wisse, dass er ggfs. die Sache nicht behalten dürfe, müsse damit sorgsamer umgehen, als derjenige, der davon ausgeht, die Sache dauerhaft zu behalten. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt dürfte insoweit schon die Kenntnis des Mangels sein (bei Dir also Punkt 2 auf Deinem Zeitstrahl). Dass nicht das vollständige Enstehen des Rücktrittsgrundes (inkl. Fristablauf), sondern die Kenntnis von der Mangelhaftigkeit ausschlaggebend sein soll, zeigt sich auch darin, dass nach überwiegender Ansicht bereits die
fahrlässige Unkenntnisvom Rücktrittsgrund (aka Mangelhaftigkeit) genügen soll, um die verschärfte Haftung des Rücktrittsberechtigten zu begründen. Ich hoffe, jetzt ist es etwas klarer geworden :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Molesley
6.11.2023, 13:57:09
Hallo, eine Verständnisfrage: Der
Schadensersatzanspruch ergibt sich hier aus §§ 433, 280 I, 242 II, weil sich die Käuferin hier quasi in einem Zwischenzeitraum befindet? Nämlich nach der Einschränkung auf
eigenübliche Sorgfalt, weil sie hier schon von ihrem Rücktrittsrecht wusste. Aber vor der Haftung aus dem Rückgewähr
schuldverhältnis, weil dieses mangels Rücktritt noch nicht bestand. Richtig? Wäre super, wenn mir jemand kurz bestätigen könnte, dass ich das richtig verstanden habe.

Linda
16.12.2023, 23:28:56
Vorsicht: Die Haftungsbeschränkung auf die
Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten(
diligentia quam in suis) gem. § 346 III Nr. 3 i.V.m. § 277 entsteht nach Übergabe der Kaufsache, weil der Käufer auf die Wirksamkeit der Verträge hoffen darf und dementsprechend die Sache als sein Eigentum behandeln darf. In dem Moment, in dem er Kenntnis von seinem Rücktrittsrecht erhält, es aber noch nicht ausnutzte, wird dieses berechtigte Vertrauen erheblich gestört. Daraus ergibt sich, dass eine Nebenpflicht gem. § 242 II entsteht, mit der Sache nun sorgsamer umzugehen.
jayjay
11.2.2024, 13:32:59
kann sein, dass ich was komplett falsch gelesen/verstanden habe. aber bei der einen Frage sagt ihr, dass gem. § 346 Abs. 3 S.1 Nr.3 der Wertersatz entfällt. Aber P fährt doch immer fahrlässig?!

Nora Mommsen
11.2.2024, 15:26:14
Hallo jayjay, danke für deine Frage. § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB definiert den Entfall der Wertersatzpflicht, wenn der
Schuldner die
eigenübliche Sorgfaltan den Tag gelegt hat. Der
Schuldner muss also nicht sorgfältiger sein, als er es mit seinen eigenen Sachen sonst auch ist. Da P immer recht sorglos mit ihren Sachen umgeht, ist dies auch der Maßstab für die Beschädigung am Auto. Leichte Fahrlässigkeit ist daher irrelevant, es kommt darauf an ob sie noch fahrlässiger war, als sie es sonst schon ist. Das ist nicht so. Daher entfällt die Pflicht zum Wertersatz. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

paulmachtexamen
17.3.2024, 17:49:25
Liebe Jurafüchse, könnte man hier nicht sogar einfach den Anwendungsbereich des 346 III 1 Nr. 3 teleologisch reduzieren und sagen, dass die
diligentia quam in suishier vorliegend nicht greife, da Kenntnis vom RücktrittsR und einfache Fahrlässigkeit vorliegt. Dann spart man sich ja den Umweg in der Klausur, noch den SEA zu prüfen, was sicherlich mehr Zeit kosten würde.

Sambajamba10
17.3.2024, 19:25:34
Könnte man rein theoretisch tun, allerdings nimmt die hM den Gesetzgeber hier ernst und lehnt die teleologische Reduktion meines Erachtens zu Unrecht ab.

Charles "Chuck" McGill
26.2.2025, 17:17:49
@[paulmachtexamen](210803) Das Problem ist, dass Du durch bloße teleologische Reduktion eine ver
schuldensunabhängige Haftung des Gläubigers auf Wertersatz herbeiführst. Die h.M. hält das erst ab Rücktrittserklärung für Interessengerecht. Selbst das kann man jedoch bezweifeln. Bereits ab Kenntnis des Rücktrittsgrunds eine ver
schuldensunanhängige Haftung des Gläubigers anzunehmen erscheint mir jedoch arg ungerecht. Dann müsste der Gläubiger dem
Schuldner den Wert des Spiegels ersetzen, selbst wenn jemand beim Gläubigers eingebrochen und ihn abgetreten hat. Dabei ist es der
Schuldner, der eine
angemessene Fristzur Nachbesserung hat verstreichen lassen. Hätte der
Schuldner seine Pflicht erfüllt, könnte der Gläubiger auch nicht zurücktreten und die Beschädigung des Autos wäre nicht sein Problem. Der Gläubiger hingegen hat sich erstmal gar nichts zu
Schulden kommen lassen.
TomBombadil
22.3.2024, 15:04:44
Hallo zusammen, mir ist gerade nicht klar, weshalb überhaupt ein Anspruch auf
Schadensersatz statt der Leistungaus § 346 IV, § 280 I, III,
§ 281 BGBvorliegen sollte und nicht bloß einer aus § 346 IV, §
280 I BGB... vielleicht mag mir jemand erklären, wo der § 281 I BGB herkommt. :)
P K
22.3.2024, 20:24:26
Verstehe ich auch nicht. Das ist ähnlich wie im Mietrecht bei Herausgabe einer beschädigten Sache. Hier sagt die Rspr., dass dies über § 280 BGB läuft und der Vermieter nicht zur Beseitigung von Schäden auffordern muss. Bei § 346 Abs. 1 BGB dürfte nichts anderes gelten. Aus § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB ließe sich vielleicht sogar ableiten, dass Naturalerfüllung (= Herausgabe Porsche mit repariertem Spiegel) gar nicht ge
schuldet ist. Ist die Reparatur vom Spiegel aber nicht ge
schuldet, würde auch eine
Fristsetzungnicht dazu führen, dass er entfallen würde.
unvorsätzlicher Totschläger
30.10.2024, 09:47:08

Lexpecto Patronum
2.6.2025, 09:53:39
@[TomBombadil](23400) Ich verstehe die hM so: es wird differenziert in 3 verschiedene Phasen. 1. Vor Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Rücktrittsrechts (wohl Kenntnis des Vorliegens der Voraussetzungen, nicht Fristablauf -> teleologisch zu verstehen) 2. Ab Kenntnis/fahrlässiger Unkenntnis bis zur Erklärung des Rücktrittsrechts 3. Nach Erklärung des Rücktrittsrecht In Phase 1 darf der Käufer davon ausgehen, die Kaufsache zu behalten und darf dementsprechend mit ihr machen, was er will. Die spätere Nicht-Herausgabe (vgl. § 281 I Alt. 1) oder nicht wie ge
schuldete Herausgabe (vgl. § 281 I Alt. 2) hätte er jedenfalls nicht zu vertreten. Phase 2 ist ziemlich umstritten. Viel vertreten wird jedoch eine Haftung aus §§ 280 I, 241 II. Es besteht zwar noch kein Rückgewähr
schuldverhältnis, dieses besteht erst ab Erklärung des Rücktritts, vgl. § 349. Aber weil der Käufer weiß/wissen muss, dass er die Sache zurückgewähren wird, ist ihm eine erhöhte Sorgfalt im Umgang abzuverlangen, die eine SE-Haftung begründen kann, hier dann als SE ndL (so in der Aufgabe). In Phase 3 kommt dann nach § 346 IV eine Haftung nach den §§ 280 ff. in Betracht. Das Rückgewähr
schuldverhältnis besteht ab Rücktrittserklärung und verpflichtet den Käufer zur Sorgfalt, da er die Sache zurückgewähren muss, eine etwaige Verschlechterung/Untergang hat er zu vertreten (wenn man mit der (wohl) hM davon ausgeht, dass § 346 III 1 Nr. 3 nicht anzuwenden ist, weil der Käufer nicht schützenswert ist und es sich um keine zufällig Verschlechterung sondern gerade eine Ver
schuldenshaftung handelt). Hier kommt dann § 281 ins Spiel, der auch in der Aufgabe angeprüft wurde, in der wir uns aber eben erst in Phase 2 befunden haben. Der Käufer kann dann nach § 281 haften, wenn er die Sache nicht oder nicht wie ge
schuldet (verschlechtert) zurückgewährt. Hier ist dann nur an die
Fristsetzungzu denken, wobei ich mir vorstellen kann, dass die oft auch nach § 281 II entbehrlich sein könnte. In der Aufgabe ist § 281 zwar nicht einschlägig, ich denke aber, dass das angesprochen wurde, um die unterschiedliche Haftung in den verschiedenen Phasen zu verdeutlichen. Ich hoffe, dass das richtig war bzw. geholfen hat :))
ehemalige:r Nutzer:in
17.1.2025, 18:29:41
Bedeutet ab Kenntnis vom Rücktrittsgrund = ab Kenntnis vom Mangel?
Lea
21.1.2025, 23:04:50
Hmmm... ich hätte tatsächlich eher gedacht, dass allein die Kenntnis vom Mangel nicht nicht ausreicht. Vielmehr müsste man doch an das Vorliegen eines Rücktrittgrunds anknüpfen, oder? Bei bloßer Kenntnis vom Mangel hat der
Schuldner ja noch andere Möglichkeiten weiter zu verfahren ohne mit dem Gedanken an einen Rücktritt und der damit verbundenen Verpflichtung zur Rückgabe der Sache zu spielen (vorwiegend
Nacherfüllungund anschließend Kaufpreis
minderung). An diesem Beispiel gemessen, würde ich es ab erfolglosem Verstreichen der
Nacherfüllungsfrist als gegeben sehen.

ahimes
7.5.2025, 14:02:05
Guten Tag Jurafüchse! Kann mir jemand diesen Part der Erklärung erklären? Ich verstehe da den Sinn u. Zweck gerade gar nicht. ....." Die Haftungsmilderung des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB gilt für diese Pflichtverletzung nicht, da sie den Schutz (nur) desjenigen Käufers bezweckt, der seine (zukünftige) Rückgabepflicht noch gar nicht kennt. Diese Erklärung war die letzte Frage, also mit dem SE aus §§ 433, 280 I, 241 II BGB Wäre euch sehr dankbar !!
imio
9.6.2025, 13:31:27
Hallo, ich habe gelernt, dass die herrschende Meinung § 346 IV auch auf solche Pflichtverletzungen anwendet, die vor der Rücktrittserklärung liegen mit dem Argument, dass der Käufer einer Sache ja mit der Möglichkeit eines Rücktritts rechnen und daher sorgfältig mit der Sache umgehen muss. Ich verstehe auch, dass die Gegenansicht sagt, dass es an sich unlogisch ist, in diesen Fällen eine Pflichtverletzung anzunehmen, da ja noch kein Rückgewähr
schuldverhältnis entstanden ist, aus dem Pflichten abgeleitet werden könnten. Ich wundere mich nur, dass dieser Streit hier gar nicht erst angesprochen wird. Kann mir jemand sagen, ob ich hier vielleicht etwas falsch verstanden habe?