Zivilrecht

Kaufrecht

Rücktritt

Wertersatz bei Verschlechterung nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht aber vor dessen Ausübung

Wertersatz bei Verschlechterung nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht aber vor dessen Ausübung

4. Juli 2025

38 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Großkanzleipartnerin P kauft bei V einen neuen Porsche, dessen Getriebe jedoch mangelhaft ist. Eine von P gesetzte Nacherfüllungsfrist verstreicht fruchtlos. Nach Fristablauf fährt die stets fahrlässig fahrende P aus Unachtsamkeit den Spiegel des Porsche ab, als sie diesen in ihrer Tiefgarage parkt. Anschließend erklärt P den Rücktritt.

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Einordnung des Falls

Wertersatz bei Verschlechterung nach Kenntnis vom Rücktrittsrecht aber vor dessen Ausübung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V kann von P Wertersatz verlangen, weil der Porsche den Spiegel verloren und sich somit verschlechtert hat (§ 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Hs. 1, Abs. 3 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Pflicht zum Wertersatz (§ 346 Abs. 2 BGB) entfällt , wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB). § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 wird nach h.M. auch dann nicht teleologisch reduziert, wenn der Käufer im Zeitpunkt der Verschlechterung Kenntnis von seinem Rücktrittsrecht hatte. Dafür besteht wegen der §§ 280ff. BGB nämlich kein Bedürfnis. P fährt mit ihrem Auto für gewöhnlich fahrlässig, haftet also im Rahmen des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB nicht für Fahrlässigkeit und hat dementsprechend grds. keinen Wertersatz zu leisten.
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2. V hat gegen P einen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 346 Abs. 4, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB, weil P den Porsche beschädigt hat und damit ihre Rückgewährpflicht verletzt hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Mit Ausübung des Rücktritts entsteht ein Rückgewährschuldverhältnis. Dieses Schuldverhältnis kann Gegenstand einer Pflichtverletzung sein (§§ 346 Abs. 4, 280ff. BGB). Zum Zeitpunkt der Beschädigung bestanden aber mangels Ausübung des Rücktrittsrechts noch kein Rückgewährschuldverhältnis und somit keine Rückgewährpflicht. V kann somit keinen Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 346 Abs. 4, 280 Abs. 1, 3, 281 BGB verlangen.

3. V hat folglich keine Ansprüche gegen P hinsichtlich der Beschädigung des Porsches vor Erklärung des Rücktritts.

Nein!

Nach h.M. entsteht spätestens ab dem Zeitpunkt, in welchem der Rücktrittsberechtigte positive Kenntnis vom Vorliegen des Rücktrittsgrundes hat, eine vertragliche Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) zum sorgfältigen Umfang mit dem (zukünftigen) Rücktrittsgegenstand. Die Haftungsmilderung des § 346 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 BGB gilt für diese Pflichtverletzung nicht, da sie den Schutz (nur) desjenigen Käufers bezweckt, der seine (zukünftige) Rückgabepflicht noch gar nicht kennt. Der Rücktrittsberechtigte haftet daher bereits ab Kenntnis vom Rücktrittsgrund für jede Fahrlässigkeit. Ein Schadensersatzanspruch des V gegen P ergibt sich daher aus §§ 433, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB.
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