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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V schließt mit K einen privatschriftlichen Grundstückskaufvertrag. V beteuert, er werde K als Eigentümer im Grundbuch eintragen lassen. Stattdessen veräußert V das Grundstück weiter. K hat es infolge des Vertrags mit V unterlassen, ein anderes Grundstück zu kaufen (das ihm D angeboten hatte), welches nun €2.000 mehr wert ist.

Einordnung des Falls

Inhalt II: Haftung bei verschuldeter Formnichtigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. K und V haben einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen (§§ 433, 311b Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Vertrag kommt zustande durch zwei sich inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme (§§ 145, 147 BGB). Zwar haben sich K und V hier eindeutig über den Kauf des Grundstücks geeinigt. Allerdings ist ein privatschriftlicher Kaufvertrag mangels notarieller Beurkundung formnichtig (§§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S. 1 BGB).

2. Zwischen K und V ist ein vorvertragliches Schuldverhältnis entstanden (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht: durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), die Anbahnung eines Vertrags, (Nr. 2) oder ähnliche geschäftliche Kontakte (Nr. 3). Dadurch, dass K und V direkt in Vertragsverhandlungen getreten sind, ist ein vorvertragliches Schuldverhältnis entstanden (§ 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

3. Indem V mit K den privatschriftlichen (und damit formnichtigen) Kaufvertrag abgeschlossen hat, hat er eine Schutzpflicht verletzt (§ 241 Abs. 2 BGB).

Nein!

Die Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB umfassen die Rechte, Rechtgüter und Interessen der anderen Partei, also auch das Interesse des K an einem wirksamen Vertragsschluss. Allerdings obliegt es jeder Partei selbst, dafür Sorge zu tragen, dass ein formwirksamer Vertrag zustande kommt. Insbesondere bei Grundstückskaufverträgen ist allgemein bekannt, dass zu deren Wirksamkeit eine notarielle Beurkundung notwendig ist. Etwas anderes kann jedoch bei besonderen behördlichen Gestattungsverfahren gelten, von deren Wirksamkeitsvoraussetzungen der Laie keine Kenntnis hat.

4. Indem V grundlos die Vertragsverhandlungen mit K abgebrochen hat, hat er eine Schutzpflicht verletzt (§ 241 Abs. 2 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Parteien sind bis zum endgültigen Vertragsschluss in ihren Entschließungen grundsätzlich frei. Auch wenn der andere Teil in Erwartung des Vertragsschlusses bereits Aufwendungen gemacht hat. Eine Ersatzpflicht besteht nur, wenn eine Partei die Verhandlungen ohne triftigen Grund abbricht, nachdem sie in zurechenbarer Weise Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages erweckt hat. Dieser Grundsatz ist bei formbedürftigen Verträgen jedoch nicht anwendbar. Denn dies würde zu einer Umgehung des Schutzzwecks des Formerfordernisses führen.

5. V hat die Pflichtverletzung auch zu vertreten (§ 276 BGB).

Ja, in der Tat!

Schadensersatzansprüche aus c.i.c. setzen grundsätzlich voraus, dass der Verpflichtete den Verstoß gegen seine vorvertraglichen Pflichten zu vertreten hat. Für Ersatzansprüche wegen des grundlosen Abbruchs von Vertragsverhandlungen ist die Frage jedoch umstritten. Nach der hM genügt es, wenn der Verpflichtete das Vertrauen in den Vertragsabschluss in zurechenbarer Weise erweckt hat (Vertrauenshaftung § 122 BGB analog). Das hier der Fall: V hat das Vertrauen des K in den Vollzug des formnichtigen Kaufvertrags erweckt, indem er K beteuerte, er werde ihn als Eigentümer in das Grundbuch eintragen lassen.

6. Indem V seine Bereitschaft aufgegeben hat, den formnichtigen Kaufvertrag zu vollziehen, ohne dies dem K mitzuteilen, hat V eine Schutzpflicht verletzt (§ 241 Abs. 2 BGB).

Ja!

Um den Schutzzweck des Formerfordernisses nicht zu umgehen, liegt im grundlosen Abbruch der Verhandlungen über einen formerforderlichen Vertrag nur dann eine Pflichtverletzung, wenn sich die betreffende Partei geradezu einer vorsätzlichen Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat. Die wichtigsten Fälle sind die Vorspiegelung einer tatsächlich gar nicht vorhandenen Bereitschaft zum Vertragsabschluss sowie die spätere Aufgabe der ursprünglich vorhandenen Bereitschaft zum Abschluss eines Vertrages, ohne dies dem anderen Teil mitzuteilen. V hätte K sofort mitteilen müssen, dass er das Grundstück anderweitig verkaufen werde.

7. K kann von V Schadensersatz in Höhe der Wertsteigerung des anderen Grundstücks verlangen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Der Schädiger hat den Geschädigten so zu stellen, wie dieser ohne das schädigende Ereignis stünde (Differenzhypothese, § 249 Abs. 1 BGB). Das schädigende Ereignis ist hier die Schaffung des Vertrauenstatbestands. Hätte V den K rechtzeitig darüber informiert, dass er das Grundstück nun anderweitig verkaufen werde, hätte K das andere Grundstück erworben. K hätte mit diesem Grundstück eine Wertsteigerung von €2.000 erfahren. Dafür kann K von V Schadensersatz verlangen (§ 249 Abs. 1 BGB). Auf die Beweiserleichterung des § 252 S. 2 BGB (zur Darlegung des entgangenen Gewinns) kommt es daher nicht an.

8. K kann von V als Rechtsfolge des Schadenersatzanspruchs den Abschluss des Grundstückkaufvertrags verlangen (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Schadenersatzanspruch verpflichtet nicht zum Abschluss des angestrebten Vertrags. Der Ersatzanspruch aus c.i.c. wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen umfasst nur das negative Interesse (getätigte Aufwendungen), nicht dagegen das positive Interesse (Vertragsabschluss). Letzteres liefe auf einen Kontrahierungszwang aus c.i.c. hinaus. Dies wäre mit dem Grundsatz der Abschlussfreiheit nicht vereinbar.

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