Einführung: Verletzung von Angehörigen in Mietswohnung (Rechtsgrundlage VSD)


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Klassisches Klausurproblem

M lebt mit ihrer kleinen Tochter (T) in einer Kreuzberger Wohnung die M von Hausbesitzer H gemietet hat. Als sie vom Einkaufen nach Hause kommen, tritt T auf eine morsche Holzstufe und bricht sich dabei das Bein. H wusste, dass die Treppe morsch war.

Einordnung des Falls

Einführung: Verletzung von Angehörigen in Mietswohnung (Rechtsgrundlage VSD)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T steht gegen H ein deliktischer Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB zu.

Ja, in der Tat!

Der haftungsbegründende Tatbestand von § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) einen Verletzungserfolg (2) durch ein zurechenbares Verhalten des Schädigers, der dabei (3) rechtswidrig und (4) schuldhaft gehandelt haben muss. Indem H die Treppe nicht repariert hat, hat er schuldhaft gegen seine Verkehrssicherungspflicht als Eigentümer des Hauses verstoßen. Diese Pflichtverletzung hat kausal zu der Verletzung von Ts Körper und Gesundheit geführt.Deliktische Ansprüche sind für den Anspruchssteller allerdings schwieriger zu beweisen. Denn bei diesen gilt die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht. Aus diesem Grund sucht man in einer Klausur zunächst nach vertraglichen Ansprüchen.

2. T steht gegen H ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB zu.

Nein!

Der Anspruch aus §280 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) ein bestehendes Schuldverhältnis, (2) eine (Schutz-) Pflichtverletzung des Schuldners, (3) die dieser zu vertreten hat und (4) durch die dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist.Zwischen T und H bestand zum Zeitpunkt der Verletzung (noch) kein Schuldverhältnis. Ein (rechtsgeschäftliches) Schuldverhältnis bestand allein zwischen M und H in Form des Mietvertrages.Das gesetzliche Schuldverhältnis, das durch Hs Verletzungshandlung entstanden ist (§ 823 Abs. 1 BGB), führt auch nicht weiter. Denn die Anwendung des § 280 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass das Schuldverhältnis zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung bereits besteht und nicht erst durch diese begründet wird.

3. T könnte gegen H ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung Dritter (VSD) zustehen.

Genau, so ist das!

Aufgrund der Schwächen des Deliktsrechts (Exkulpationsmöglichkeit nach § 831 BGB; kein allgemeiner Vermögensschutz; Beweislastverteilung) ist anerkannt, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein Dritter in den Schutz eines vertraglichen oder vorvertraglichen Schuldverhältnisses einbezogen wird (Vertrag mit Schutzwirkung Dritter). Das Risiko des Schuldners erhöht sich insofern, da er nicht nur Leistungs- und Schutzpflichten gegenüber dem Gläubiger hat, sondern dann auch Schutzpflichten gegenüber dem Dritten.Der VSD durchbricht damit den Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses. Die dogmatische Herleitung hierfür ist im Einzelnen umstritten. Mehr dazu in der nächsten Aufgabe.

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