Gewalt durch vis compulsiva

22. Februar 2025

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

T möchte „Breaking Bad“ im Fernsehen verfolgen. Da seine Freundin O jedoch keine Lust auf diese „nervigen Typen“ hat, versteckt sie das Stromkabel des Fernsehers. Aus Wut schlägt T so lange auf die O ein, bis diese ihm das Netzteil bereitwillig überlässt.

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Einordnung des Falls

Gewalt durch vis compulsiva

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat „Gewalt“ an O ausgeübt (§ 240 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Der Begriff der Gewalt ist umstritten. Der klassische Gewaltbegriff ist die anerkannte Grundlage aller Definitionsversuche. Er setzt voraus, dass der Täter (1) durch körperliche Kraftentfaltung (2) Zwang ausübt, indem er auf den Körper eines anderen einwirkt (3) um geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden.Indem T auf die O eingeschlagen hat, hat er durch körperliche Kraft auf O eingewirkt, um erwarteten Widerstand zu überwinden.
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2. T hat an der O „Gewalt“ in Form von vis absoluta ausgeübt (§ 240 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Unter Gewalt fallen grds. zwei verschiedene Formen: (1) vis compulsiva (lat. „zwingende Gewalt“): Hier erzeugt der Täter durch Einwirkungen auf den Körper des Opfers einen psychischen Druck, der dem Genötigten noch Handlungsspielräume offenlässt. Die Gewalt ist willensbeugend. (2) vis absoluta (lat. „absolute Gewalt“): Hierbei macht der Täter dem Opfer jede Willensbildung oder Realisierung eines vorhandenen Willens gänzlich unmöglich. Die Gewalt ist willensbrechend.T schlägt auf O ein. O hat noch Handlungsalternativen, ihr Willen wird nicht vollständig gebrochen (so etwa bei beim Bewusstlosschlagen). T hat Gewalt in Form von vis compulsiva angewandt.

3. T hat gerade mit der eingesetzten Gewalt die Überlassung des Netzteils durch O kausal und objektiv zurechenbar herbeigeführt (nötigungsspezifischer Zusammenhang).

Ja!

Zwischen dem Nötigungsmittel und dem Nötigungserfolg muss eine kausale Verknüpfung bestehen, d.h. das abgenötigte Verhalten muss unmittelbare und spezifische Folge des angewandten Zwangsmittels sein. Es finden die allgemeinen Regeln der objektiven Zurechnung Anwendung. Der Zusammenhang fehlt, wenn das Opfer auf eigenen Entschluss oder fremden Rat dem Verlangen des Täters nachgibt.Hier hat O gerade aufgrund der Schläge dem T das Netzeil wieder überlassen.
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