Allgemeinbildung Recht

Strafrecht

Mord und Totschlag

Abgrenzung bedingter Vorsatz (dolus eventualis) / bewusste Fahrlässigkeit bei hemmungslos-systematischen Misshandlungen („Fall Karolina“)

Abgrenzung bedingter Vorsatz (dolus eventualis) / bewusste Fahrlässigkeit bei hemmungslos-systematischen Misshandlungen („Fall Karolina“)

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T misshandelt die dreijährige Tochter K seiner Freundin tagelang schwer. Durch einen heftigen Schlag gegen den Kopf prallt K an der Wand auf und stirbt an einer Hirnblutung. T sagt, er habe mit dem Tod nicht gerechnet, da K frühere Schläge stets überlebt habe.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung bedingter Vorsatz (dolus eventualis) / bewusste Fahrlässigkeit bei hemmungslos-systematischen Misshandlungen („Fall Karolina“)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Wer einen Menschen vorsätzlich tötet, ist strafbar wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Richtig! "Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht" (§ 15 StGB). Vorsätzliche Tötungen werden nach § 212 Abs. 1 StGB mit Freiheitsstrafe nicht unter 5 Jahren bestraft. Wenn eines der sog. "Mordmerkmale" des § 211 Abs. 1 StGB vorliegt (z.B. Tötung aus Habgier oder heimtückische Tötung), handelt es sich um eine ganz besonders verwerfliche Art der vorsätzlichen Tötung, auf die zwingend eine lebenslange Freiheitsstrafe folgt. Wer "nur" fahrlässig tötet, d.h. ohne Vorsatz, wird nach § 222 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
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2. T hat die K vorsätzlich getötet und sich strafbar gemacht wegen Totschlags (§ 212 Abs. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Der objektive Tatbestand ist hier leicht zu prüfen: K ist tot und T hat dies verursacht. Die Frage ist, ob T mit Vorsatz handelte. Vorsatz ist das Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Das setzt voraus, dass T wusste, dass seine Misshandlung der K den Tod hervorrufen kann, und dieses Ergebnis billigend in Kauf nahm. BGH: Es entspreche gesichertem Allgemeinwissen, dass derartige Schläge gegen den Kopf mit anschließendem Aufprall gegen feste Gegenstände immer äußerst schwerwiegende Folgen bis hin zum Tod haben könnten (Wissens-Element des Vorsatzes). Da T die K wiederholt hemmungslos und auf geradezu systematische Art und Weise misshandelt und ihr Leben in jedem Einzelfall in hohem Maß bedroht habe, liege auch das Willens-Element des Vorsatzes vor.
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