Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Erlöschen des Schuldverhältnisses
Rückwirkung der Aufrechnung – Einschränkung
Rückwirkung der Aufrechnung – Einschränkung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G gewährt A ein Darlehen i.H.v. €10.000. Zur Sicherheit übereignet A G Aktien zum Kurswert von €7.500. G veräußert die Aktien. Danach steigt der Kurs der Aktien auf €10.500. A macht nun Schadensersatz wegen der unberechtigten Veräußerung geltend.
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Einordnung des Falls
Rückwirkung der Aufrechnung – Einschränkung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A kann mit dem gegen G gerichteten Schadensersatzanspruch aus unberechtigter Veräußerung gegen Gs Darlehensrückzahlungsanspruch aufrechnen (§ 387 BGB).
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Aufrechnung wirkt grundsätzlich auf den Zeitpunkt zurück, in dem das erste Mal eine Aufrechnung vorlag (§ 389 BGB).
Ja, in der Tat!
3. Stellt man auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage ab, müsste A nach erklärter Aufrechnung noch €2.500 zahlen.
Ja!
4. Zweck der Rückwirkung (§ 389 BGB) ist es, dass der Aufrechnende nicht gezwungen wird, sofort die Aufrechnung zu erklären.
Genau, so ist das!
5. Ist die Rückwirkung (§ 389 BGB) im vorliegenden Fall anzuwenden?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Diaa
4.8.2023, 21:20:57
Liebes Jurafuchs-Team, könnt ihr bitte die Obersätze weiterhin in Konjunktiv II formulieren, damit man bei Beantwortung der Fragen nicht durcheinander kommt? Vielen Dank :)
Isabelle.Sophie
3.12.2023, 07:59:58
Woraus ergibt sich der gegen G gerichtete Schadensersatzanspruchs aus ungerechtfertigter Veräußerung´?
Paulah
7.12.2023, 09:47:43
G hat die Aktien verkauft, obwohl die Rückzahlung des kompletten Darlehens nicht fällig war. Die Aktien waren nur als Sicherheit gedacht und nicht als Erfüllung oder
erfüllungshalber.
QuiGonTim
7.12.2023, 10:26:02
Ich denke, @[Isabelle.Sophie](221527) meinte eher, auf welche Normen der SE-Anspruch gestützt wird.
Nora Mommsen
7.12.2023, 10:57:24
Hallo Isabelle.Sophie, danke für deine Frage! Der Übertragung der Sicherheit liegt die
Sicherungsabredeauch Sicherungsvertrag zugrunde. Eine der Hauptpflichten des Sicherungsnehmers aus dem Sicherungsvertrag ist die Rückgewähr der Sicherung nach Wegfall der zu sichernden Forderung. Der Schadensersatzanspruch ergibt sich daher aus Vertrag §§ 275 IV, 280 I, III, 283 BGB. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
unvorsätzlicher Totschläger
31.10.2024, 11:17:59
Müsste nicht damit die Argumentation mit §393 vorliegend greift der SEA vielmehr aus § 823 sprich unerlaubter Handlung geltend gemacht werden?
QuiGonTim
7.12.2023, 10:29:37
Warum verfolgt die Rückwirkungsregel des §
389 BGBden Zweck, den Aufrechnenden davor zu bewahren, die Aufrechnung frühzeitig zu erklären? Hat nicht auch der Aufrechnungsgegner ein berechtigtes Interesse an der frühzeitigen Klärung der Rechtslage?
Nora Mommsen
7.12.2023, 11:02:22
Hallo QuiGonTim, danke für deine Frage! Der Schuldner, der bei Erwerb der Aktivforderung nicht sofort die Aufrechnung erklärt, sondern darauf vertraut hat, in Höhe der Aktivforderung nicht mehr von seinem Gläubiger in Anspruch genommen zu werden, müsste bisher geschuldete Zinsen weiterentrichten und könnte noch in Verzug geraten. Der Gesetzgeber hat daher die Regelung getroffen, dass vom Eintritt der Aufrechnungslage an weder auf die passiv noch auf die aktive Forderung Zinsen entfallen. Ferner gilt ein nach diesem Zeitpunkt entstandener Verzug als nicht eingetreten und eine deshalb begründete Vertragsstrafe als nicht verwirkt. Dementsprechend können als Zinsen, Verzugsschadensersatz und Vertragsstrafe erbrachte Leistungen als ungerechtfertigte Bereicherung zurückgefordert werden, soweit sie auf die Zeit zwischen Eintritt der Aufrechnungslage und Aufrechnungserklärung entfallen. Dies schützt natürlich - insbesondere durch die Zinsen - auch den Aufrechnungsgegner. Aber der Erklärende kann darauf vertrauen, dass sich die Rechtslage und die geschuldete Leistung diesbezüglich nicht mehr ändert und muss nicht möglichst schnell die Aufrechnung erklären nur um diese Rechtsfolgen zu umgehen. Es geht also darum nicht verfrüht aufzurechnen. Natürlich haben beide Parteien in der Regel ein Interesse an einer Klärung der Rechtslage. Es steht ja auch beiden offen. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Stella2244
24.4.2024, 14:49:35
@[Nora Mommsen](178057) erstmal vielen Dank für deine Antwort, trotzdem wird mir nicht ganz klar, warum man davor geschützt werden sollte, eine Aufrechnung frühzeitig erklären zu müssen?
Jakob G.
21.9.2024, 07:33:39
Anders herum wird ein Schuh draus: die aufrechnende Person deren Forderung zuerst fällig wird (Fällige Gegenforderung, erfüllbare Hauptforderung) konnte sich ja immer darauf verlassen, die später fällig werdende Hauptforderung mittels Aufrechnung zu begleichen. Folglich mussten niemals Rückstellungen getätigt werden um in Geld leisten zu können. (Aufrechnung als private Zwangsvollstreckung). Dieses Vertrauen besteht auch, wenn die Hauptforderung - wie hier - in ihrem Wert fluktuiert. Oder wenn diese massiv stärker verzinslich ist und somit die Gegenforderung irgendwann übersteigt. Das sorgt auch bei Aufrechnungsgegner*in für Rechtssicherheit, nicht draufzahlen zu müssen bloß weil zufällig aufgerechnet wird als die Hauptforderung (z.B. dramatische Kursschwankung bei Aktienpaket) mehr wert ist. Um diese Unwägbarkeit zu hintertreiben, wirkt die Aufrechnung auf die erstmalige Aufrechnungslage zurück.
QuiGonTim
2.2.2024, 19:55:08
Ich habe die Aufgabe nun schon mehrfach bearbeitet, aber ich komme nicht darauf, warum die Aktien zum Zeitpunkt, in dem sich die Forderungen erstmals zur Aufrechnung geeignet gegenübergetreten sind, 7.500 € wert gewesen sein sollen. Ist die Schadensersatzforderung des A nicht überhaupt erst entstanden, als G die Aktien (entgegen seiner Pflicht aus dem Sicherungsvertrag) zu einem Wert von 10.000 € veräußert hat? Wie können die Ansprüche dann überhaupt einander gegenübergetreten sein, als die Aktien 7.500 € waren, wenn zu diesem Zeitpunkt einer der beiden Ansprüche noch gar nicht existiert hat?
Falsus Prokuristor
16.2.2024, 19:19:55
G hat die Aktien aber gerade für 7500€ verkauft, was (wie man bei Aktien aufgrund der funktionalen Preisbildung an Börsen annehmen kann) dem Wert der Aktien entspricht und damit den Schaden des A darstellt. Entsprechend entsteht der SEA in dieser Höhe und wächst später auf 10500€. Deiner Frage nach hast Du Dich beim Verkaufspreis verlesen, ansonsten hättest Du natürlich recht. Allerdings wäre der Anspruch dann noch um 500€ angewachsen und es ging „nur“ um die Frage, ob A diese noch erlangen kann, die (volle) Aufrechnung gegen das Darlehen wäre dann aber unproblematisch.
LS2024
21.4.2024, 13:46:14
Die letzte Frage kann man anhand des Sachverhalts nicht beantworten. Soweit ich es richtig verstanden habe, ergibt sich der Umstand, dass der andere Teil nicht aufrechnen kann im zugrundeliegenden BGH Urteil aus den Besonderheiten der Besatzung Deutschlands durch die Alliierten. Ein Hinweis, dass der andere Teil nicht aufrechnen kann, oder eine Anpassung des Falls wäre deshalb erforderlich (Eine Anpassung wäre etwa dadurch möglich, dass die Forderung aus Delikt stammt und somit eine Aufrechnung nur einseitig möglich ist)
unvorsätzlicher Totschläger
31.10.2024, 11:18:30
Müsste nicht damit die Argumentation mit §393 vorliegend greift der SEA vielmehr aus § 823 sprich unerlaubter Handlung geltend gemacht werden?