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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T ruft bei einer Telefonsexhotline an, welche etwa € 300 die Stunde kostet. Dabei schafft er es, dass eine falsche Nummer angezeigt wird, die einer anderen Person gehört. Gleichzeitig ist der Vertrag mit der Hotline sittenwidrig und daher nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Einordnung des Falls

Versuch und Rücktritt: Wahndelikt

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat nach der Rechtsprechung einen vollendeten Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) begangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Der objektive Tatbestand des Betrugs setzt voraus eine (1) Täuschung über Tatsachen, (2) einen dadurch hervorgerufenen Irrtum, (3) eine dadurch vorgenommene Vermögensverfügung und (4) einen kausalen Vermögensschaden. Ein Vermögensschaden scheidet aus, da der Vertrag unwirksam war und der Anspruch daher von § 263 StGB nicht als Vermögen geschützt wird. Dabei ist die Vorfrage der Sittenwidrigkeit des Vertrages im Sachverhalt gegeben. Ob die Rechtsprechung immer noch daran festhält, ist unklar.Da Prostitution rechtlich mittlerweile anerkannt ist (vgl. § 1 Prostitutionsgesetz), dürfte heutzutage aber ein Vermögensschaden zu bejahen sein.

2. Der Versuch eines Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Ja!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Betrug ist ein Vergehen und daher nur im Versuch strafbar, weil die Strafbarkeit ausdrücklich bestimmt ist (§§ 263 Abs. 2, 12 Abs. 2 StGB).

3. T hatte nach der Rechtsprechung „Tatentschluss“ bezüglich eines Betruges.

Genau, so ist das!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt.LG Mannheim: T sei offensichtlich davon ausgegangen, durch seine Handlung dem Betreiber der Hotline widerrechtlich einen Vermögensschaden zuzufügen. Dass die Handlung dafür von vorneherein aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages ungeeignet war, ist unbeachtlich. Die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages sei ein normatives Tatbestandsmerkmal, das der T als erfüllt angesehen hat. Auch der insoweit untaugliche Versuch ist strafbar.

4. Nach anderer Auffassung liegt lediglich ein Wahndelikt vor.

Ja, in der Tat!

Eine andere Auffassung in der Literatur sieht in jedem umgekehrten Rechtsirrtum, auch außerhalb des Strafrechts, ein strafloses Wahndelikt. Nach dieser Ansicht würde der Schutzbereich der strafrechtlichen Norm überdehnt, da die Handlung als solche nicht sanktioniert werden sollte und der Täter den gesamten Sachverhalt kennt. Zum anderen ist die außerstrafrechtliche Norm gerade relevant für das Unrecht, sodass ein Irrtum darüber nicht anders behandelt werden könne, als wenn die Norm strafrechtlicher Natur wäre. Teilweise hänge dies auch vom Zufall ab, ob ein Verweis erfolgt, oder das Strafrecht das Merkmal selbst bestimmt.Das Problem zeigt sich insbesondere darin, dass unklar ist, ob T jetzt strafrechtlich den fehlenden Schutz von sittenwidrigen Ansprüchen verkannt hat, was ein strafrechtlicher Irrtum wäre, oder ob T wirklich über die zivilrechtliche Nichtigkeit irrt. Je nach Begriffsbildung fällt auch die Entscheidung anders aus.

5. T hat durch den Anruf „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

Ja!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. T hat mit dem Anruf bereits alles zur Tatbestandsverwirklichung Erforderliche getan. Lediglich die Höhe des vermeintlichen Vermögensschadens nimmt nach seiner Vorstellung noch zu.

6. T handelte rechtswidrig und schuldhaft.

Genau, so ist das!

T hat auch rechtswidrig sowie schuldhaft gehandelt.

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JO

jomolino

21.10.2021, 18:20:12

Wäre der Fall heute anders zu beurteilen nach Paragraph 1 ProstG wenn ich mich nicht irre, da ja der Vergütungsanspruch der Frau bestehen bleibt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.10.2021, 14:20:37

Hallo nomamo, tatsächlich dürfte heutzutage die Rechtsprechung den Vertrag wohl nicht an der Sittenwidrigkeit scheitern lassen und insoweit sogar einen vollendeten Betrug annehmen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ENU

ehemalige:r Nutzer:in

5.12.2021, 01:43:23

Dass Sittendwidrigkeit am Ende angenommen wird, ist eher unwahrscheinlich. Das ProstG greift jedoch nicht, da dabei nur Verträge zwischen der Person die selbst die Dienstleistung erbringt und der Person die diese in Anspruch nimmt erfasst sind. Geht es hingegen um eine Hotline, also einen Betreiber, der am Ende nicht selbst persönlich die sexuelle Dienstleistung erbringt, greift das Gesetz nicht.

MEMA

Method Man

19.11.2021, 07:48:25

Liebes Jurafuchs-Team, Die Antwort zum Tatentschluss finde ich etwas missverständlich. Das "widerrechtliche Schädigen" steht zwar so im Urteil, eigentlich geht es hier aber nur um die Vorstellung vom Vermögensschaden (bzw. der Vermögensverfügung). Die Widerrechtlichkeit ist für meine Begriffe kein Problem Außerdem werde ich aus dem Satz zum zivilrechtlichen Anspruch nicht ganz schlau, kann es sein, dass hier eine Verneinung zu viel oder zu wenig steht? 😀 Im Übrigen wie immer vielen Dank für die gute Arbeit!

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

19.11.2021, 10:14:47

Danke Method Man, wir haben den Text hier nochmal ein wenig präzisiert. Es geht darum, dass sich T vorstellt beim Betreiber einen Vermögensschaden zu verursachen. Dieser würde aber nur dann bestehen, wenn dem Betreiber überhaupt ein Anspruch auf das vereinbarte Entgelt zusteht. Das ist aber nicht der Fall, da (zum Zeitpunkt der Entscheidung) der Vertrag sittenwidrig war und deshalb durch Ts Manöver kein negatives Saldo auf Seiten des Betreibers eintreten konnte. Die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages ist ein normatives Merkmal, über das sich T irrte. Er ging von der Wirksamkeit aus. Sein Versuch war insoweit von vorneherein untauglich, doch auch der untaugliche Versuch ist strafbar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

MEMA

Method Man

20.11.2021, 08:02:15

Super, danke für die schnelle Hilfe :)

EVA

evanici

29.8.2023, 12:11:45

Ist es völlig deplatziert hier den Streit juristischer vs. ökonomischer Schadensbegriff anzusprechen?


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