Versuch und Rücktritt: Wahndelikt
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T ruft bei einer Telefonsexhotline an, welche etwa € 300 die Stunde kostet. Dabei schafft er es, dass eine falsche Nummer angezeigt wird, die einer anderen Person gehört. Gleichzeitig ist der Vertrag mit der Hotline sittenwidrig und daher nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).
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Einordnung des Falls
Versuch und Rücktritt: Wahndelikt
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat nach der Rechtsprechung einen vollendeten Betrug (§ 263 Abs. 1 StGB) begangen.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Versuch eines Betruges (§ 263 Abs. 1 StGB) ist strafbar.
Ja!
3. T hatte nach der Rechtsprechung „Tatentschluss“ bezüglich eines Betruges.
Genau, so ist das!
4. Nach anderer Auffassung liegt lediglich ein Wahndelikt vor.
Ja, in der Tat!
5. T hat durch den Anruf „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.
Ja!
6. T handelte rechtswidrig und schuldhaft.
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
jomolino
21.10.2021, 18:20:12
Wäre der Fall heute anders zu beurteilen nach Paragraph 1 ProstG wenn ich mich nicht irre, da ja der Vergütungsanspruch der Frau bestehen bleibt?
Lukas_Mengestu
23.10.2021, 14:20:37
Hallo nomamo, tatsächlich dürfte heutzutage die Rechtsprechung den Vertrag wohl nicht an der Sittenwidrigkeit scheitern lassen und insoweit sogar einen vollendeten Betrug annehmen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ehemalige:r Nutzer:in
5.12.2021, 01:43:23
Dass Sittendwidrigkeit am Ende angenommen wird, ist eher unwahrscheinlich. Das ProstG greift jedoch nicht, da dabei nur Verträge zwischen der Person die selbst die Dienstleistung erbringt und der Person die diese in Anspruch nimmt erfasst sind. Geht es hingegen um eine Hotline, also einen Betreiber, der am Ende nicht selbst persönlich die sexuelle Dienstleistung erbringt, greift das Gesetz nicht.
Method Man
19.11.2021, 07:48:25
Liebes Jurafuchs-Team, Die Antwort zum Tatentschluss finde ich etwas missverständlich. Das "widerrechtliche Schädigen" steht zwar so im Urteil, eigentlich geht es hier aber nur um die Vorstellung vom Vermögensschaden (bzw. der Vermögensverfügung). Die Widerrechtlichkeit ist für meine Begriffe kein Problem Außerdem werde ich aus dem Satz zum zivilrechtlichen Anspruch nicht ganz schlau, kann es sein, dass hier eine Verneinung zu viel oder zu wenig steht? 😀 Im Übrigen wie immer vielen Dank für die gute Arbeit!
Lukas_Mengestu
19.11.2021, 10:14:47
Danke Method Man, wir haben den Text hier nochmal ein wenig präzisiert. Es geht darum, dass sich T vorstellt beim Betreiber einen Vermögensschaden zu verursachen. Dieser würde aber nur dann bestehen, wenn dem Betreiber überhaupt ein Anspruch auf das vereinbarte Entgelt zusteht. Das ist aber nicht der Fall, da (zum Zeitpunkt der Entscheidung) der Vertrag sittenwidrig war und deshalb durch Ts Manöver kein negatives Saldo auf Seiten des Betreibers eintreten konnte. Die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages ist ein normatives Merkmal, über das sich T irrte. Er ging von der Wirksamkeit aus. Sein Versuch war insoweit von vorneherein untauglich, doch auch der untaugliche Versuch ist strafbar. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Method Man
20.11.2021, 08:02:15
Super, danke für die schnelle Hilfe :)
evanici
29.8.2023, 12:11:45
Ist es völlig deplatziert hier den Streit juristischer vs. ökonomischer Schadensbegriff anzusprechen?