Einführungsfall zum Schadensersatz

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

B will seine Wohnung neu tapezieren. Daraufhin schließt er mit Malermeisterin U einen Werkvertrag. Nach Abschluss der Arbeiten stellt sich heraus, dass U das italienisches Ledersofa (Wert: €6.000) fahrlässig mit Kleister befleckt und so völlig ruiniert hat.

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Einordnung des Falls

Einführungsfall zum Schadensersatz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B könnte gegen U einen Schadensersatzanspruch wegen des zerstörten Sofas haben (§§ 631, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Genau, so ist das!

Der Schadensersatzanspruch wegen Schutzpflichtverletzung setzt voraus, dass (1) ein (rechtsgeschäftliches oder gesetzliches) Schuldverhältnis besteht, (2) der Schuldner eine Schutzpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) verletzt hat, (3) er die Verletzung zu vertreten hat (§ 276 Abs. 1 BGB) und (4) dem Gläubiger ein Schaden entstanden ist. § 631 BGB ist vorliegend nicht zwingend zu zitieren, sondern dient hier allein der Klarstellung, dass ein Schuldverhältnis in Form eines Werkvertrages vorliegt.
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2. Zwischen B und U besteht ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis in Form eines Werkvertrages (§ 631 BGB).

Ja, in der Tat!

Zur Begründung eines rechtsgeschäftlichen Schuldverhältnisses ist grundsätzlich ein Vertrag zwischen den Beteiligten notwendig (§ 311 Abs. 1 BGB). Beim Werkvertrag schuldet der Unternehmer einen Erfolg (§ 631 Abs. 1 BGB). Dieser kann die Herstellung oder Veränderung einer Sache (§ 631 Abs. 2 Alt. 1 BGB) oder jeder andere durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführende Erfolg (§ 631 Abs. 2 Alt. 2 BGB) sein. B und U haben sich darüber geeinigt, dass U die Wohnung tapeziert. U schuldet insoweit einen Erfolg und nicht ein bloßes Tätigwerden.

3. Hat U ihre Pflicht gewahrt, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des B Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB)?

Nein!

Eine Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei des Schuldverhältnisses vom geschuldeten Pflichtenprogramm(vgl. § 241 BGB). Den Leistungspflichten (§ 241 Abs. 1 BGB) stehen die nicht leistungsbezogenen Schutzpflichten (auch Neben- oder Rücksichtnahmepflichten genannt) gegenüber. Jede Partei ist über die geschuldeten vertraglichen Pflichten hinaus dazu verpflichtet, die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei bei der Leistungserbringung zu berücksichtigen (§ 241 Abs. 2 BGB). U hat bei Durchführung der Arbeiten nicht ausreichend auf die Rechtsgüter des B Acht gegeben und fahrlässig das Sofa mit Kleister befleckt. Dies stellt eine Schutzpflichtverletzung dar.

4. Hatte U die Schutzpflichtverletzung zu vertreten?

Genau, so ist das!

Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, sofern keine strengere oder mildere Haftung (vertraglich oder gesetzlich) bestimmt ist oder sich aus den Umständen ergibt (§ 276 Abs. 1 BGB). Dabei gilt zugunsten des Gläubigers die (widerlegbare) Vermutung, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hatte. (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass U das Sofa unverschuldet zerstört hat hat. Das Vertretenmüssen wird insofern vermutet.

5. Indem U das Sofa zerstört hat, hat sie B einen Schaden zugefügt.

Ja, in der Tat!

Ein Schaden stellt jede unfreiwillig eintretende Beeinträchtigung des Vermögen (Vermögensschaden) oder anderer subjektiver Rechte (Nichtvermögens- oder immaterieller Schaden) dar. Der zu ersetzende Schaden bestimmt sich aus der Differenz zwischen der hypothetischen Vermögenslage, wie sie ohne das schädigende Ereignis bestehen würde, und der tatsächlichen Vermögenslage (sog. Differenzhypothese, § 249 BGB). Durch die Zerstörung des Sofas hat sich das Vermögen des B um €6.000 vermindert und er insoweit einen Vermögensschaden erlitten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Pilea

Pilea

25.12.2022, 10:00:46

Wie nennt man die nicht zu verschuldende Handlungsform unterhalb der Fahrlässigkeit?

Sambajamba10

Sambajamba10

8.6.2023, 17:31:07

Am ehesten müsste man diese Zufall (siehe § 287 S. 2) nennen

FalkTG

FalkTG

18.10.2024, 12:26:35

Hallo, dürfte die Anspruchsgrundlage nicht nur §§ 280 I, 241 II BGB sein ohne Bezug auf § 634 BGB? Es handelt sich ja nicht um ein

Mangelfolgeschaden

.

HAN

hannacaz

18.10.2024, 17:51:43

Wo liest Du den § 634 BGB?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

23.10.2024, 17:52:29

Hallo @[

FalkTG

](241044), dieselbe Frage wie @[hannacaz](220630) stelle ich mir in der Tat auch. § 634 BGB wird, soweit ich das sehe, in unserer Lösung nicht genannt. Wie wissen schon gar nicht, ob sein Anwendungsbereich überhaupt eröffnet ist, weil in der Sachverhaltsdarstellung nichts von der (grds erforderlichen) Abnahme steht. Den Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB wegen Verletzung einer Nebenpflicht können wir aber natürlich auch schon vor der Abnahme geltend machen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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