Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2018
Kein Ersatz fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Werkrecht
Kein Ersatz fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Werkrecht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
B schließt mit W einen Vertrag über die Errichtung eines Werks im Wert von €5.000. Ein Jahr nach Abnahme (§ 640 BGB) zeigen sich Sachmängel, die aber bereits bei Abnahme vorhanden waren und die W zu vertreten hat. Die Behebung der Mängel würde €1.000 kosten. Mit dem Mangel ist das Werk nur €4.500 wert. B hat W erfolglos eine Frist zur Behebung der Mängel gesetzt.
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Einordnung des Falls
Kein Ersatz fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Werkrecht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat gegen W einen Anspruch auf Ersatz des mangelbedingten Minderwerts des Werkes (€500) aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1,3, 281 Abs. 1 BGB.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. B kann die Mangelbeseitigungskosten auch als Aufwendungsersatz gemäß §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB verlangen.
Genau, so ist das!
3. B stehen gegen W Gewährleistungsrechte nach Werkvertragsrecht (§ 634 BGB) zu.
Ja, in der Tat!
4. Lässt B den Mangel beseitigen, hat er gegen W einen Anspruch auf Ersatz der Mangelbeseitigungskosten in Höhe von €1.000 nebst Umsatzsteuer aus Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1,3, 281 Abs. 1 BGB.
Ja!
5. Der Anspruch auf Ersatz des mangelbedingten Minderwerts ist in Anlehnung an §§ 634 Nr. 3, 638 BGB zu bemessen.
Genau, so ist das!
6. Sowohl für den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung als auch für den Anspruch auf Aufwendungsersatz kann B einen Vorschuss verlangen (§§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB).
Ja, in der Tat!
7. B kann gegen W alternativ auch einen Anspruch auf Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigungskosten in Höhe von €1.000 aus §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1,3, 281 Abs. 1 BGB geltend machen.
Nein!
8. Anders als im Werkvertragsrecht können im Kaufrecht weiterhin fiktive Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht werden.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Eigentum verpflichtet 🏔️
14.7.2020, 19:30:26
Sehr spannendes Urteil des VII. Zivilrechtssenat des BGH, zuständig für Werkverträge. Der V. Zivilsenat, zuständig für Kaufverträge, hat eine Anfrage an ersteren gestellt, ob er daran festhält. Wegen der Ähnlichkeit zum Kaufrecht, wo die fiktive Schadensabrechnung nach Meinung des V. Senats Bestand haben soll, ist von einer Entscheidung des großen Senats für Zivilsachen (§ 132 GVG) zu erwarten. Siehe dazu: BGH Beschl. v. 13.03.2020, Az. V ZR 33/19 und https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bgh-vzr33-19-fiktiver-schadensersatz-kaufrecht-anfrage-werkvertragssenat/
Zavviny
19.9.2020, 15:31:08
Die Relevanz dieser Rechtsprechung wird nicht deutlich. Der BGH argumentiert hier stark am Gesetz insb. 281 Abs. 4 ivm 251 BGB. Er macht zudem deutlich, dass es sich nur bei einem Werkvertrag so verhält. Ob dies auch bei einem Kaufvertrag der Fall ist bleibt fraglich ( müsste aber so sein). Handelt es sich um einen Anspruch aus Delikt, gilt weiterhin normal 249 II BGB. Ich finde die Aufarbeitung dieser Rechtsprechung wird ihrer Examensrelevanz nicht gerecht.
Lukas_Mengestu
3.11.2021, 13:15:10
Vielen Dank Zavviny, wir haben zwischenzeitlich die Aufgabe aktualisiert und insbesondere die unterschiedliche Handhabung im Kaufrecht mit aufgenommen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
FML
11.4.2021, 11:50:43
Der Streit innerhalb der Rechtsprechung hat sich inzwischen doch erledigt. Unterschiedliche Handhabung von Kauf- und Werkrecht ist doch inzwischen akzeptiert, oder?
Lukas_Mengestu
16.4.2021, 09:51:15
Hallo FML, seit März 2021 ist klar, dass der V. Senat dem vom VII. Senat aufgezeigten Weg folgt und im Kaufrecht die fiktive Abrechnung weiterhin für anwendbar hält. Wir haben nun einen entsprechenden Vertiefungshinweis hinzugefügt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team